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Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte

Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte

Titel: Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Werner
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dieses Versäumnisses selbst die Schuld an seinem tragischen Ende, denn als gesalbter Herrscher wäre er immun gegen alle Mordanschläge gewesen. Die Krönung Katharinas musste mehrfach verschoben werden, weil ihr Sohn schwer erkrankt war. Gerüchte behaupteten, ihm sei ein langsam wirkendes Gift gegeben worden, weil er nach seiner Volljährigkeit ein Anrecht auf den Zarenthron hätte. Nachdem er das Nervenfieber oder die Pocken, die offiziell als Ursache seiner Krankheit angegeben wurden, überstanden hatte, nahm er neben seiner Mutter an dem feierlichen Zeremoniell teil. Über 500 geistliche Würdenträger standen im Halbkreis um Katharina herum, während ihr der Erzbischof von Nowgorod die Krone reichte, die sie sich selbst aufs Haupt setzte. Dann nahm sie das Zepter und den Reichsapfel in ihre Hände. Nach der Krönung zog Katharina im Triumph durch die Stadt. Den Abschluss bildete ein Festmahl im ältesten Saal des Kreml, das sie allein einnahm, während ihre wichtigsten politischen Beamten um sie herum standen.
    In den ersten Monaten und Jahren ihrer Regierungszeit kam es immer wieder zu Unruhen, besonders seitens des Militärs. Als sich das Gerücht verbreitete, Katharina wolle ihren Liebhaber Gregori Orlow heiraten, rebellierten Orlows Gardekameraden. Sie führten an, dass sie Katharina durch ihren Putsch nur zur Regentin für ihren Sohn gemacht hätten. Katharina konnte diese Verschwörung einiger Offiziere schnell unter Kontrolle bringen. Besonders durch die milde Bestrafung der Beteiligten versuchte sie, die verlorenen Sympathien bei dieser für den Bestand ihrer Herrschaft so wichtigen Truppengattung wiederzugewinnen.
    Die Zarin, die sich in ihren öffentlichen Erklärungen als „angestammte Zarin“ bezeichnete, sah die Legitimität ihrer Herrschaft besonders durch einen Staatsgefangenen in der Festung Schlüsselburg gefährdet. Dieser Gefangene, der sich am Rande des Wahnsinns befand, war Iwan VI. Antonowitsch, ein Urenkel Peters des Großen, der schon als Kleinkind auf den Thron erhoben, aber von Elisabeth, der letzten Zarin und Mutter Peters III., abgesetzt worden und seitdem in Gefangenschaft war. Jede Revolte gegen Katharina konnte sich auf diesen Staatsgefangenen berufen und vorgeben, ihn wieder in seine rechtmäßige Stellung einzusetzen.
    Ende 1762 bildete sich in Petersburg eine Verschwörergruppe unter Führung des Leutnants Chruschtschow, die Iwan VI. auf den Zarenthron zurückbringen wollte. Die Verschwörung wurde jedoch rechtzeitig ans Licht gebracht. Um den Kreis der Verschwörer möglichst vollständig aufzudecken, wurde der Rädelsführer auf Katharinas Befehl schweren Folterungen unterworfen. Das Gericht verurteilte ihn schließlich zum Tode, aber Katharina wandelte das Urteil in eine lebenslängliche Verbannung nach Sibirien ab.
    Zwei Jahre später drang der ukrainische Offizier Mirowitsch in die Schlüsselburg ein, um Iwan zu befreien. Der Versuch misslang und führte zugleich auch den Tod Iwans herbei. Es gab nämlich seit der Regierungszeit Elisabeths eine geheime Anordnung, die sicherlich auch von Katharina erneuert worden war, dass dieser Gefangene im Falle eines Befreiungsversuchs sofort von seinen Wächtern getötet werden sollte. Gnadenlose Härte zeigte Katharina gegen diesen Aufrührer, indem sie ihn öffentlich hinrichten ließ, was es seit der Thronbesteigung der letzten Zarin nicht mehr gegeben hatte.
    Aber auch in den unteren Schichten der Bevölkerung war die Stimmung aufgeheizt. Zwar hat es in der russischen Geschichte viele Bauernunruhen gegeben, aber unter Katharina kam es zur größten und für die Zarenherrschaft gefährlichsten Erhebung. Im Jahre 1773 schlossen sich über 200000 Bauern der Bewegung des Kosaken Pugatschow an, der behauptete, der verstorbene Zar Peter III. zu sein. Diese Aufstandsbewegung richtete sich nicht nur gegen die Zarin, sondern mit gnadenloser Härte auch gegen die adligen Großgrundbesitzer, deren Leibeigene oder „Seelen“ die Bauern waren. Pugatschow hatte unter den altgläubigen und den nichtrussischen Steppenvölkern im Uralgebiet viele Anhänger gefunden. Unter der Losung: „Alle Edelleute werden bis zum letzten ausgerottet!“ erreichte dieser Aufstand solche Ausmaße, dass die europäische Öffentlichkeit den baldigen Sturz der Zarin Katharina erwartete. Dieser Kosakenführer, der von seinen Anhängern wie ein Erlöser verehrt wurde, brachte eine Streitmacht von 25000 Mann zusammen. Katharina war deshalb gezwungen, das Militär

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