Über Alle Grenzen
wollten die Menschen auch hier berührt werden und etwas wagen und erfahren. Weil sich ihre höchste Sicht im täglichen Leben zunehmend bestätigte, entwickelten sie, wie die Nord- und Südamerikaner, Australier und Neuseeländer, Erfahrung und Vertrauen, um bis zum Jahre 2005 über vierhundertsechzig Diamantweg-Zentren für Laien weltweit auf die Beine zu stellen.
Während die obigen Beobachtungen zu Europas Zukunft sich warnend über mein Speicherbewusstsein verteilten und zu den eben erwähnten Wünschen für die Entwicklung des Diamantwegs gesellten, die das Ziel meines Lebens ist, landeten fünf von uns in Miami.
Mark, mein frischer Freund aus San Francisco und Nachfahre des russischen Kaisergeschlechts Romanoff, wartete in der unglaublich feuchten Hitze. Seine nimmermüde Kraft half später, Japan zu erschließen. Umgeben von leeren Banken, die wegen eines neuen Gesetzes kein Kokain-Geld mehr waschen konnten, nahmen etwa zwanzig Leute Zuflucht. Seit damals haben wir eine Gruppe in der Stadt. Es gab auch einige Sakyapas, und ein paar Geshes der Gelugpa-Linie kämpften eine fast aussichtslose Schlacht. Sie versuchten, ein Zentrum durch Belehrungen tibetischer Art zusammenzuhalten; um diese Aufgabe sollte man sie nicht beneiden.
Nach der Reise ins Reine Land
Der erste amerikanische Kurs über das Bewusste Sterben des Jahres fand bei Albuquerque in der südwestlichen Wüste statt. Wir verdankten Bob und Melanie die Planung. Sie hatten uns in Europa besucht, und ein politischer Tibeter mit Namen Tensing des immer schwieriger werdenden Klosters bei Woodstock hatte vergebens versucht, ihren lobenden Artikel über uns zu verhindern. Er unterstützte auch Dharmadhatu und wollte auf keinen Fall, dass unsere europäische, auf Humor und gesundem Menschenverstand fußende Arbeitsweise nun auch Amerika erreichte.
Das störte uns jedoch wenig. Harold und Ariane überließen uns ihr wunderschönes Zuhause in der Steinwüste, und da – wie damals in Amerika üblich – wieder nur dreißig bis vierzig Zuhörer kamen, gab es reichlich Zeit für Segnungen. Da ich die Interviews in der brütend heißen Sonne gab, fragten die Leute lediglich das Wichtigste, und so blieb Zeit für einen Besuch bei Norbert in der Nähe von Taos. Er hatte unseren Landbesitz dort oberhalb von Lama Dorjes Stupa um weitere 20 mal 70 Meter Land vergrößert. Das Nachbarland gehörte Yongdu aus Hawaii. Hinter einem Hügel gab es vielseitige Schießübungen: Harolds Patienten schenkten ihm häufig die sonderbarsten Waffen, wenn er sie überzeugen konnte, doch nicht Selbstmord zu begehen, und wie früher trafen die Kriegsdienstverweigerer nicht am schlechtesten.
Obwohl wir bereits gegen zwei Uhr morgens Richtung Phoenix losfuhren, um die härteste Wüstenhitze zu vermeiden, stockte der Motor des riesigen Pick-ups fast während des ganzen Weges. Wenige Meilen von der Straße entfernt liegt der größte Krater im Westen – ein atemberaubender Anblick. Als ich das Metall eines mannshohen Meteors berührte, schoss es wie ein Blitz in meine Knochen: Dies war wirklich ein ganz anderer Traum.
In der Stadt bespritzte uns eine Mormonendame vom Schwimmbecken aus mit Wasser. Sie wollte die “bösen Geister bannen”, weil jemand ihrem nicht besonders klugen Sohn von Meditation erzählt hatte. Vier Tage lang konnte kein Flugzeug von Phoenix abheben, da die Hitze die Luft zu dünn machte; später flogen Maia und ich nach San Francisco. Dort hatten Tomek und Roland uns eine wahre Freude vorbereitet: eine Fahrt auf meiner alten, aber schnellen 750er BMW den kurvigen “Highway One” hinunter.
Die Wälder bei Santa Barbara standen in Flammen. Während einer Rast sahen wir uns den gelungenen Film “Total Recall” an. In San Diego stieß Björn zu unserer Truppe, und mehrere Freundinnen aus den späten 70er Jahren tauchten auf. Das kurze Gedächtnis Kaliforniens hatte auch Vorteile: Zwei Tage in Los Angeles brachten die größte Zuhörermenge seit dem Skandal mit Ösel Tensing.
Wir wohnten bei Karin aus Graz, einer langjährigen Freundin von Roland; die helle Annette aus Hamburg lebte nun ebenfalls in der Nähe. Beide sorgen mit ihrer guten europäischen Ausbildung für den richtigen Hintergrund bei Kulturfilmen. Einigen gefielen meine klaren Antworten auf Fragen zu Dharmadhatu nicht, und sie klagten später über mich in Woodstock. Ich wusste aber schon, was ich tat: Nur eine schnelle und vollständige Darlegung aller Tatsachen vermeidet, dass jahrelang
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