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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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Freund der Dritte-Welt-Länder, geschenkt worden. Mein Vortrag sollte den Bewohnern der Ranches ein gutes Verhältnis zu den Einheimischen verschaffen und ihnen zeigen, dass Buddhas Lehre angewandte Lebensweisheit und nichts Abgehobenes oder Exotisches ist. Leider kam diese Belehrung für sie zu spät. Wie sich in den frühen 90er Jahren deutlich herausstellte, ballte sich dort wenig später unter Leitung von Woodstock in New York ein Sektierertum zusammen, das sehr wenig mit zeitgemäßem Buddhismus zu tun hatte. Situ Rinpoche war da sicher der Drahtzieher.
    Wir erreichten den Grand Canyon gerade bei Sonnenuntergang. Das tiefe Flusstal war mit das Phantastischste, was wir jemals gesehen haben. Die hinreißenden Farben der uralten Erdschichten machten einen stärkeren Eindruck als der “neue” und immer graue Himalaya.

    Die Zeit schien stillzustehen

    In Los Angeles hatte Lama Dorje nach seiner Ankunft das Zentrum Kalu Rinpoches blitzartig wieder verlassen. Aus der reinen Bergluft Sikkims in den schmutzigsten Teil der Stadt gekommen, hatte er geglaubt, augenblicklich sterben zu müssen. Heute leitet er das Zentrum in Santa Fe, das die größte Stupa in Nordamerika hat. Ich hielt dort fast jährlich Vorträge, und es ist eine Freude, ihn ohne Bedenken und als skandallosen Lehrer empfehlen zu können.
    In Topanga, nördlich von Los Angeles, hatte es sieben Tage ununterbrochen geregnet. Die ersten sechs Tage ging alles gut, aber dann rutschte die Erde ab. Bei mehreren Häusern fehlte die Hälfte, und der Fahrer eines Greyhound-Busses, der von der Flut erwischt wurde, schaffte es gerade noch, sich auf einen Baum zu retten. Der große Bus verschwand in den Fluten und wurde nicht mehr gefunden.
    Wir wohnten bei den Leuten vom Film, mit denen ich im Jahr zuvor das süße Leben der Stadt kennen gelernt hatte. Umgeben von aufstrebenden Schönheiten, flüssigen Proteinen und viel weißem Pulver für die Nasen - nicht für die meine - hatte es in der Zeit vor Aids sehr offene zwischenmenschliche Beziehungen gegeben. Diesmal nahmen wir uns einige Stunden Zeit für einen Besuch in Disneyland. Die Amerikaner sind die Unterhalter schlechthin, vor allem ihre beweglichen Hologramme begeisterten mich. Sie sind “Form und Leerheit untrennbar”, so wie die Buddhas in einer Meditation erlebt werden können.

    In San Louis Obispo besaßen meine Verwandten ein Stück Land, von dem aus einige Siedlertrecks zum ersten Mal den Stillen Ozean gesehen hatten. Dudley und einige Onkel erinnerten sich mit Freude an den Besuch meiner Eltern einige Jahre zuvor. Sie redeten oft über die in Südjütland und Schleswig gebliebene Sippe und wollten vor allem etwas über Onkel Edward hören, dessen Name mir aber nichts sagte. “Den musst du doch kennen”, meinten sie, “der war ein sehr berühmter Seeräuber.” Allmählich verstand ich: Unsere hart geprüften Eltern hatten Björn und mir - uns ständigen Krachmachern - so viel von wohlerzogenen Ahnen erzählt, dass wir am Ende glaubten, bei der Geburt vertauscht worden zu sein. Jetzt ging die Rechnung auf: Wir hatten nicht nur Engel im Stammbaum.

    In San Francisco fanden viele Veranstaltungen mit Karmapa statt, oft von den merkwürdigsten Typen auf die Beine gestellt. Auf Karmapas Wunsch hin sollte unsere Gruppe in Santa Cruz versuchen, mit Trungpa Tulkus Schülern zusammenzuarbeiten. Wir hatten die Leute und sie das Geld, also sollten wir uns kennen lernen. Ich kann jedoch nicht behaupten, dass so die große Verbrüderung entstand. Für sie war Organisation ein Ziel an sich, etwas grundlegend Gutes, während es für uns eher etwas Begrenzendes ist. Sie sollte auf das Nötigste beschränkt werden und dazu dienen, neue Räume für Wachstum zu erschließen. Zufrieden mit den Vorbereitungen vom Norden bis zum Süden nahmen wir den Greyhound-Bus zurück nach Colorado, wo Karmapa gerade angekommen war. Am Tag der Sonnenwende im Juni sollten wir ihm wieder begegnen.
    Das Haupthaus der Dharmadhatu-Organisation in Boulder war wie ausgestorben. Wir erfuhren nur, dass alle auf einem großen Fest ein paar Kilometer außerhalb der Stadt waren. Ein Fahrer nahm uns sofort mit und setzte uns neben einem Feld ab, wo einige recht befremdliche Spiele abliefen. Diener in englischen Khaki-Uniformen mit kurzen Hosen waren überall, während Trungpa Tulku wie ein General aus einem warmen Land aussah, mit Mütze, schwarzen Reitstiefeln, Schräggürtel und beige-farbener Uniform bekleidet. Karmapa, Jamgön Kongtrul

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