Über Alle Grenzen
höchsten Gebäude der Welt, geschah etwas Einzigartiges. In dieser riesigen Beton-Nadel, die sich mit einer Beule aus Glas und Chrom in den Raum streckt, fand ich einen neuzeitlichen Terma , einen “verborgenen Schatz”, der ein buddhistisches Kraftfeld trägt. Während mein Bewusstsein mit steigender Verwunderung zuschaute, zogen meine Hände plötzlich ein Stück Papier aus dem Spalt zwischen einem Schrank und der Glaswand der sich drehenden Kugel. Da ich ja täglich viele Menschen bei den Segnungen berühre, achte ich sehr auf Sauberkeit. Obwohl meine Hände jeden Augenblick auf ein verklebtes Hot-Dog-Papier oder ähnliches hätten stoßen können, gruben sie weiter, bis sie einen dreischneidigen Plastikdolch mit einem runden Stiel zu fassen bekamen. Es war deutlich ein Purba, die Form eines uralten Buddhas Tibets, zu dem ich ein starkes Band habe. Der Segen blieb: Als ich diese Geschichte im März 1989 zum ersten Mal aufschrieb - in “Karma Gön” bei Malaga -, brachten mir Hannah und Björn plötzlich einen Kupferpurba. Als ich im April 1991 “Riding the Tiger” verfasste, fragte mich mein Freund Adrian, während ich dieselbe Stelle las, was eigentlich die Bedeutung von Diamantdolch sei. Wer sagt da noch, die Buddhas seien etwas Abstraktes oder hielten sich woanders auf?
In der nächsten Woche lernte ich - Hannah war nach Europa zurückgeflogen, um für Shamarpa zu übersetzen - das dekadente New York kennen, den “besseren” Teil der East Side, wo die richtig Reichen wohnen und jeder seinen Psychiater hat. Danach folgte der vollkommene Gegensatz. Niemals sah ich so viele verarmte und heruntergekommene Menschen in einem westlichen Land wie auf der Fahrt mit dem Greyhound-Bus über das weite Amerika. Es herrschten keine dänischen oder schwedischen Verhältnisse. Die Reagan-Jahre waren zwar noch nicht gekommen, als man im Namen der Bürgerfreiheit den Verrückten einfach sagte, sie seien jetzt gesund und dürften nach Hause gehen; so konnte man teure Institutionen schließen. Schon damals gab es jedoch genügend Alkohol-, Drogen- oder anderweitig geistig Geschädigte auf der Straße. Ein großer Teil von ihnen war im Vietnam-Krieg gewesen, und die meisten waren Schwarze. Sie lebten in und um die Busbahnhöfe, und etwas äußere Einflussnahme auf ihr Leben hätte ihnen sicherlich gut getan. Wenige bekamen anscheinend ein wöchentliches Bad.
Die langen, geraden Busstrecken nutzte ich für die Manuskripte und die Post. Das ging damals schneller als heute, wo sich beides blitzschnell stapelt. Obwohl schlecht lesbar, hielten meine Grüße von überall her jahrelang die Verbindung zu den wachsenden Freundesscharen und übermittelten zugleich die wichtigsten Auskünfte.
Heute sieht es anders aus. Fast jede Stunde des kommenden Jahres ist vorausgeplant, und meine großartigen Helfer Caty, Tomek und andere Freunde erledigen mit ihren Computern alles in Sekundenschnelle.
Meine großartigen Helfer Sys, Caty und Tomek
In San Diego wartete Robin in einem weißen Cadillac in ganz ungewöhnlichem Stil. Sie hatte jetzt einen reichen Freund. Yoshiko kam aus Mexiko, und so wurde Südkalifornien wie immer ein wahrer Genuss. Von ganz Amerika spürte man Karmapas Einfluss am deutlichsten in San Francisco. Die meisten hatten ihn zwar als schwer krank erlebt - ein Zustand, den die Amerikaner normalerweise lieber verdrängen. Dass er dennoch unaufhörlich zum Besten aller arbeitete, hatte sie tief unter der Oberfläche berührt und starkes Vertrauen ausgelöst. Sie hatten einen wahren Bodhisattva erlebt.
Zurückblickend ist es erstaunlich, dass Hannah und mich sein körperlicher Zustand nicht beunruhigte. Hier kamen wohl drei Bedingungen zusammen: Erstens stellt mein Wikingergeist bei Menschen, die ich achte, kaum Schwächen fest. Zweitens liegt unser Band zu ihm auf den zeitlosen Ebenen der Wahrheit und Freude, die niemals verschwinden. Ich sah ihn ja bei jeder Kronzeremonie als ein Meer von goldenem Licht. Drittens zeigt ein Karmapa den Menschen immer das, was ihnen am meisten hilft. Wer seine strahlende Freude sehen kann, begegnet dieser. Ist das nicht möglich, wendet Karmapa jedes andere Mittel an, um karmische Bände zu schaffen. Diese entwickeln sich dann über künftige Lebenszeiten hinweg, bis er seine Schüler zu der Erfahrung ihres zeitlosen Geistes bringt. Lag die Offenheit der Wesen auf dem Gebiet von Schmerz und Krankheit, zeigte er eben diese Seite. Sogar wenn Leute voll behangen mit Kameras zu ihm
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