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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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zeigten mir einen schönen Shinto-Park und schenkten mir einen der Radarwarner, mit dem wir später viel Geld sparten. Akemi, die meine Freundin wurde, lud mich zu ihrer Familie ein - wohl das japanischste Heim, das ich je erlebt habe. Alles war auf kleinstem Raum säuberlich geordnet.
    Nach Tokio zurückgekehrt, erwartete mich ein Riesenschock: Björn war an der Ostküste Amerikas von einem völlig betrunkenen Polen angefahren und lebensgefährlich verletzt worden. Er hatte 36 Knochenbrüche. Ich war schon beinahe wieder auf dem Weg zurück über den Stillen Ozean, als vier Mos nacheinander klar zeigten, dass Björn unter allen Umständen überleben würde. Am nützlichsten war es, die Buddhas zu bitten, dass er schnell und richtig zusammenwachsen möge. So startete ich eine Pilgerfahrt zu vielen Tempeln im Land.

    Die Nydahls

    Japan birgt ein großes kulturelles Erlebnis, vor allem die Städte Kyoto und Nara. Ihre Bauweise erinnert sehr an Bhutan. Cesar und Akemi waren für die öffentlichen Veranstaltungen zuständig, und nachdem das Buch fertig übersetzt war, zeigte mir Yoshiko die Innenstadt Tokios. Eigentlich war die Oberfläche des Landes fehlerfrei bis auf das eine Mal, als ich hinter eine Mauer schaute, wo ungefähr hundert “Gammler” in einer Reihe saßen. Es ging ihnen ausgesprochen schlecht. Wer sich in dieser Gesellschaft außerhalb der Normen bewegt, fällt wirklich tief.

    In Taiwan wartete die Gruppe, die wir zu Karmapas Verbrennung von Nepal nach Sikkim geschmuggelt hatten. Vor allem Show Loong (Kleiner Drache) nahm sich meiner an. Sie verwaltete einen Tempel für eine uneheliche Tochter der letzten chinesischen Kaiserin. Diese frühere Generalin im Krieg gegen die Kommunisten und Kung-Fu-Meisterin Kunga Ani war damals eine stattliche, zähe Dame von über achtzig Jahren. Als Kind hatte sie jahrelang mit an den Füßen gebundenen Sandsäcken in einer Grube das Hüpfen üben müssen. Als diese dann eines Tages entfernt wurden, sprang sie meterhoch. Nach der Flucht hatte sie einen großen rotgelben Tempel in Taipei gebaut, dessen Ziegelsteine die Anrufung des roten Aspekts von Liebevolle Augen in tibetischen Buchstaben tragen.
    Trotz der geografischen Nähe unterscheiden sich Taiwan und Japan grundlegend voneinander. Während Japan sich bezüglich Humor, Essen, Liebe oder Landschaft trocken anfühlt, ist Taiwan eher ölig.
    Ich unterrichtete und wohnte im Tempel; tagsüber kamen die Leute für Segnungen, und am Abend hätten sie das am liebsten fortgesetzt. Sie wünschten sich alle ein langes Leben, gute Geschäfte, Söhne, und dass ihre Kinder die Prüfungen bestehen sollten. Als sie bemerkten, dass das meiste für sie sehr schnell in Erfüllung ging, obwohl ich im Vergleich zu den lebensverneinenden Heiligkeiten ihrer Geschichte so ziemlich das Gegensätzlichste war, kamen immer mehr. Ich sagte ihnen, dass meine Kraft Karmapas Segen sei, aber sie redeten lieber von meinem “Chi”, wie sie es nannten, einer Art Lebenskraft, die bei den Chinesen die Dinge geschehen lässt. Wie die Taoisten unterscheiden sie nicht zwischen weltlichen und befreienden Kräften. War die Energie spürbar und half kurzfristig, waren sie zufrieden. Erklärte ich ihnen hingegen die höchste befreiende Einstellung, dass sie sich über die Dinge hinwegsetzen und aus allen Erfahrungen lernen sollten, zweifelten sie wohl an meinem gesunden Menschenverstand. Angenehmes als Segen und Unangenehmes als Reinigung zu sehen, lag ihnen fern. Erfüllten sich jedoch meine Wünsche für sie ganz schnell, entwickelten sie sehr starkes Vertrauen.

    Es ist geschichtlich interessant, wie der tibetische Buddhismus nach China kam. Obwohl die Karmapas die chinesischen Kaiser vom 12. bis zum 18. Jahrhundert “menschlicher” machten und diese dafür mit großen Geschenken ihre Arbeit in Tibet unterstützten, blieben die höchsten Belehrungen in China nur unter wenigen Menschen. Die Machthaber wagten nicht, dem allgemeinen Volk den Diamantweg zugänglich zu machen. Sie fürchteten die riesigen Kräfte, die auf diesem Weg entstehen können, und behielten ihn deshalb lieber für sich. Ihren Untertanen ließen sie den Kleinen und den Großen Weg. Den gewöhnlichen Chinesen erreichte der tibetische Buddhismus erst um die Jahrhundertwende, als das Kaiserreich zerfiel. Damals gab Kongka Rinpoche, ein Schüler des 15. Karmapa, seine Übertragung an Guru Han, Kunga Ani und andere klare Köpfe Chinas weiter. Als die Kommunisten 1949 das Festland

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