Über Alle Grenzen
wöchentliche TV-Shows und verschaffte uns dadurch viele Zuhörer. Obwohl eine Menge Leute kamen, war auf Zypern wenig Boden für Buddhas Lehre. Wie sich später auch auf Malta zeigte, sind die Bewohner kleiner christlicher Inseln, die oft erobert wurden, geistig nicht besonders mutig. Als der Versammlung aufging, dass ich etwas grundsätzlich anderes als Christentum lehrte, fiel plötzlich mehrfach der Name “Makarios”, und alle verschwanden. Er war der frühere Erzbischof und die politische Hauptkraft vom griechischen Teil der Insel. Wenn sogar Maria, die alle anbeteten, die Leute nicht halten konnte, muss er eine schlimme Geheimpolizei gehabt haben.
Kalu Rinpoche vor Rad der Zeit
Zypern stand noch immer unter Schock. Täglich kamen alte Frauen in schwarzen Kleidern und fragten, ob ihre Söhne nicht doch irgendwo in einem türkischen Kriegsgefangenenlager überlebt hätten. Ich machte meine Mos damals noch mit Würfeln, und die Antwort lautete leider immer “Nein”. Sie waren während des Angriffs 1974 getötet worden, als das türkische Heer 40 Prozent der Insel besetzt hatte.
Mit den vielen Neuen in Europa floss auch ein wenig Geld, vor allem halfen uns Freunde aus Winterthur. Das europäische Netz festigte sich. Mitten im Wachstum erreichten uns immer öfter die Grüße Kalu Rinpoches. Er erinnerte uns daran, dass wir jetzt bald zu den großen Rinchen-Terdzö-Einweihungen erscheinen sollten, die er den Sommer über in Sonada geben würde. Ein Freund aus Frankreich brachte zusätzlich eine mündliche Einladung von ihm, und als kurz danach noch ein Telegramm von Gyaltsen, seinem Sekretär, ankam, war nichts mehr zu machen: Das traurige und ungesunde Indien rief wieder. Um der geistigen Entfaltung willen würden wir sechs Monate lang bei Monsunregen im Ost-Himalaya absitzen.
Tatsächlich war es eine sehr große Ehre. Kalu Rinpoche übertrug während dieser Zeit fast 2.000 Einweihungen, die Guru Rinpoche vor über 1.200 Jahren hinterlassen hatte. Dieser so genannte “Rinchen Terdzö” ist einer der größten Schätze des tibetischen Buddhismus.
Kalu Rinpoche gab uns ein geeignetes Zimmer für unsere Arbeit. Es lag zwischen dem Tempel, in dem die Einweihungen stattfanden, und den Häusern der vier Linienhalter, in Verlängerung von Kalu Rinpoches eigenem großen Kloster. Die Einweihungen hätten sehr erstklassig ablaufen können, wenn nur die Hälfte der Anwesenden teilgenommen hätte. Jeden Morgen um sieben Uhr begann Tenga Rinpoche mit den “Lungs” . Das sind die rituellen Lesungen der Texte, die den Zugang zu ihrer inneren Bedeutung ermöglichen. Gleichzeitig erhält man damit die Erlaubnis, die Meditationen zu verwenden. Während dies in der einen Hälfte des großen Tempelraumes geschah, bereitete Kalu Rinpoche hinter einem Vorhang die Arbeit des Nachmittags in der anderen Hälfte vor. Von ein Uhr bis etwa sechs Uhr abends fanden dann die Einweihungen statt. Man wiederholte Mantras und wurde am Ende mit den aufgeladenen Gegenständen berührt. Kalu Rinpoche hatte vom 15. Karmapa die Kraftfelder dieser vielen Buddhas erhalten und gab sie nun weiter.
Unser Zuhause in Sonada
600 bis 1.000 Mitglieder der buddhistischen Himalayarassen zwängten sich täglich in den Raum. Nach langem Schieben und Drücken im Regen blieb das auch der Nase nicht erspart. Wir versuchten, die drei europäischen Sitzreihen in der Mitte freizuhalten. Sie sollten denjenigen einen Platz bieten, die an den Einweihungen teilnehmen oder meditieren wollten. Offenbar kamen die Einheimischen nur wegen des Segens. Sie schwätzten ständig und ließen ihre Kinder heulen, ganz gleich, was auf der “Bühne” geschah. Am schlimmsten war der Geruch, wenn alle plötzlich aufstanden. Diejenigen, die glaubten, der Himalaya sei von einsamen Verwirklichern bewohnt, erfuhren in diesen Monaten etwas Neues, obwohl die wahren Verwirklicher, die auch kamen, oft tief beeindruckend waren. Der Segen war riesig, und wir Westler lernten unsere Ausbildung schätzen und wurden gute Freunde. Fünf von uns erhielten die vollständige Übertragung, und ich hatte drei Kilo Bilder von unseren Freunden dabei, die jeden Segen mitbekamen.
Prominente Schüler
Innerhalb der sechs Monate gab es eine dreiwöchige Unterbrechung, die wir für einen Taiwan-Besuch verwendeten. Alles klappte haargenau auf den Tag: In Hongkong erhielten wir unsere Taiwan-Visa, und ein Gönner bezahlte die Tickets. Im riesigen leeren Flughafen Taipehs wartete unser Übersetzer.
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