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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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wirst dich jetzt nicht erbärmlicher gebärden, als es alle deine Freundinnen zusammen könnten.
    »Ja, ich glaube, eine Gruselgeschichte wäre mir lieber«, sage ich leichthin. »Danke, Colin, das war sehr ... aufschlussreich. Wir sind wohl auf der richtigen Fährte, oder? Dann sollten wir uns jetzt vielleicht auch noch ein wenig ausruhen. Ich gehe am besten sofort nach Hause.«
    »Oh«, sagt er und klingt etwas enttäuscht. »Ich war noch gar nicht fertig, mir ist noch etwas aufgefallen.« Er räuspert sich. »Überwunden die trügerische Gier in deinen Armen ...«
    Das stammt aus einem der Gedichte. Er hat eine tolle Stimme. Wie die alten Shakespeare-Mimen. Sie ist ganz warm und dunkel – und wie sie so durch meinen Gehörgang kriecht, kommt mir das wie das reinste Vorspiel vor. Nein!

    »Das ist toll, Colin. Aber ich bin plötzlich so müde. Ich muss mich, glaub ich, wirklich ein bisschen aufs Ohr legen.«
    »Du bist wirklich ganz blass, Louisa. Ich bringe dich nach Hause.«
    Lieber wäre ich allein gegangen. Schweigend trotten wir den Weg zurück. Ich freue mich auf einen harmlosen Plausch mit den anderen in der wirklichen Welt, in der ich wieder die Louisa bin, die ich mag und kenne. Und wenn ich den anderen von dem Ausflug erzähle und über die Ereignisse ein paar Witze machen kann, wird dieser ganze Hokuspokus von wegen unaussprechlicher Mystik und Magie sofort verflogen sein. Genau die Gehirnwäsche, nach der mir der Sinn steht.
    Als wir endlich das Cottage erreichen, lehnt dort Frederick am Gartenzaun. »Hey, Louisa, ich dachte, ich schau mal bei dir vorbei. Hallo, Colin. Huch, was hast du denn mit Louisa gemacht? Die sieht ja ganz fertig aus. Interessante Wirkung auf Frauen, die du hast.«
    Colin schaut, als wolle er Frederick gleich am Kragen seiner Jacke packen und ihm dann das Gesicht zu Brei schlagen.
    Ich kichere gekünstelt und äffe den Tonfall einer koketten Oberschichts-Göre aus einem vergangenen Jahrhundert nach, die ihrem Tee stets mit abgespreiztem Finger trinkt: »Frederick, mein Bester, bist du dir sicher, dass es sich gehört, einer jungen Frau zu sagen, sie sähe fertig aus?« Ein verzweifelter Versuch, die Situation mit einem Hauch von Humor zu entschärfen.
    »Keiner soll mir nachsagen, ich würde mich dafür interessieren, was sich gehört!« Frederick streicht mir kurz über
die Wange. Großartig! Er hat sich offenbar für die Rolle des verruchten Lebemanns entschieden. Ich kann es Colin eigentlich nicht verdenken, dass er angesichts dieser Schmierenkomödie angewidert das Gesicht verzieht.
    »Völlig unabhängig von dem, was sich gehört oder nicht gehört, werde ich mich jetzt einfach mal zurückziehen«, sagt Colin knapp und würdevoll, ohne Frederick auch nur einmal anzusehen. »Bis später, Louisa.« Er geht. Und ich habe das Gefühl, ich müsste ihm nachlaufen und mich für irgendetwas entschuldigen. Oder ihm vielleicht sagen, dass mich Fredericks Berührung völlig kalt gelassen hat, wohingegen mein ganzer Mageninhalt in Unordnung geraten ist, als ich einfach nur neben ihm hergelaufen bin. Bloß: Warum sollte ich das tun? Ich habe kein echtes Interesse an Colin und er ganz sicher auch nicht an mir. Und wenn hier einer von uns beiden ein schlimmer Finger ist, dann ja wohl eindeutig er!
    Ich wende mich Frederick zu. »Tut mir leid, aber du hast Recht. Ich bin müde und erschöpft. Wir können ja in den nächsten Tagen mal etwas unternehmen, ja?«
    Er kneift die Augen ein wenig zusammen. Dann lächelt er wieder gleichmütig. »Was treibt ihr alle da eigentlich? Ich habe gehört, du bist mit einer ganzen Bagage zurückgekommen? «
    Hui, Nachrichten verbreiten sich aber wirklich schnell hier in der Gegend.
    »Das erkläre ich dir alles, wenn wir uns treffen, o.k.?«
    Ich lasse ihn stehen und laufe in Richtung Haus.
    Als ich in die Küche komme, sitzen alle schweigend da.
    »Wo ist mein Vater?«

    »Der ist im Schloss geblieben, bei Teresa«, erklärt Tanja vorsichtig. Ich seufze leise, sage aber nichts. Ich habe andere Probleme.
    »Louisa regt sich ja gar nicht mehr darüber auf«, stellt Peter fest, »aber sie kann ihrem Vater nun auch schlecht eine Liebelei vorwerfen, wenn sie selbst sich hier gleich zwei Männer hält.«
    Gleich schreie ich!
    »War doch nur ein Spaß, Louisa. Setz dich erst mal!«, sagt Juli beschwichtigend. Tanja schenkt mir einen Tee ein: »Hast du ein Gespenst gesehen?« Der Duft von beruhigender Melisse zieht in meine Nase. Herrlich.
    »Nicht ganz, aber

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