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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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fast!« Ich erzähle den anderen von meinem nachmittäglichen, aufrüttelnden Erlebnis, und es gelingt mir tatsächlich, daraus eine launige, wunderbar selbstironische Anekdote zu machen.
    »Ich verstehe dich. Er ist aber auch wirklich attraktiv. Niemals würde man denken, dass er …« Tanja verstummt.
    Ach, niemand versteht mich.
    »Aber hat sie nicht gerade gesagt, dass sie ihn eigentlich genau deswegen attraktiv findet?«, fragt Peter nachdenklich.
    Trifft präzise zu, aber vielleicht möchte ich lieber doch nicht so genau verstanden werden.
    »Nun ja«, lacht Juli, »irgendeinen Grund muss es ja haben, dass all die hergelaufenen Knastis ganze Säcke voller Liebesbriefe von Frauen bekommen.«
    Ich stimme erleichtert in das laute Lachen ein. Hat man das diffuse Gefühl erst mal vor seinen alten Freunden in Worte gefasst, verliert es glatt seinen Bann! Auf einmal ist alles gar nicht mehr so erschütternd, sondern nur noch eine kleine, erheiternde Verwirrung.

    »Dabei kann ich ihn nicht mal ausstehen!« Ich verdrehe die Augen.

    Als wir den verabredeten Nachmittagstee im Schloss einnehmen, durchbricht Violet ihre vornehm zarte Zurückhaltung, um uns an einer zündenden Idee teilhaben zu lassen. »Seht mal, was ich gefunden habe. Das ist doch die Lösung für uns!«
    Sie wedelt mit einem vergilbten Zeitungsausschnitt vor unseren Nasen. Moira und ich reißen ihn an uns und beginnen zu lesen. Es geht um irgendeinen Typen, der versucht hat, eine Ziege in einen Mann zu verwandeln.
    Ziemlich schmierig, der Typ. Aalglatt lächelt er in die Kamera und deutet auf eine festgebundene Ziege. Sein Experiment ist natürlich gescheitert. Ganz nebenbei erfahre ich noch, dass seine Frau ihm mal ein blaues Auge gehauen und mit Scheidung gedroht hat, weil er seinen bevorzugt jugendlichen Assistentinnen immer an die Wäsche ging. Das hat wohl gewirkt, danach ist es ruhiger um ihn geworden. Vielleicht wurde er auch deswegen ganz kleinlaut, weil er mit seinem Hokuspokus nie viel Geld verdient hat, wohingegen seine Frau sehr wohlhabend sein soll. Und eine Scheidung deswegen mehr bedeutet hätte als bloß den Verlust einer handfesten Ehefrau. Mein Blick schweift automatisch in Colins Richtung. Bei so viel Identifikationsmaterial – alter Lustmolch belästigt junge Frauen – sollte er eigentlich ertappt zusammenzucken. Aber er hat den Artikel ja gar nicht gelesen.
    »Violet, ich verstehe nicht ganz ...« Moira bemüht sich
sichtlich, ihrer Schwägerin nicht vor den Kopf zu stoßen. Dennoch sieht sie genauso verwirrt aus, wie ich mich fühle.
    »Vor dem kleinen Zwischenfall war Charlie Vice der gefragteste Geisterjäger Großbritanniens. Er ist deswegen vielleicht ein bisschen übermütig geworden und dachte, er würde auch Magie beherrschen.« Violet räuspert sich und errötet leicht.
    »Violet war ganz verschossen in den Typen«, erklärt Henry auf seine gewohnt geradlinige Art.
    »Vielleicht hat sie bloß gehofft, er könne umgekehrt auch Männer in Ziegen verwandeln.« Moira hat es sich offenbar zur Lebensaufgabe gemacht, sich immer wieder schützend vor Violet zu stellen.
    Meine unseligen Freunde können sich ein Kichern nicht verkneifen.
    »Seid ihr schwer von Begriff?« Ungewöhnlich harte Worte aus Violets Mund. Und wie treffend. So wie es aussieht, kapiert immer noch kein Einziger von uns, worauf sie hinauswill.
    »Na, was braucht denn ein irisches Anwesen am dringendsten, um Besucher anzulocken? Natürlich ein Schlossgespenst! « Triumphierend blickt sie in die Runde.
    Natürlich? Ein Schlossgespenst?
    Moira springt auf, als hätte sie sich auf ein Nadelkissen gesetzt. »Oh, Violet, du bist genial!«
    Ich bin wirklich dankbar, dass Henry so ungehemmt ist, stellvertretend für den Rest von uns die entscheidende Frage zu stellen: »Worum zur Hölle geht es hier eigentlich?«
    »Wir brauchen ein Schlossgespenst und am besten die Aufmerksamkeit der Presse. Der Einzige, der die wahrscheinlich noch nötiger, aber lange nicht mehr bekommen
hat, ist Vice. Wir müssen ihn nur davon überzeugen, dass es bei uns wirklich spukt, und mit ihm gemeinsam sein fulminantes Comeback heraufbeschwören.«
    Nun, die Idee ist nicht absurder als alles andere, was wir bisher unternommen haben. Zumindest nicht absurder als die Idee, eine Imbissbude mit antiken Säulen zu schmücken.
    »Gute Idee«, entfährt es mir spontan.
    Und schon geht das reinste Geschnatter los – jemand müsste regelmäßig an die Rohre klopfen, Violet sollte als weiße Frau

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