Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
beweisen wäre«, sagt er. »Apropos: Nach dem
Essen werden sich sicher alle erst mal ein Stündchen hinlegen. Wenn du magst, können wir derweil ja einen kurzen Spaziergang einlegen. Dann zeige ich dir den Ort aus dem Gedicht. Du erkennst dort bestimmt sofort, warum ich mir so sicher bin.«
Ha! Ich rette das Schloss und lüfte sein Geheimnis.
Der Haken zeigt sich ein paar Stündchen später: Die Menschen, die wir retten wollen, sind ein wenig sperrig und haben ganz andere Vorstellungen von einer glücklichen Zukunft als wir. Am Morgen war alles noch ganz euphorisch und ausgelassen und wir hatten für den Abend sogar eine kleine Party geplant, um sicherheitshalber noch einmal auf unsere grandiose Idee zu trinken. Aber schon gegen Mittag ist eine leichte Gereiztheit an allen Fronten nicht mehr zu überhören. Ich meine, alle sind freundlich zueinander, aber eben genau die latent hysterische Spur zu freundlich, die mich ein wenig unruhig macht. Vermutlich machen sich nun doch die kulturellen Differenzen und der Altersunterschied bemerkbar. Dass Colin mit Tellern voller Gurken-Sandwiches durch die Gegend rennt, macht die Sache kein Stück besser. Mit amüsiertem Blick und übertriebenen Verbeugungen hält er nacheinander allen das Tablett unter die Nase. Er nimmt anscheinend überhaupt niemanden ernst – weder die Jungen noch seine eigene Verwandtschaft.
»Wir haben keinen Hunger, wir arbeiten«, fauche ich ihn an.
Er zieht seine Augenbrauen hoch.
»Also ich nehme gerne eines«, sagt Moira.
»Au ja, ich auch«, ruft Juli, das verräterische Miststück.
Ich sehe so finster drein wie ich nur kann. Das ändert aber nichts an Colins breitem Grinsen. Tänzelnd zieht er von dannen, um eine der anderen Arbeitsgruppen zu versorgen.
»Er versucht doch nur für gute Stimmung zu sorgen. Was hast du denn?«, raunt Juli mir zu.
Auch Moira sieht mich interessiert an.
Zum Glück werden beide in diesem Moment von Peter und Henry abgelenkt, die wutschnaubend auf uns zustürzen.
»Ich kann so nicht arbeiten«, ruft Peter in kreativer Verzweiflung und fährt sich mit beiden Händen dramatisch durchs Haar.
»Dein kleiner Freund hat einen großen Knall«, erklärt Henry, der mindestens einen Kopf kleiner ist als Peter, mit aristokratischer Gelassenheit.
»Ich bin für den Imbiss zuständig, du für die Kunst«, weist Peter ihn zurecht.
»Aber es ist verdammt noch mal meine Bude!«, donnert Henry empört.
»Was ist denn überhaupt los?«, fragt Moira im Tonfall einer nachsichtigen Kindergärtnerin.
»Ich habe nur den Vorschlag gemacht, dass wir die Bude mit ein paar künstlichen weißen Säulen umschließen und davor eine große Apollo-Statue aufstellen. Der Gott der Künste, ihr wisst schon. Das Ganze könnten wir dann ›Apollos Kuss‹ nennen. Damit hätten wir eine einzigartige Imbissbude. Ein Kunstwerk an sich. Ein Tempel des schnellen Genusses! Ein Musenkuss, der durch den Magen geht«, sagt Peter.
Henry verdreht die Augen und macht mit seinem Zeigefinger
eine schnelle Geste an seine Schläfe, als wolle er sich erschießen.
Juli prustet los. Moira grinst. Und ich mache mir jetzt ernsthafte Sorgen um unsere Mission.
»Ich dachte, die Kunstwerke sollen ins Haus. In der Bude wird es fettige Pommes und frittierten Fisch geben. Das muss doch dezenter gehen. Ich will keinen griechischen Tempel auf meinem Grundstück. Die Leute halten mich doch für wahnsinnig«, sagt Henry.
»Aber genau darum geht es doch, oder?«, fragt Moira ihn ganz ruhig. »Je exzentrischer wir wirken, desto größer die Anziehungskraft des Hauses. Und unsere Gegend hat so wenig zu bieten, dass wir eine ganze Menge Geschütze auffahren müssen.«
Juli, Peter und ich sehen betroffen zu Boden. Ein reines Kuriositätenkabinett wollten wir aus unseren neuen Freunden nun auch nicht machen. Das haben sie nicht verdient.
»Ihr entscheidet«, sage ich leise zu Henry und Moira.
»Vielleicht muss es ja kein griechischer Tempel sein, Peter. Überleg doch noch mal«, sagt Moira mild.
Peter trottet ein wenig beleidigt von dannen. Henry verbeugt sich knapp vor uns und sagt: »Vielen Dank!«
Als beide weg sind, brechen wir in schallendes Gelächter aus. Bis wir merken, dass gar nicht weit entfernt von uns ein weiterer heftiger Krieg entbrannt ist. Tanja und Teresa haben sich in die Haare bekommen. Es geht um die Beschaffenheit potentieller Törtchen im Schlosscafé und darum, ob man nicht auch frittiertes Biogemüse im Imbiss anbieten müsse – für die
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