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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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zusammen mit einer Wolke Dampf hinaustrat.
    Der Jüngere fuhr ebenfalls zurück, als hätte er nicht erwartet, noch jemanden in seinem Zimmer vorzufinden.
    „Du bist noch da?“, äußerte er unnötigerweise und blinzelte Olaf an.
    Olaf nickte, plötzlich verlegen geworden. „Falls du doch noch Hilfe brauchst.“ Er zuckte mit den Schultern, peinlich berührt von der eigenen durchsichtigen Ausrede.
    Christian blinzelte wieder, lächelte dann. „Hilfe kann ich immer brauchen“, stellte er fest und ging auf seinen Schrank zu.
    Olafs Blick folgte dem schlanken Körper, blieb hängen an dem weißen Handtuch, dass der Jüngere um den Leib geschlungen hatte und wanderte rasch hinauf zu dem nassen Haar, von dem das Wasser auf den Teppichboden tropfte.
    Christian öffnete den Schrank, studierte desinteressiert den Inhalt, gähnte dann vernehmlich.
    „Zu dumm, dass ich schon wieder nüchtern bin“, sagte er vor sich hin.
    Olaf seufzte auf. „Also, was ist das zwischen dir und Paps?“
    Christian schüttelte den Kopf, dass die Tropfen flogen. „Das Übliche“, antwortete er ausweichend. „Ihm passt dies nicht, ihm passt das nicht. Ich kann ihm nichts rechtmachen.“
    Olaf schnalzte mit der Zunge. „Sich vor einer Einladung zu drücken, indem man versucht sich zu betrinken, gehört aber auch nicht zu den besten Versuchen.“
    Christian zuckte mit den Schultern. „Hey, es ist Weihnachten.“
    Er griff ein Handtuch aus dem Schrank und rubbelte sein widerspenstiges Haar damit trocken. „Irgendetwas wollte ich auch davon haben.“
    „Und wo warst du?“
    Christian fuhr herum. Seine Augen blitzten, und mit einem Mal wirkte er alles Andere als betrunken, nicht einmal mehr beschwipst.
    „Geht dich das etwas an?“, schnappte er. „Du bist doch nie hier. Was nimmst du dir heraus, ausgerechnet jetzt Fragen zu stellen?“
    Olaf hob entschuldigend seine Hände, überspielte die Verletzung, die Christians Worte in ihm auslösten.
    „Es ist auch mein Weihnachten“, sagte er leise, räusperte sich dann. „Ich habe mich darauf gefreut, dich wiederzusehen“, gab er schließlich zu.
    Christian drehte sich wieder zum Schrank herum, senkte den Kopf, ließ seine Schultern hängen.
    „Ich weiß“, antwortete er. „Das… das habe ich doch auch.“
    „Trotzdem warst du nicht da.“ Olaf errötete, als ihm klar wurde, wie lächerlich vorwurfsvoll er klang. „Ich meine…“, versuchte er sich herauszureden. Doch Christian kam ihm zuvor.
    „Ich weiß, was du meinst“, sagte der Jüngere.
    „Es war nur… ich wollte dich nicht zu sehr bedrängen… ich wollte dir zeigen, dass ich auch… Freunde habe.“
    Langsam und immer noch mit gesenktem Kopf drehte Christian sich wieder zu Olaf um, starrte stumm auf den Boden.
    „Aber… das weiß ich doch“, erwiderte Olaf hilflos. „Ich weiß das“, wiederholte er flüsternd und suchte die Augen seines Bruders.
    Dessen Kopf schnappte nach oben und ein plötzliches Lächeln wanderte über sein Gesicht, verlieh diesem einen warmen Schein.
    „Du hast vielleicht Recht“, sagte Christian dann. „Ich will sie ärgern. Immerhin weiß ich genau, dass sie Rolf und seine Leute nicht leiden können. Mir sogar den Umgang verboten haben.“
    Er holte tief Luft. „Und natürlich weiß ich genau, dass sie an einem Abend wie diesem nicht allzu sehr austicken können. Das würde gesellschaftlich nicht gut ankommen.“
    Er verdrehte die Augen, suchte gleich darauf jedoch Olafs Blick. „Du verstehst doch, was ich meine“, versicherte er sich.
    Olaf konnte nicht anders, als Christians Lächeln zu erwidern. Resolut stand er auf, trat neben den Jüngeren und griff zielsicher ein Hemd und einen Anzug aus dem Schrank, reichte Christian die Kleidungsstücke.
    „Das ist nur noch dämlich“, stellte er dann fest und sah zu, wie Christian die Kleidung dankbar in Empfang nahm.
    „Hey“, warf Christian ein. „Du konntest deine Schlafsaalaufsicht ärgern oder deinen Schleifer. Mir bleiben nur sie.“
    Er seufzte theatralisch. „Ich tue also, was ich kann.“
    „Spinner!“ Olaf versetzte dem Kleineren eine Kopfnuss und nickte dann in Richtung der Anziehsachen.
    „Nun beeil dich aber, ich glaube, ich höre schon Gäste eintreffen.“
    „Sir, ja, Sir!“ Christian salutierte flapsig und Olaf konnte sich gerade noch rechtzeitig wegdrehen, bevor der
    Jüngere sein Handtuch fallen ließ und sich anschickte in die Kleidung zu schlüpfen.
    *
    Etwas später ertappte er sich dabei, wie er zu lange in die

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