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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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brauchte.
    Und wenn er es dabei belassen konnte, wenn er hier seine Füße in den Erdboden stemmte und eine Linie zog. Sich schwor, dass er nicht weiter gehen würde, dass er es nicht zuließe, dass ihre Sünde größer wurde, als diese, dann, dann konnte er damit leben, dann konnten sie beide damit leben.
    Und vielleicht, nur vielleicht ginge es eines Tages vorbei.
    Doch tief in sich wusste Olaf, dass dieser Tag niemals kommen würde.
    Er wusste, dass er Christian liebte, dass er ihn immer geliebt hatte und immer lieben würde, verzweifelt, hoffnungslos, wahnsinnig und ohne jede Zukunft.
    Und doch wusste er auch, dass diese Liebe das Einzige war, was ihn am Leben hielt.
    *
    Sie schliefen ein, eng verschlungen und Olaf erwachte mit schmerzendem Kopf und schmerzenden Gliedern und einem unwirklichen Erschrecken, das ihn schüttelte.
    Vorsichtig befreite er sich aus Christians Umklammerung, dessen einzige Reaktion in einem leisen Seufzer bestand.
    Eine winzige Lampe brannte und warf ihren Schein über das Bett und über die darüber hingestreckte Gestalt. Olaf beugte sich über seinen Bruder und strich ihm zärtlich sein Haar aus der Stirn.
    Er liebte ihn so sehr, dass es schmerzte, zu sehr, als dass er ihn jemals aufgeben konnte.
    Soviel wusste er jetzt und das Bewusstsein erschreckte ihn nicht mehr.
    Olaf küsste Christians Stirn, hob seine Jacke vom Boden auf und ging, verließ Christians Wohnung und wusste bei sich, dass ein Knoten in ihm geplatzt war, eine neue Öffnung entstanden war, ein Zugang zu einer geheimen Welt, die er sorgfältig hüten musste.
    Die er besonders sorgfältig hüten sollte, damit sie ihn nicht in den Abgrund risse und seinen Bruder mit ihm.
    *
    Er kam rechtzeitig nach Hause, um sich von Carola zu verabschieden.
    Und auf eine merkwürdige Weise fühlte er sich sicherer ihr gegenüber, konnte ihr gefasster gegenüber treten, konnte ihr versprechen, dass es besser werde, dass er alles in seiner Macht täte, damit sie eine Zukunft hätten.
    Dann war sie fort und Olaf wartete. Er ging zur Arbeit, er erledigte, was zu erledigen war, doch im Grunde wartete er nur, wartete darauf, ob Christian sich meldete.
    Er wusste, dass er zweifeln sollte, dass er damit rechnen sollte, dass der Jüngere sich entsetzt zurückzog, dass er versuchte, ihm nach Möglichkeit fernzubleiben, dass er etwas Unberechenbares tun würde.
    Und doch war er tief in sich davon überzeugt, dass nichts dergleichen geschehe, dass alles gut werde, dass der andere ihn verstand, und das, was er fühlte.
    *
    Christian rief an. „Kommst du?“, fragte er nur und Olaf wusste, dass er nicht ablehnen konnte.
    Er küsste Christian.
    Sobald die Tür hinter ihm zugefallen war, nahm er ihn in seine Arme und Christian schmiegte sich an ihn, als hätte er den ganzen Tag nichts anderes ersehnt.
    Olaf küsste Christians Hals, schmeckte die zarte, weiße Haut, von der er so oft geträumt hatte. Seine Finger glitten unter das Shirt des Jüngeren, hungrig, gierig nach dem puren Kontakt.
    Doch als Christian seinerseits begann, das Hemd aus Olafs Hose zu ziehen und seine Hände den Hautkontakt suchten, da stoppte Olaf ihn atemlos, griff seine Hände, hielt sie fest.
    „Nein“, flüsterte er. „Das dürfen wir nicht.“
    Und Christian gehorchte. Seine Lippen suchten erneut die des Bruders und er zog diesen mit sich, zog ihn wieder hinab auf sein Bett, zog ihn auf sich und ließ es zu, dass dieser sein Gesicht mit gierigen Küssen bedeckte.
    Sie sprachen wenig in diesen ersten Nächten, während dieser ersten Begegnungen, in denen sie sich beide gestanden, was sie fühlten.
    Nicht mit Worten, doch mit ihren Handlungen, dem anderen zeigten, was sie für ihn empfanden, schon immer füreinander empfunden hatten.
    „Du bist schön“, sagte Olaf einmal unumwunden, als er seine Finger durch Christians Haar gleiten ließ. Dieser nahm die Hand des Bruders und führte sie an seine Lippen.
    „Nein, du bist schön“, antwortete er mit einem leisen lächeln. „Du weißt es nur nicht, und das macht dich umso schöner.“
    Und als sie später ihre Körper gegeneinander pressten, ihre Unterleiber in rhythmischen Bewegungen gegeneinander stießen und sie beide aufstöhnten, da fiel es Olaf schwerer, als je zuvor, sich von dem Jüngeren zu lösen.
    Er setzte sich auf, doch Christian folgte ihm, schmiegte sich gegen seinen Rücken und legte ihm die Arme um die Schultern.
    „Es kann nicht falsch sein“, flüsterte er. „So wie es sich anfühlt, kann es nicht

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