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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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aufzufüllen.
    Olafs Nervosität stieg, je weiter der Abend voranschritt und er zeigte sich mehr als erleichtert, sobald die Gäste ihren Abschied einläuteten.
    Nicht ganz so gewandt wie er es gewohnt war, sprang er auf, und erwies ihnen die erforderlichen Höflichkeiten, sorgte für ein letztes Getränk, während er Christian stets aus den Augenwinkeln beobachtete, dem es kaum gelang, sich von dem Esstisch in einen Sessel zu begeben.
    Auch ihm setzte der Alkohol langsam zu und Olaf bereute die Gedankenlosigkeit, mit der er der Droge im Laufe des Abends zugesprochen hatte.
    Christians Blick wirkte glasig, und die Gäste ließen vor ihrem Verlassen noch eine Bemerkung fallen, über die angenehme Zurückhaltung des Sohnes.
    „Er ist etwas langsam“, stellte Hannibal mit einem bitterbösen Blick auf Christian fest und Olaf fühlte sich alarmiert aufgrund der unerwarteten Geschwindigkeit, mit der Christians Kopf nach oben schnellte, er seinen Vater anvisierte und zu einer Antwort ansetzte.
    „Es war ein langer Tag“, fiel er rasch ein. „Und wir haben morgen viel vor.“
    Er entschuldigte sich für Christian und sich selbst, näherte sich mit raschen Schritten dem Sessel, in dem der Jüngere in angespannter Haltung saß. Mit seinem Körper blockte er dessen Sicht und beugte sich zu ihm.
    „Lass uns gehen“, flüsterte er und suchte Christians unsteten Blick. Christian blinzelte einen Moment, entließ dann mit einem Seufzer Anspannung und Unsicherheit, und sah vertrauensvoll zu ihm auf.
    Olaf stützte den Jüngeren, als dieser aufstand und führte ihn, obwohl seine Schritte sicherer wurden, je weiter sie gingen, in Richtung der Treppe.
    Hannibal löste sich kurz von der Höflichkeiten austauschenden Gruppe und kam ihnen beiden so nahe, dass er Christians Schulter anstieß.
    Er neigte seinen Kopf.
    „Ich erwarte mehr von euch, als diese traurige Vorstellung“, zischte er und starrte Christian an. „Wenn du erst wieder hier bist, werden wir einiges wiederholen müssen.“
    Christian drehte sich weg, vermied Hannibals Blick.
    Dieser griff verärgert nach dem Kinn des Jüngeren und drehte sein Gesicht, so dass er ihn ansehen musste.
    „Du hörst mich. Keine Fehler.“
    Hannibal wandte sich an Olaf. „Das gilt für dich auch. Reißt euch zusammen.“
    Sein Atem stank und die Wut, die er verströmte, ließ Olaf die Luft mit einem scharfen Laut einsaugen.
    „Wir haben verstanden“, murmelte er und dirigierte Christian an Hannibal vorbei, der seinen Söhnen kopfschüttelnd hinterher blickte.
    *
    Irgendwie gelang es ihnen, die Stufen hinter sich zu bringen und Olaf stöhnte erleichtert auf, als sie Christians Zimmer erreicht hatten.
    „Verdammter Mistkerl“, knurrte er, als die Tür hinter ihnen zugefallen war.
    Christian ließ sich auf das Bett sinken und sah ihn belustigt an. „Dass du es wagst…“, murmelte er und entblößte seine Zähne in diesem schiefen Lächeln, das so charakteristisch für ihn war.
    Olaf spürte, wie der Ärger, der ihn eben noch geschüttelt hatte, verrauchte.
    „Na gut“, brummte er mit einem Mal ein wenig unsicher. „Du kommst zurecht… dann gehe ich.“
    „Nein…“ Christian streckte seine Hand nach ihm aus. „Geh noch nicht… bitte… es tut mir leid.“
    „Wofür entschuldigst du dich?“ Olaf blieb einen Augenblick verwirrt und seinen Verwirrung stieg an, als sein Bruder die Hand sinken ließ, sich zur Seite lehnte, beinahe vom Bett kippte, doch es dann schaffte mit einer Flasche, die darunter gestanden haben musste, wieder hochzukommen. Er balancierte diese gefährlich und hielt sie dann direkt vor sich.
    „Dafür“, nuschelte er und zog die Stirn in Falten. „Und für alles andere, was ihm noch so einfallen wird.“
    Olaf setzte sich neben ihn, nahm ihm die Flasche aus der Hand, zum zweiten Mal an diesem Abend.
    „Vergiss ihn“, sagte er dann. „Morgen sind wir fort.“
    Christian packte die Flasche erneut, schraubte den Verschluss ab und bot sie Olaf an. Mit einem Schulterzucken trank dieser, während Christian sich vorbeugte, seine Hände im Schoß zusammenfaltete.
    „Wir werden hier nie herauskommen“, murmelte er leise genug, dass Olaf ihn beinahe nicht gehört hätte.
    „Er setzte die Flasche ab und drehte sich zu dem Bruder. „Natürlich kommen wir hier raus“, widersprach er entschieden.
    „Mach dich nicht lächerlich!“
    Olaf zuckte zusammen, als Christian diese Worte hervorstieß. „Er hat uns in seinen Klauen – für immer. Wir werden alles

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