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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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sich nichts vor.
    In der heutigen Zeit, in der jeder ein Star sein wollte, war er ein kleines Licht. Gut – er hatte in einigen Serien Gastrollen, und in einigen Filmen Nebenrollen bekleiden dürfen, aber bis auf die aktuell laufende Produktion, reichte keine der Rollen wirklich aus, um seinen Namen den Zuschauern im Gedächtnis haften zu lassen.
    Obwohl es gut für ihn aussah, war er doch weit davon entfernt, durch seine Darstellung aufzufallen. Er war weit davon entfernt, Preise zu erhalten, Auszeichnungen oder auch nur lobende Erwähnungen seitens der Kritiker.
    Die waren ihm vorbehalten, Norbert.
    Natürlich – Norbert befand sich schon weitaus länger in diesem Geschäft, als er es tat. Norbert hatte Hauptrollen gespielt, und sich schon vor vielen Jahren einen Ruf geschaffen.
    Er gehörte nicht zu den Großen, aber dem Zielpublikum, an das ihre Serie sich richtete, war er ein Begriff.
    Bei Mark dagegen handelte es sich für die meisten um nicht mehr, als ein hübsches Gesicht. Er war einer der vielen jungen Kerle, die sich die Seele aus dem Leib spielten, aber dennoch nur von einem kleinen Teil der Zuschauer wahrgenommen wurden. Hauptsächlich von jenen, die in seinem Charakter etwas von sich wiedererkannten, denen seine Rolle etwas bedeutete. Nicht er, nicht der Schauspieler.
    Selbst wenn sie sein Autogramm wollten, sprachen sie ihn mit seinem Serien–Namen an. Und Mark lachte dazu.
    Warum auch nicht. Es war ein Schritt. Und er hatte Geduld. In den meisten Dingen.
    Er stellte sich vor die Produkte, die seine Freunde fabrizierten, lächelte pflichtschuldig, fand warme Worte, stellte sein eigenes Wirken in den Hintergrund.
    Zumindest versuchte er es.
    Denn je mehr sein Bekanntheitsgrad anstieg, desto mehr Interesse wuchs trotz allem an seiner Person. Ein Interesse, das sich nutzen ließ. Ein Interesse, das allerdings auch Nachteile mit sich brachte.
    Und je mehr er darüber nachdachte, umso wahrscheinlicher kam es ihm vor, dass Norberts Verhalten der letzten Zeit damit zusammen hing.
    Es konnte nicht daran liegen, dass Norbert ihn nicht mehr für anziehend hielt. Es konnte nicht daran liegen, dass der Ältere zu seiner Frau zurückgefunden hatte, sich seiner Verantwortung als Vater stellen wollte.
    Es konnte auch nicht daran liegen, dass die Produzenten zu ihnen gekommen waren, zu ihnen beiden, um ihnen zu sagen, dass sie ihre Serienbeziehung distanzierter angehen sollten.
    Aber vielleicht war es doch gerade das?
    Vielleicht war dies der Weckruf gewesen, der Norbert hochschrecken und sein Verhalten überdenken ließ.
    Sie spielten Kollegen, Anwälte, die nebeneinander, miteinander arbeiteten. Kollegen in Freundschaft verbunden. Eng genug, dass ihr Schulterschluss bei der Aufklärung ihrer Fälle vorprogrammiert war, dass sie ihre Aktionen gemeinsam durchführten.
    Aktionen, die Körpereinsatz erforderten, die Kontakt erforderten, Körperkontakt.
    Sie zogen, stießen, schubsten sich gegenseitig in Deckung, flüchteten vor der Mündung einer Waffe oder warfen sich zu Boden während hinter ihnen eine Explosion imitiert wurde.
    Eine Scheinwelt, in der mit allem gerechnet werden musste.
    Kein Wunder, dass Norbert und Mark ihre Charaktere als sich nah begriffen. Miteinander verschweißt durch Erlebnisse der Vergangenheit und Bedrohungen der Zukunft.
    Kein Wunder, dass sie ihre Verbundenheit durch Gesten und Blicke ausdrückten. Zumal ihnen sowohl Gesten, als auch Blicke nur allzu natürlich zuflogen, sich von selbst ergaben, je stärker auch das Band zwischen ihnen selbst und nicht nur zwischen den dargestellten Charakteren wurde.
    Zuerst war es Freundschaft, gegenseitige Sympathie. Man ging Texte und Abläufe zusammen durch, trank Kaffee oder nach getaner Arbeit auch ein Bier.
    Das gegenseitige Schulterklopfen verwandelte sich in ein Ritual, die gelegentlichen Umarmungen in eine Gewohnheit.
    Bis eines Tages daraus mehr wurde.
    Obwohl es nicht richtig war, obwohl sie beide wussten, dass es nicht sein durfte.
    Schon allein weil Norbert vergeben war.
    Und doch geschah es, und es geschah wieder. Einmal damit begonnen, konnten sie nicht voneinander lassen.
    An einem jener Abende war es passiert. Nach einer der Shows, der Preisverleihungen, an denen sie teilnahmen, da ihre Serie nominiert worden war. Nicht, dass sie gewann, darauf kam es auch gar nicht an. Es war das Ereignis, das zählte, die Aufmerksamkeit, die ihrer Arbeit zuteilwurde, und die ihnen die zweite Staffel sicherte.
    Sie tranken vielleicht ein wenig mehr

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