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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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Kopf ruhte.
    „Ich danke dir“, sagte er, und sah auf, als ein glucksendes Geräusch, ein Lachen an sein Ohr drang. „Du – dankst mir?“, fragte Norbert leise. „Ich bin es, der dir danken sollte. Du ahnst nicht, wie lange ich… wie sehr ich mich danach gesehnt habe.“
    Mark stützte sich auf. „Dann ist es nicht zu Ende?“, fragte er, und erlaubte es seiner Stimme zu zittern.
    „Nein“, antwortete Norbert. „Es ist nicht zu Ende.“ Und er ließ es zu, dass Mark sich über ihn warf, und sein Gesicht mit offenen Küssen bedeckte.
    „Oh Gott… das ist… das ist…“
    Mark fehlten damals die Worte, und er bewahrte diesen Augenblick in seinem Herzen wie einen Schatz, wohl wissend, dass er für eine lange Zeit der Vollkommenste in seinem Leben sein sollte.
    Obwohl es viele schöne Momente gab. Die Momente, die sie teilten, in Abgeschiedenheit, in Heimlichkeit, gestohlene Momente, fern vom Set, fern von den Verpflichtungen, die das Leben ihnen auferlegte.
    Es gelang. Sie teilten und sie unterstützten sich. Sie traten gemeinsam auf, nutzten die Möglichkeiten, die ihnen allein durch die Arbeit geboten wurde.
    Wann immer sie konnten, schlossen sie eine Tür hinter sich, flohen vor den Augen der Öffentlichkeit, vor den Augen anderer, und ergaben sich ihrer Leidenschaft.
    Bis… bis vor ein paar Monaten alles anders geworden war. Nicht plötzlich, nicht von einem Tag auf den anderen. Sondern langsam, stückweise, ohne dass Mark die Veränderung zunächst in Worte oder auch nur in Gedanken fassen konnte.
    Eine langsam wachsende Distanz. Sie entstand mit dem Gespräch, das die Produzenten mit ihnen geführt hatten. Und mit jedem Tag vergrößerte sich der Abstand, weitete sich die Kluft zwischen ihnen. Mark kannte den Grund nicht. Ob es daran lag, dass Norbert seine Rolle in den Alltag übernahm, oder ob es andere Beweggründe gab, Vorsichtsmaßnahmen, Bedenken, die ihn zurückweichen ließen, blieb ein Rätsel.
    Sie lernten nicht mehr zusammen, erhielten weniger gemeinsame Szenen. Ihre Charaktere trugen Differenzen aus, deren Intensität Mark auch noch spürte, wenn die Kameras längst ausgeschaltet waren.
    Norbert war nicht mehr zu fassen. Er ließ sich nicht sprechen, nicht von ihm, und Mark ertappte sich dabei, wie er Nacht für Nacht dagegen ankämpfte, dass der Klumpen, den er in seinem Hals spürte, sich vergrößerte, stieg, sich in einem Schrei entlud oder in einem Sturzbach von Tränen.
    Wie sollte er das erklären?
    Wie jemand anderem, wie sich selbst deutlich machen?
    Er hatte es gewusst, gewusst, dass es nicht von Dauer sein konnte, gewusst, dass Norbert nie für ihn da sein würde.
    Und trotzdem wuchs der Schmerz in ihm an, bis er unerträglich war, bis Mark sich auf seinem Bett zusammenrollte und wartete, dass er vorüber ging, dass die Welle anstieg und dann wieder abflachte, erträglich wurde, wenigstens für eine Weile, bis die nächste Welle heran rollte.
    Seine Tage vergingen in dumpfer Gleichgültigkeit. Bis er sich an einem Ort wie diesem wiederfand, umgeben von Kollegen, von Freunden, die nicht wussten, nicht wissen konnten, was er fühlte, die vielleicht über ihn lachten, oder ihn geflissentlich ignorierten, den Hoffnungsträger, der geholfen hatte, die Serie hochzubringen, doch der nun alle Anzeichen dafür aufwies, sich auf dem absteigenden Ast zu befinden.
    Und er wartete, wartete auf ein Zeichen, auf ein Wort, einen Blick. Er wartete darauf, dass Norbert wiederkam, dass er zu ihm zurückkam, dass er seine Vorbehalte vergaß und vor ihm stand, seine dunklen Augen in die Marks tauchte und ihm versicherte, dass er es nun erkannt habe. Dass sie zusammengehörten. Dass es nichts auf der Welt gab, das sie trennen konnte, nichts und niemanden.
    Doch nichts dergleichen würde geschehen. Nie geschehen.
    Mark fühlte die Träne, die sich aus seinem Auge löste, die langsam, wie in Zeitlupe fiel, tiefer und tiefer, bis sie auf dem Boden aufkam und dort zerplatzte.
    Es sollte nur eine sein, eine von vielen.
     Ende

Held
    Es machte Olaf verrückt, wenn Christian sein Haar aus der Stirn warf. Diese eine, lässige Kopfbewegung wirkte auf ihn gleichzeitig lächerlich und auf eine verbotene Art anziehend, die er nicht wagte, vor sich zuzugeben.
    Manchmal fragte Olaf sich, was seinen Bruder dazu trieb, eine Frisur zu behalten, die derart unpraktisch war. Davon abgesehen, dass er sich nicht vorstellen konnte, warum Christian es ertrug, sein Gesichtsfeld permanent mit diesen dicken, schwarzen

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