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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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als sonst, ein wenig mehr, als ihnen guttat, ihnen beiden guttat.
    Mark zog es im Allgemeinen vor, mit dem Alkohol behutsam umzugehen. Er kannte seine Neigung zu Drogen, die ständige Versuchung, die von dieser Seite auf ihn lauerte, und er hatte nicht vor, seine Fehler zu wiederholen.
    Und Norbert berichtete hin und wieder von ähnlichen Erfahrungen aus seiner Jugend, von der Notwendigkeit, ein kritisches Auge auf sich selbst zu werfen.
    Doch an diesem Abend warf niemand ein Auge, weder auf sich selbst, noch auf den anderen.
    Und ihr Regisseur ließ nicht davon ab, nachzuschenken. Er ließ nicht davon ab, wieder und wieder dazu aufzurufen, anzustoßen, das Fest in die Länge zu ziehen. Immerhin war es der erste Auftritt der Besetzung gemeinsam vor den Kameras der Welt. Ihre Bilder würden den Weg über so gut wie jeden Kanal finden, in einem Großteil der Klatschblätter landen, und ihre Namen, sowie den der Serie über Grenzen hinaus bekannt machen.
    Alle waren albern. Sie alle umarmten sich, tanzten, lachten, ließen den Abend nur widerstrebend ausklingen.
    Es war nichts dabei, sich ein Taxi zu teilen, schließlich übernachteten Norbert und er in dem gleichen Hotel.
    In Zimmern, die zufällig nebeneinander lagen.
    Während der Fahrt lehnte Mark seinen Kopf an Norberts Schulter, und Norbert legte seinen Arm um den Jüngeren.
    Sie fuhren durch die Nacht, und Mark blinzelte gegen die Lichter der Straße und stellte sich vor, es seien Sterne. Er stellte sich vor, sie flögen, sie brausten durch das Weltall, und der warme Körper neben ihm gab ihm Halt und Trost, die Versicherung, dass sie ihr Ziel wohlbehalten erreichten.
    Und das taten sie. Das Taxi hielt, und Norbert half Mark, der sich etwas tapsig anstellte und vernehmlich gähnte, aus dem Wagen.
    „Das war wohl ein wenig viel heute“, hörte Mark die raue Stimme des anderen an seinem Ohr, als der ihn sicher vorwärts geleitete.
    Er lächelte leicht und sah auf die weichen Teppiche, die ihre Schritte aufsaugten. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder und schwankte ein wenig mit dem Gefühl, dass er sich in einem Kreis von Lichtern um sich selbst drehte.
    „Ein schönes Hotel“, murmelte er, und lächelte breiter, als er von weitem den verräterisch schleppenden Ton seiner Stimme als unverkennbares Anzeichen eines Rausches erkannte.
    „Das ist es.“ Mark sah zur Seite, hoch zu Norberts Lippen, die sich langsam bewegten, die feucht und warm aussahen, verlockend.
    Unter Einfluss des Alkohols gestand er sich ein, dass diese Lippen ihn bereits seit langem verlockten, dass sich der Arm auf seiner Schulter gut anfühlte, dass die Wärme an seiner Seite Trost versprach und vielleicht sogar mehr. Vielleicht sogar die eine Art von Liebe, nach der er ständig auf der Suche war, und die zu finden er schon seit langem nicht mehr hoffte.
    Mark stand still, als Norbert sich ihre Schlüssel aushändigen ließ, Worte mit dem Mann an der Rezeption wechselte, die im Strom von Marks Gedanken untergingen.
    Er kam wieder zu sich, als Norbert ihm erneut seine Hand auf die Schulter legte, seine warme Hand – er spürte sie durch den Stoff hindurch – und ihn zum Fahrstuhl führte, vor dem sie kurz warteten, bis die Türen sich mit einem leisen Klingen öffneten.
    Sie standen in der kleinen Kabine, und Norbert sah ihn an. Mark lehnte mit dem Rücken gegen eine Wand und hielt sich mit beiden Händen an der waagrechten Stange fest, während Norbert nur reglos vor ihm verharrte, ihn nicht berührte, nichts sagte, ihn nur ansah.
    Mark konnte nicht anders, als zurück zu starren. Er blickte in diese großen, braunen Augen, die er lachen gesehen hatte oder weinen, die in der Lage waren, jede Art von Emotion, die seine Rolle ihm gebot, auszudrücken, zu verstärken.
    Und er bemerkte die Wimpern, die länger waren, als es sich eigentlich für einen Mann gehörte. Er bemerkte das dunkle Haar, das einen beinahe scharfen Kontrast bildete zu der fast zu blassen Haut.
    Norbert hatte abgenommen in der letzten Zeit, Mark sah es nun deutlicher, als er es zuvor wahrgenommen hatte.
    Er war schlanker geworden, und bleicher. Er sah jünger aus. Sein Haar fiel ihm in die Stirn, seine Hände blieben vergraben in den Taschen des Anzuges. Und er blickte Mark unverwandt an, der seinerseits still zurückblickte.
    Ein Ruck und das Klingen ertönte erneut, als sich die Türen wieder öffneten, als Mark endlich seine Augen von denen des anderen löste, und hinaustrat in den Gang.
    Er stolperte leicht, als

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