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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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ihm der Unterschied zwischen dem Boden des Fahrstuhls und dem flauschig roten Teppich auffiel.
    Doch schneller noch als er sich wieder fangen konnte, griff Norbert nach ihm. Norbert, der neben ihn getreten war, ohne dass Mark es bemerkt hatte. Norbert, der ihn festhielt und ihn sicher weiterführte, bis sie die Nummern erreichten, die ihre Zimmer anzeigten.
    „Kommst du klar?“ Mark mochte es sich einbilden, doch klang Norberts Stimme nicht ein wenig heiser, ein wenig unsicher – zu unsicher für einen Mann seines Alters, der gerade den Höhepunkt seiner Karriere erreichte?
    Mark drehte sich zu ihm, und seine Augen blieben wieder an den Lippen hängen, an den sanften Kurven. Er sah zu, wie Norberts Zunge kurz und nervös hervor blitzte, wie sie über einen Teil der Unterlippe fuhr, einen glänzenden Streifen Speichel dort zurückließ.
    Mark konnte nicht antworten. Er konnte auch nicht wegsehen. Er starrte den Größeren weiter an, starrte dessen Lippen an, die leicht zitterten, bevor sie sich bewegten.
    Und dann drehte Norbert sich von ihm weg, und für einen Augenblick fühlte Mark sich verloren und allein, bis er hörte, wie der andere den Schlüssel in das Schloss schob und mit einem Klicken die Tür öffnete. Und ohne nachzudenken stolperte Mark hinter ihm in das Zimmer. Es spielte keine Rolle, ob es sich um seines handelte oder um das von Norbert. Spielte keine Rolle, was passierte. Er wusste nur, dass er jetzt nicht alleine sein wollte. Dass er es nicht ertragen konnte, von Norbert getrennt zu werden, und sei es auch nur durch eine Wand zwischen ihnen.
    Er stolperte in das Zimmer, blinzelte als das Licht aufflammte, zuckte zusammen, als sich die Tür hinter ihm wieder schloss, und ein Schatten vor ihn trat.
    „Brauchst du Hilfe?“ Norberts Stimme klang fast besorgt und Mark lächelte, hob sein Gesicht zu dem des anderem.
    „Nein“, sagte er, und seine Stimme kam wie aus weiter Ferne. „Nur dich.“
    Norbert schluckte. Mark fühlte mehr als er sah, wie sich dessen Adamsapfel bewegte. Danach spürte er nichts mehr außer zwei starken Armen, die ihn umschlangen, zwei Lippen, die sich hungrig auf seine pressten.
    Er seufzte in den Kuss, als sich sein Mund zugleich mit dem des anderen öffnete, als eine Zunge die Konturen seiner Lippen nachfuhr, an seinen Zähnen entlang glitt, auf seine eigene Zunge traf, mit ihr spielte, bis Mark stöhnte, bis er zurückwich und nach Luft rang.
    Doch Norbert ließ ihn nicht fort. Er hielt Mark nah genug, dass der seine Wärme fühlte, seinen Atem atmete.
    „Ist es das, was du willst?“, fragte Norbert rau, und Mark konnte nur nicken. Dankbar nicken, aufgeregt und ein wenig beschämt, dass er es zugegeben hatte.
    Daraufhin zog ihn Norbert näher an sich, barg sein Gesicht an Marks Schulter. „Ich kann nur nicht… ich… ich kann nicht…“
    „Ich weiß.“ Marks Hand streifte Norberts Kopf, fuhr dann mit seinen Fingern durch die dunkelbraunen Strähnen, die sich jedem Versuch sie in Form zu halten, unermüdlich wiedersetzten.
    Er wusste es wirklich. Er wusste, wovon Norbert sprach, wusste, dass dieser nie seine Frau aufgäbe, nie seine Familie verließe.
    Mark kannte ihn, hatte zugehört, aufmerksam zugehört, wenn Norbert von Affären berichtete, schuldbewusst und trotzdem auf eine derart entwaffnende Art ehrlich, dass es Mark nicht möglich war, ihn zu verurteilen.
    Er wusste selbst, wie leicht es sein konnte, wie hinterrücks sich die Versuchung heranschleichen, einen – den einen günstigen Augenblick abpassen konnte, um schließlich zu einer Handlung zu führen, die nicht zu verzeihen war, nicht wenn sie bekannt würde, nicht, wenn die Öffentlichkeit davon erführe.
    Und so wusste er auch, dass Norbert seine Bindung ernst nahm, wusste und verstand es.
    Er umfasste Norberts Kopf mit seiner ganzen Hand, und zog ihn näher, näher an seinen Hals.
    „Ich weiß“, wiederholte er noch einmal. „Es macht nichts“, fügte er hinzu, als er fühlte wie sich Norberts Lippen gegen seine Haut bewegten, wie der sanfte Küsse seinen Nacken hinunter regnen ließ.
    Als habe Norbert darauf gewartet, drückte er Mark näher an sich, drückte ihn fest genug, dass er dessen Erektion spürte, den Beweis dafür, dass es nicht nur Mark war, der sich die Nähe zwischen ihnen ersehnte.
    Später, als sie im Bett lagen, ineinander verschlungen, ein konfuses Gemisch aus Armen, Beinen, aus verschwitzter Haut und erschöpften Gliedmaßen, küsste Mark die haarlose Brust auf der sein

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