Ueber den Horizont hinaus - Band 1
unvermeidliches Ende nach sich zog. Dass die Zeit begrenzt blieb, die Leichtfertigkeit erhalten, und jede Art von Ernst oder Bindung außer Frage stand.
Doch nun wusste er, was es bedeutete, eine Beziehung einzugehen. Er wusste, was von ihm erwartet wurde, und was er erwartete.
Er liebte Nathalie, und doch bekam er den Gedanken an Nico nicht aus seinem Kopf, konnte ihn nicht vergessen.
Jede wache Minute, jede Bewegung, die andeutete, dass er nicht alleine sei, ließ ihn aufschrecken, hoffnungsvoll aufsehen.
Hoffnungsvoll, weil er sich wünschte, dass Nico bei ihm war.
Hoffnungsvoll, weil er nur für den Bruchteil einer Sekunde glaubte, dass Nico die Grenzen der Physik und der Vernunft außer Kraft gesetzt hatte, um zu ihm zu kommen. Dass der alles über Bord geworfen hatte, nur um bei ihm zu sein.
Dass er seine Entscheidung getroffen hatte.
Und Nico hatte diese Entscheidung getroffen. Das wusste Aaron. Er hatte sich entschieden, hatte sich für ihn entschieden.
Nico hatte es ihm gesagt, hatte ihn beschworen, dasselbe für ihn zu tun, hatte ihn gebeten, mit ihm zu kommen.
Doch Aaron konnte nicht. Er konnte nicht, konnte es Nathalie nicht antun, konnte es Nico nicht antun.
Nico war jünger als er, zehn Jahre jünger. Zehn Jahre konnten eine Ewigkeit bedeuten.
Nico würde es bereuen, wenn er sich für Aaron entschied. Und noch viel schlimmer… er würde ihn verlassen. Ebenso wie Aaron selbst früher die Männer verlassen hatte, die sich an ihn banden.
Er war gegangen, bevor sie alt wurden, alt und hässlich. Noch bevor sie ihn fortstoßen konnten. Bevor er sich auf etwas einließ, dass nicht wieder rückgängig zu machen war.
Und er hatte nie verstanden, was er ihnen damit antat, nie erkannt, dass sie vielleicht mehr in ihm sahen, als ein flüchtiges Abenteuer, eine momentane Erleichterung, eine Möglichkeit zwanglosen Stressabbaus.
Nichts sprach dagegen, sich einer Leidenschaft hinzugeben, zu fühlen, zu leben, zu spüren, dass man, und warum man lebte.
Nichts – sofern man sich dessen bewusst war, was diese Leidenschaft bedeutete, oder vielmehr, was sie nicht bedeutete.
Warum verstand Nico das nicht?
Und warum verstand er selbst es nicht – verstand es nicht mehr?
Warum sehnte er sich auf einmal nach mehr? Warum war es ihm nicht genug, sich hin und wieder zu treffen, sich zu holen, was Nathalie ihm nicht geben konnte, und Nico zurückzugeben, was dieser bei der Freundin, die er der Welt zum Schein vorführte, nicht finden konnte?
Ein stummes Einverständnis – eine lediglich mit Blicken und Gesten getroffene Abmachung, die so einfach sein sollte, so unkompliziert, eine Abwechslung von dem Druck, den Zwängen, den notwendig gewordenen Lügen des Alltags.
Mehr war es nicht, mehr hatte es nie sein sollen.
Doch nun konnte Aaron nicht aufhören, an Nico zu denken. Er konnte nicht damit aufhören, ihn vor sich zu sehen. Schloss er die Augen, so sah er Nicos Gesicht, die großen, dunklen Augen, das wirre Haar, das ihm ungebändigt in die Stirn fiel, das schiefe Lächeln, den suchenden Blick.
Nico schien stets zu suchen. Sein Blick enthielt ein Verlangen, einen unausgesprochenen Wunsch, eine Sehnsucht, die zu erfüllen eine zu große Aufgabe darstellte. Zu groß für ihn, zu groß für Aaron.
Was Nico brauchte, konnte er ihm nicht geben. Selbst wenn er alles aufgäbe – und Aaron hatte darüber nachgedacht. Während der dunklen Stunden, die er alleine in einem Hotelzimmer verbrachte, angetrunken in der Hoffnung doch noch ein wenig Schlaf zu finden, nachdem er den obligatorischen Anruf bei Nathalie getätigt hatte.
Eine Hoffnung, die von Stunde zu Stunde schwand, je länger er sich in den verschwitzten Laken wälzte, je öfter er seinen Arm ausstreckte, und nach der Gestalt griff, die er neben sich wähnte, die er neben sich wünschte, doch die sich in Nichts auflöste, sobald der Schleier des Halbschlafes, in den er verfallen war, sich senkte.
Er roch ihn, roch Nico immer.
Der Duft nach Rasierwasser, nach Schweiß, nach ihm verging nicht mehr. Er klebte an Aaron, war um ihn, egal was er unternahm, egal wie lange er sich wusch, duschte, mit intensiven Düften umgab.
Nicos Geruch existierte, wie sein Wesen, wie die Sehnsucht nach seinem Körper, nach harten Küssen, nach Händen, die wussten, was sie taten, die wussten, was Aaron brauchte.
Nicos Geruch verließ ihn nicht, auch wenn sie sich über Wochen nicht sahen. Ebenso wenig, wie der Gedanke an ihn verfliegen konnte.
Wenn alles um ihn
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