Über den Missouri
ist ein sehr großer Krieger. Er will nichts als den Skalp Tokei-ihtos.«
Über die Miene des Bibers lief ein Zucken, das nichts Gutes verhieß. Der junge Bursche hatte es nicht bemerkt. Er sprach frei weiter. »Ja, so ist es. Ihr habt dem Langmesser Roach viele Mustangs gestohlen; aber das ist wiedergutgemacht, wenn ihr sie zurückgebt. Dann könnt ihr gehen, wohin ihr wollt.«
»Ohne Tokei-ihto?«
»Ja.« Eddy Tatokano taute immer mehr auf. »Der Schlaue Biber besitzt großen Verstand, und Red Fox hat darum vorgeschlagen, er solle mit Tokei-ihto sprechen. Ihr habt alle Angst vor Tokei-ihto.« Der Bursche senkte die Stimme. »Aber wer ihn nicht fürchtet, dem unterliegt er. Weißt du das?«
Der Biber schwieg finster.
»Hat er es euch nicht erzählt? Das kann ich mir denken. Schonka hat ihm gesagt, daß er der Sohn eines Verräters ist. Da war er stumm und ließ sich nach Waffen durchsuchen. Ich habe ihn angefaßt …«
Das Berühren eines Mannes galt bei den Indianern als ein Sieg über ihn.
In der Mondnacht vermochte Tatokano die Wirkung der Worte auf den Biber nicht zu erkennen, er fuhr unbekümmert fort: »Wer Tokei-ihto nicht fürchtet, über den hat er keine Macht. Du mußt von ihm fordern, daß er sich uns ergibt. Dann seid ihr alle frei und unsere Brüder.«
Der Biber brachte noch kein Wort heraus.
»Verstehst du jetzt? Ich kann zu euch zurückkehren – sobald Tokei-ihto tot ist. Er würde mich nicht bei euren Zelten dulden, denn er vergißt nicht, daß ich ihn gesehen habe, als er ohne Kraft war. Aber wenn er fort ist … wird Honigblüte meine Frau!«
Der Biber hatte die Keule in der Hand. »Da! Sieh dir das an: Du stirbst!«
Tatokano wollte aufspringen und fliehen. Aber die Faust des Bibers hielt ihn fest, und ein einziger Schlag machte dem Leben des eitlen Verräters ein Ende.
Der Krieger zerrte den Toten durchs Gras und warf ihn über die Böschung in die treibende Flut. Aufklatschend verschwand der Körper darin. Dann kroch der Biber wieder in seine Mulde und spähte wie zuvor nach den Feinden.
Während sich das merkwürdige und widerwärtige Erlebnis des Bibers abgespielt hatte, stand Tschetansapa am Westeck der Bucht und blickte auf das Hochwasser hinaus. Es war weder zahm noch schöner geworden. Stunde um Stunde schob es sich zwischen den Hochufern des Tales abwärts. Hinter Tschetansapa klangen leise und traurig die Totengesänge der Bärenbande um die Angehörigen, die sie bei dem Angriff der weißen Männer während des starken Regens verloren hatte. Ohitika heulte zum Himmel und hatte den Schwanz eingezogen. Er saß noch immer an dem Platz, an dem die Bärenknaben ins Boot gestiegen waren.
Früher als der Hund entdeckte Tschetansapa einen zurückkehrenden Schwimmer. Ein Lächeln legte sich in die Lederfalten seines Gesichts. Dieser Schwimmer konnte kein anderer sein als Tokei-ihto.
Jetzt hatte auch Ohitika etwas bemerkt. Er drehte sich um sich selbst in toller Freude, lief hinunter und schien entschlossen, sich in das Wasser zu wagen und zu seinem Herrn zu schwimmen. Erst als er sah, daß die Strömung ihn sofort abtrieb, machte er kehrt und kam triefend wieder aufs Trockene.
Tokei-ihto faßte am Ufer Fuß und stieg heraus. Das Wasser lief an ihm herunter. Er griff mit der Hand nach dem Schmutz, der sich an sein Haar und seine Schultern gehängt hatte, und schleuderte ihn ab.
Langsam gingen die beiden Männer dem Lager zu, und Schwarzfalke berichtete dem Häuptling von allem, was geschehen war. Am Ufer standen noch einzelne Knaben und Greise, darunter auch Hawandschita. Die Frauen und Kinder waren wach und schauten dem Zurückkehrenden entgegen. Auch Blitzwolke hatte sich aus ihrer Schlafdecke ausgewickelt und stand am Hang. Der tolle Ohitika teilte ihr mit nassen Pfoten einen Teil seiner Freude mit. Ärgerlich jagte sie ihn fort, denn sie fürchtete, ein Wort von dem zu verlieren, was Tschetansapa jetzt zu Mongschongschah sagte.
»Hapedah und Tschaske sind drüben am anderen Ufer«, sagte er.
Mongschongschah richtete sich auf wie ein Gras, wenn es nach der Dürre regnet. Blitzwolke hatte die Hände schnell vor das Gesicht geschlagen und sich umgedreht. Sie schämte sich zu zeigen, wie sehr sie sich freute, und lief fort. Schwarzfalke hörte noch, wie das Mädchen nach seiner Freundin Eidechse rief; ihr mußte sie mitteilen, was sie gehört hatte. Der Krieger selbst lächelte befreit. Er war dem Häuptling von Herzen dankbar, daß er die Knaben schon in Sicherheit gebracht
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