Über den Missouri
auf. Ihr werdet mich begleiten.« Die Worte des Häuptlings klangen, als ob er von einem ganz fern liegenden Ereignis spräche. Er endete in einem Ton, der keinen Widerspruch erwartete. Es herrschte Schweigen, aber die Stille war keine Zustimmung. Tschetansapas Augen flackerten. Der Häuptling schnitt ihm das Wort ab, ehe es sich formte.
»Ihr werdet mich begleiten und hören, was gesagt wird. Ich befehle es.«
Keiner antwortete.
Tokei-ihto erhob sich. Der Häuptling grüßte Hawandschita mit Ehrerbietung und schritt, von Donner vom Berge begleitet, am Hang der Pferdeherde zu. Auch Tschetansapa, Chef de Loup und Tschapa waren aufgestanden, aber sie rührten sich noch nicht vom Platze.
Die vorangehenden Häuptlinge kamen an den bereitliegenden Booten und an den Frauen und Kindern vorbei. Blitzwolke schaute zu Boden. Sie sah die Füße des Häuptlings in den Mokassins, die Uinonahs Hand gestickt hatte. Die Schritte verlangsamten sich. Der Häuptling blieb vor dem Mädchen stehen.
»Hat Blitzwolke Angst?« fragte er.
Das Mädchen war aufgestanden. »Nein«, antwortete sie fest und mit einer ihr selbst neuen Zuversicht. »Tokei-ihto, unser Häuptling und ein Sohn der Großen Bärin, wird den Mörder Mattotaupas zwingen zu kämpfen. Er wird den Mörder seines Vaters töten, weil der Tod die gerechte Strafe ist. Tokei-ihto wird uns über das Schlammwasser führen zu einem neuen Leben.«
Das Mädchen hatte nicht gezaudert und nicht gestottert. Ganz klar hatte sie die Worte ausgesprochen, und sie wunderte sich selbst darüber. Die beiden Häuptlinge und die nachkommenden Krieger mochten sich auch darüber wundern, denn sie sahen Blitzwolke aufmerksam und ernsthaft an, und dann zögerte auf einmal keiner mehr.
Die Krieger gingen mit ihrem Häuptling zu den Pferden. Blitzwolke hatte sich wieder still an ihren Platz gesetzt und schaute den Männern nach. Sie spürte, wie Untschida ihr über das Haar strich, und hörte sie sagen: »Gut.«
Die Krieger saßen auf, leiteten die Tiere den Hang hinauf und bogen in die freie Prärie hinaus.
Die Sonne schien von Süden und schickte ihre Strahlen den Augen der Reiter mit flimmerndem Licht entgegen. Chef de Loup fühlte unter sich die nach tagelanger Ruhe befreiten Kräfte seines Schecken, der dem falben Leithengst wiehernd folgte. Er hätte das Tier herumreißen mögen. Aber er hatte sich Tokei-ihto zum Häuptling erwählt, und Tokei-ihto hatte gesprochen. Chef de Loup gehorchte. Der Boden schwand unter den galoppierenden Tieren. Die langgestreckte Anhöhe zog schnell an den Reitern vorbei. Sie schien friedlich und unberührt; nur die Augen der Krieger, die die Art der Besetzung kannten, entdeckten die Gefährten an ihren verborgenen Plätzen.
Südlich, in weiter Ferne, erspähte der Delaware bald die feindlichen Reiter. In ihrer Mitte entstand jetzt eine Bewegung. Drei Punkte lösten sich ab und kamen, vor dem Auge schnell anwachsend, den Dakota entgegen.
Chef de Loup bemühte sich, an seinen Vorreitern vorbei einen Ausblick auf die näher rückende feindliche Gruppe zu behalten. Den großen Schlapphut des Führers auf der anderen Seite hatte er schon erkannt. Dieser Reiter saß auf einem Goldfuchs. Chef de Loup erkannte das Tier, auf dem einst Major Smith gesessen hatte.
Der Mörder wagte es wirklich. Er kam. Der Galopp der Mustangs fraß die letzte Entfernung zwischen den sich entgegenstrebenden Reitern.
Die Pferde wurden jäh zurückgerissen und standen. Die beiden Führer hatten die Richtung auf das genaueste berechnet und hielten sich unmittelbar gegenüber. Hinter ihnen hielten ihre Begleiter. Es herrschte Stille. Eine Biene summte ahnungslos um Blüten; alle hörten sie, denn keiner sprach, und noch hatte keiner den anderen gegrüßt.
Wie auf Verabredung lenkten die Begleiter der beiden großen Feinde in demselben Augenblick ihre Pferde nach rechts und links vor, um ihre Anführer zu flankieren. Da sich Schwarzfalke und Donner vom Berge nach links wandten, trieben Chef de Loup und der Schlaue Biber ihre Tiere zur Rechten Tokei-ihtos vor.
Der Delaware konnte jetzt die Gegner ungehindert betrachten: in der Mitte Red Fox mit dem Schlapphut, rechts von ihm Schonka, den also Haß und Scham doch noch über den eisführenden Yellowstone-River getrieben hatten; links einen hageren, groß gewachsenen Präriejäger. Der Delaware kannte diesen Jäger aus der Zeit, in der er den weißen Männern an der canadischen Grenze als Kundschafter gedient hatte. Sein Spitzname war
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