Über den Missouri
er sein Versteck nicht wieder so unsichtbar zurechtrichten, wie Chef de Loup es getan hatte, und so war er in das kalte und nasse Loch gebannt.
Die Sonne wanderte, und endlich dunkelte es. Tschetansapa schien es, als ob durch die Erde fernes Hufgeräusch tönte. Das Zittern im Boden wurde stärker und stärker. Das war die Truppe! Die Feinde kamen. Der Dakota unterschied schon das Getrappel, das von trabenden Pferden stammte, und die Hufschläge leichten Galopps.
Das Galoppgeräusch erreichte zuerst das Gehölz und brach ab. Leise Schritte verteilten sich, und gedämpfte Stimmen wurden laut. Über das rauhe Eis des Baches fiel der Schatten eines Menschen. Nach seinem Schatten war der Mann barhäuptig und langhaarig, ein Indianerscout also. Es war nichts von ihm zu hören, er bewegte sich lautlos. Aber der Schatten verriet, daß er sich auf die Böschung setzte. Vom Ufer schoben sich seine Füße herab, er glitt auf die Eisdecke und bückte sich tief. Rechts und links äugte er unter die Böschung hinunter.
Schwarzfalke hatte die Hand am Messer. Aber die prüfenden Augen gingen an seinem Versteck vorüber.
Chef de Loup hatte sehr gute Arbeit geleistet. Der Späher verschwand wieder. Es erklang ein langgezogenes Wolfsjaulen, wahrscheinlich das Zeichen für die Truppe, daß der Weg frei sei.
Als die Langmesser nachkamen, entstand großer Lärm. Ein lauter Befehl zum Absitzen wurde gegeben. Reiterstiefel trampelten. Die Pferde wurden zwischen die Bäume und Büsche geführt. Die Zelte aber wurden offenbar im Kreis um das Gehölz herum aufgeschlagen. Das war nicht günstig für Tschetansapas Plan, den Feinden die Pferde wegzunehmen.
Die Lagergeräusche ebbten langsam ab. Aber unmittelbar über dem Versteck ließen sich wieder Schritte hören, und der Lauscher unterschied zwei Stimmen, eine schnarrende und eine tiefe. Diese tiefe Stimme kannte Tschetansapa, und er hörte sie voll Ingrimm. Das war Schonka, der Verräter.
Der Mann mit der schnarrenden Stimme sprach englisch, gewandt und offenbar als seine Muttersprache. »Du schweigst sofort«, sagte er vermutlich zu Schonka. »Hier befehle ich. Wir haben das Lager aufgeschlagen, und dabei bleibt es. Es hat keinen Sinn, daß wir jetzt Hals über Kopf nach Norden weiterreiten und uns von der Fährte irreführen lassen. Tokei-ihto ist ein ganz durchtriebener Bandenführer. Er hat mit seinen Leuten einen Haken geschlagen und lagert südwestlich von uns, davon bin ich überzeugt. Übrigens werden wir ja auch bald die Meldung der Späher bekommen.«
»Er lagert nicht im Südwesten, und er zündet keine Feuer an; das sind andere Leute, Capt’n Roach mag mir glauben.« Die tiefe Stimme sprach eindringlich. »Unsere beiden Späher sind ausgesandt, aber wir brauchen nicht auf sie zu warten. Sie holen uns ein. Reiten wir weiter, und geben wir Tokei-ihto nicht noch mehr Vorsprung!«
»Halt den Mund! Es ist genug über diese Sache diskutiert. Du gehorchst jetzt.«
Die Sprecher waren weitergegangen, und die Stimmen verloren sich wieder. Tschetansapa bedauerte das, denn er hatte eben eine Neuigkeit erfahren, die ihn wundernahm, und er hätte gern mehr gewußt. Im Südwesten waren Lagerfeuer angezündet? War das eine Kriegslist seiner Gefährten? Oder lagerten dort wirklich unbekannte Männer?
Das Lager schien allmählich in Schlaf zu sinken. Nur das Rupfen und Knabbern der Pferde an Gras und Strauch war noch zu vernehmen. Einmal glaubte Tschetansapa zu hören, daß ein Mann auf einen Baum kletterte. Ein Körper rieb sich an rauher Rinde.
Das gab eine schwierige Sache heute.
Als Mitternacht vorbei war, faßte Tschetansapa einen Entschluß. Der bedrohliche Augenblick war da, in dem er aus seinem Versteck hervorkommen mußte, ohne noch selbst Überblick über das Lager zu haben. Vorsichtig schob er sich hinter der von Chef de Loupe aufgebauten Schneewand hervor. Als er frei unter dem Uferüberhang lag, blieb er einen Augenblick regungslos und lauschte. Nichts rührte sich.
Nun band er sich Gras und Wurzeln um den Kopf und kam hervor. Er schaute aufwärts und entdeckte einen Wachposten hoch oben in der Pappel. Der Kerl saß nackt da oben, nur mit einem Gürtel angetan. Seine langen Haare hingen ihm offen über den Rücken. Tschetansapa erkannte in ihm Tatokano. Eitler Elch, dachte er, kannst du dir das Haar nicht flechten und binden? Doch schaute der Bursche wenigstens nicht zum Bach herab, sondern pflichtgemäß in die Ferne.
Schnell huschte Schwarzfalke zwischen Bäume und
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