Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
setzen mußte, um mit zum Sammelplatz zu reiten. »Ich werde auf die Fragen des weißen Mannes nicht antworten! Er mag mir lieber sagen, wie viele der räudigen Kojoten er selbst getötet hat!«
    »Räudige Kojoten! Räudige Kojoten! Ihr Rothäute seid mir saubere Brüder! Da gönnt einer dem anderen das Leben nicht. Ich werde dir sagen, wie viele von deinen lausigen Brüdern und Schwestern ich gekillt habe: einen Mann, drei Weiber und einen Knaben. Ist dir das genug?«
    »Aber der Häuptling ist euch entflohen«, erwiderte Schwarzfalke und ließ seinen Braunen in möglichst langsamem Schritt gehen.
    »Ja, der hat mit ein paar seiner Spießgesellen das Weite gesucht – hallo, komm etwas schneller voran mit deinem Gaul! Hast du eben gehört? Da ist schon wieder geschossen worden! Das ist unser Schonka, der wird dem Adlerfedervieh noch eins aufs Fell brennen! Nur keine Sorge!« Auch Tschetansapa hatte mit Spannung aufgehorcht. »Ja«, sagte er, und in seiner Stimme lag ein Zorn, dessen Grund sein Gegenüber, ein schlichter Dragoner, unmöglich erraten konnte. »Ja, Schonka ist unterwegs, um das Federvieh zu fangen. Aber Tokei-ihto hat er doch nicht gefunden. Oder will mir das Langmesser erzählen, daß dies das Lager Tokei-ihtos war?«
    »Nein, Herr General, das kann der stärkste Mann nicht behaupten. In diesen Zelten haben Schwarzfüße gehaust, die uns nichts angehen. Aber daß sie bei dieser Gelegenheit auch einen Denkzettel bekommen haben, schadet nichts.« Während Schwarzfalke mit dem Dragoner gesprochen hatte, kamen auch die letzten der Reiter zum Sammelplatz. Nur Schonka und seine Begleiter, die den Schwarzfußhäuptling verfolgten, kehrten noch nicht zurück. Die Stille der Nacht legte sich wieder über die Prärie. Männer gingen umher und suchten Tote und Verwundete; leises Stöhnen und Ächzen klang vom Boden auf, manchmal ein Fluch und selten der Klang eines Trostwortes von Kamerad zu Kamerad. Am Teich hatte sich schon ein neues Lager gebildet; von dort war auch zu hören, wie Roach Anordnungen gab. Tschetansapa verstand, daß der Capt’n mit seinen Leuten für den Rest der Nacht nicht zu dem Bach und dem Pappelbaum zurückkehren, sondern hier beim Teich bleiben wollte. Die Pferde soffen und hoben dann ihre triefenden Mäuler, um sich geduldig wegführen zu lassen. Die Leichen getöteter Indianer lagen unbeachtet umher, und Tschetansapa erblickte wieder den Körper der erschossenen Transporttiere in der großen Koppel in der Nähe der Zelte. Ja, so hatte es dem Lager Tokei-ihtos ergehen sollen! Der Dakota ritt mit dem gesprächigen Dragoner und dessen schweigsamen Kameraden langsam weiter. »Unsere Späher sind tüchtig, aber diesmal haben sie sich doch geirrt«, begann Schwarzfalke wieder, in der Hoffnung, durch das Gespräch mehr zu erfahren, als er wußte. »Jeee …«, meinte der Dragoner, »einmal irrt sich jeder. Ihr Rothäute seht euch untereinander ähnlich wie ein Schaf in der Herde dem anderen – mal grade, daß man dich, edler General, noch herauskennen kann an deinem Zylinderhut. Unsere Kundschafter haben heilige Eide geleistet, daß es Tobias, der davongelaufene Schweinehund, gewesen sei, mit dem sie sich auf dem Rückweg gebalgt haben und der auf sie schießen ließ, und wo der ist, da ist auch Tokei-ihto nicht weit. Aber wie dem auch sein mag, wir haben nichts als ein paar Stunden verloren, die lassen sich wieder einholen. Wir machen kehrt nach Norden, und morgen fassen wir den Haupthelden. Da bleibt gewiß nichts am Leben – nicht ein Hund, kann ich dir sagen. Das haben wir uns alle geschworen!«
    »Fred Clarke wäre diese Dummheit hier nicht passiert«, versuchte Tschetansapa sein Gegenüber weiter auszuholen. »Ja, der Freddy! Da hast du allerdings recht. Der versteht’s noch anders als unser schöner Anthony Roach und alle Schonkas der weiten Prärie. Das ist eine besondere Marke! Aber du weißt ja, er ist am Werk. Er ist uns weit voraus; die Patrouillen der Nordforts hat er jetzt sicher schon erreicht, und die treiben den Tokei-ihto zurück und uns wieder in die Hände! Das gibt eine Treibjagd!« Der Sprecher pfiff vergnügt zwischen den Zähnen durch. »Der Atem wird den roten Hunden dabei ausgehen!«
    »Tokei-ihto ist ein Mann mit fünfzehn oder zwanzig Kriegern und will weiter nichts als nach Canada davonlaufen.« Tschetansapa befleißigte sich eines recht abfälligen Tones. »Was für ein Geschrei und Getöse macht ihr Langmesser um ihn!«
    »Ach, erstens ist das Gebrüll, das

Weitere Kostenlose Bücher