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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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große Gefahr. Wir müssen etwas dagegen unternehmen. Ich will diesen Männern von den Nordforts angst machen, daß wir ihre Forts im Nordosten überfallen, während sie uns im Nordwesten am Missouri suchen. Dann werden sie zu ihren Stationen zurückreiten und uns in Ruhe lassen, denn die Geschichte von der Blockhaus- Station am Niobrara, die Tokei-ihto abgebrannt hat, ist noch nicht vergessen.«
    »Gut. Ich bin sehr neugierig, womit du ihnen angst machen wirst und was meine Uniform damit zu tun hat.«
    »Das wirst du gleich erleben. Du mußt nur mein Spiel mitspielen, weiter nichts.« Tschapa stand auf und holte den gefangenen Tatokano herbei, der das Gespräch bisher nicht hatte mit anhören können.
    Als Tschetansapa den Gefangenen vor sich liegen sah, brachen böse Erinnerungen in ihm auf. Dieser entkleidete Geck war dabeigewesen, als Schonka die Männer der Bärenbande auf der Reservation seinem Willen unterworfen hatte und als Tschetansapa schwer verletzt wurde. Die Mienen des Kriegers waren sehr finster.
    Tschapa hatte sich vor dem Gefangenen aufgestellt. »Tatokano«, sprach er, »du liegst in Fesseln. Ich kann dich töten. Ich werde es tun. Ich werde dich braten und rösten wie eine Bärentatze! Du bist ein Verräter. Dein Vater Alte Antilope ist längst tot. Ich preise ihn glücklich, daß er dich nicht sehen muß. Dein älterer Bruder, genannt Antilopensohn, kämpft in der Schar Tokei-ihtos und verachtet dich. Du bist ein Kojote!«
    Der Geck schaute nicht furchtsam, aber ungemein blöde und wütend vor sich hin.
    »Hast du verstanden, du stinkende Ratte?«
    »Ja«, antwortete der Angeredete bereitwillig, aber ohne den Kopf zu heben. Er schien den Anblick des uniformierten Tschetansapa zu meiden. Der Verlust seiner Uniform mochte ihn allzusehr schmerzen.
    »Du hast verstanden, gut. Weißt du auch, daß dir recht geschieht?«
    Der Geck hob nun doch forschend die Augen. Durfte er als Gefangener reden? Er schien Hoffnung zu schöpfen, und sein Selbstbewußtsein stieg wieder. »Ich bin ein Krieger und Scout des großen Vaters in Washington!« verkündete er. »Die Langmesser sind stark, und niemand wird sie überwinden. Der Biber und Tschetansapa haben mir meine Uniform gestohlen! Sie mögen sie mir wiedergeben und mich sofort freilassen, sonst werden die Milahanska sie hängen! Wenn ihr mir aber die Uniform zurückgebt, so werde ich für euch bitten, und die Langmesser werden auch euch einige Dollars im Monat geben, wenn ihr für sie kämpft.«
    »Ah, für einige Dollars im Monat hast du uns verraten, du Kojote! Ich werde dich abhäuten und den Hunden zum Fraß geben, das bist du wert, und unsere Hunde sind hungrig! Hast du gehört?«
    Tatokano antwortete nicht. Das Ziel seiner wütenden Blicke war jetzt Tschetansapa, der das Haar flocht und dazwischen mit den Knöpfen des Uniformrockes spielte, als ob er sie abreißen wollte.
    »Ja, sieh dir das nur an!« ermahnte der Biber den Gefangenen. »So wie dieser Uniform wird es auch dir ergehen. Du wirst alle Verzierungen verlieren. Du willst uns Furcht einflößen mit deinen weißen Männern, aber die sind jetzt fern, und ich bin dir nahe!« Der Biber machte eine Pause, um die Wirkung der folgenden Worte zu erhöhen. »Also, du magst wählen!« schrie er dann. »Entweder ich werde dich abhäuten und rösten wie eine Bärentatze … oder du kommst zu uns und nimmst das Mädchen Honigblüte in dein Zelt! Haben deine Ohren das gehört?«
    Der Vorschlag Tschapas entsprach den indianischen Sitten und Gebräuchen. Das harte Leben des Prärieindianers, Unglücksfälle auf der Jagd und der Tod im Kampf verminderten die Zahl der Männer, die die notwendige Nahrung für Frauen und Kinder beschaffen konnten. Immer wieder entstand ein Mangel an Jägern. Fand sich nun ein Gefangener bereit, in den Stamm einzuheiraten, so wurde der überwundene Feind gern aufgenommen. Allerdings pflegte es sich dabei um erprobte und tapfere Männer zu handeln, an denen der Stamm einen Gewinn hatte, und nicht um Spottfiguren. Die Heiterkeit im Kreis der Sieger brach daher von neuem aus. Aber Tatokano hatte in seiner Dummheit kaum genügend Selbsterkenntnis, um den Grund der Heiterkeit zu verstehen. Er nahm das Angebot des Bibers durchaus ernst. Doch konnte er sich lange nicht zur Antwort entschließen.
    »Deine Gedanken gehen langsam wie eine Schnecke!«
    Der Gefangene heftete den Blick auf den Sprecher. »Gibst du mir meine Uniform dann wieder? Es ist die Uniform eines Generals!« Von dieser

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