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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Lieblingsidee wollte der eitle Bursche noch immer nicht ablassen.
    »Wenn unser Häuptling Tokei-ihto es erlaubt«, erwiderte der Biber ernsthaft.
    »Was!« sagte Tschetansapa entsetzt. »Diesen entkleideten Burschen willst du uns doch nicht etwa im Ernst wieder in die Zelte bringen?«
    »Warum nicht? Er ist gar nicht so feige. Er hat keinen Verstand, und darum ist er in die Fänge des Schonka geraten. Aber seine Beine sind so schnell wie die einer Antilope. Wir konnten ihn früher als Läufer gebrauchen, warum jetzt nicht wieder? Wenn Tokei-ihto es erlaubt!«
    Schwarzfalke sagte nichts mehr. Er spie nur noch aus.
    »Also, Tatokano wird in unsere Zelte kommen und das Mädchen Honigblüte heiraten?« wollte der Biber sich versichern. »Er wird mit uns gegen die Langmesser kämpfen!«
    Der Geck erschrak. »Das kann ich nicht!« Hinter seiner flachen Stirn schien es heftig zu arbeiten.
    »Warum kannst du das nicht, du löchriger Kopftopf, du speckiger Mokassin! So werde ich deine Generalsuniform unserem kleinen Bären anziehen, und aus deiner Haut werde ich Fransen machen für Honigblütes Kleid!«
    Tatokano sah den Biber flehend an. »Aber ich will sie ja zur Frau nehmen.«
    Chef de Loup grinste schadenfroh.
    »Du bist noch viel dümmer, als ich geglaubt habe«, stellte der Biber fest. »Warum sagst du, du kannst nicht, wenn du sie doch zur Frau nehmen willst?«
    »Aber ich kann nicht bei euch bleiben und gegen die Langmesser kämpfen.«
    »Warum nicht, du pfeifender Präriehund? Hast du Angst um deine Dollars, du Stinktier? Wenn ich dich gebraten habe, wirst du sie auch nicht mehr bekommen! Du bist dumm, aber das wirst du wohl einsehen?«
    »Ja, aber ich habe geschworen.« Das Gesicht Tatokanos nahm einen steifen Ausdruck an. Er war albern und eitel, aber einige wenige Grundbegriffe der Kriegerehre eines Dakota waren auch diesem törichten Geschöpf von Kindesbeinen an so anerzogen, daß er sie nicht ganz abzuschütteln vermochte.
    »Was hast du geschworen?« Tschapa wurde ärgerlich.
    »Daß ich als Scout für die Langmesser kämpfe.«
    »Das ist traurig«, meinte der Biber zu Chef de Loup gewandt. »Nun muß ich ihn doch braten.«
    »Frage doch deinen Gefangenen«, half der Delaware, »für wie lange er geschworen hat. Bei den weißen Männern schwört man meistens nur für die Zeit, für die man Dollars bekommt.«
    Der Biber tippte den General an, der trübsinnig inmitten des Kreises seiner Feinde saß. »Hast du gehört? Für wieviel Monde hast du geschworen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Er weiß es nicht!«
    »Für welchen Mond hast du zuletzt deine Dollars bekommen?« fragte Chef de Loup den Gefangenen.
    »Für den Mond, in dem wir nun sind.«
    »Sehr gut«, meinte Chef de Loup, »so wirst du zu den Langmessern gehen und ihnen sagen, daß du ihnen nach dem Ende dieses Mondes nicht mehr dienen und auch keine Dollars mehr von ihnen haben willst. Dann lassen sie dich gehen.«
    »Aber ich kann den Langmessern nicht sagen, daß ich gehen will, weil der Biber mich vorher töten und skalpieren wird.«
    »Ja«, rief der Biber, »so ist es! Wie hat Chef de Loup sich dies gedacht? Soll ich meinen Gefangenen laufenlassen, und er wird zu den Langmessern gehen und ihnen alles erzählen, was wir hier gesprochen haben? Können seine Ohren nicht alles gehört haben, obwohl ich ihn ganz an den Rand des Gehölzes gelegt hatte? Seine Ohren sind immer scharf gewesen, wenn sein Verstand auch kurz war!
    Er weiß, daß wir eine Kriegslist anwenden … daß wir nur so tun, als ob wir nach Nordwesten ziehen wollen, damit die Scharen der Langmesser von den Nordforts uns dort suchen, unterdessen aber reiten wir in ihrem Rücken zu den Forts im Nordosten und brennen dort alles ab. Ja, das ist ein schöner Plan, eine gute List, und dieser Verräter hier soll weglaufen und das alles den Langmessern erzählen? Damit er noch zehn Dollars extra erhält? Nein, ich werde ihn lieber in Streifen schneiden, diesen ledernen Braten, und Tschetansapa wird die Generalsuniform dem Mädchen Honigblüte schenken! Hau!«
    Mit grimmigem Gesicht schleppte Tschapa Kraushaar seinen Gefangenen wieder ins Gebüsch.
    »Kommt«, sagte er dann zu seinen Gefährten, »wir wollen ein wenig beiseite gehen. Dieses Aas stinkt mir zu sehr in die Nase.«
    Die Begründung war zwar unzureichend, aber Tschetansapa und der Delaware erhoben sich, um den schlauen Tschapa zu begleiten.
    Es würde sich ja zeigen, was er eigentlich wollte.
    Als man sich außer Hörweite des

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