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Ueber den Tod hinaus

Ueber den Tod hinaus

Titel: Ueber den Tod hinaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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gewann ihre Stimme einen rauhen, vibrierenden Unterton: »Ich bin beileibe nicht so brav, wie ich aussehe -«
    »Sie . Sie sehen nicht brav aus«, fand Dorn, »ganz bestimmt nicht.« Er rückte nervös auf den imaginären Polstern hin und her. Die Brille war ihm fast bis zur Nasenspitze vorgerutscht, sein Blick ging über den Rand hinweg und tastete an Lilith auf und ab.
    »Sie scheinen mir aber auch kein Chorknabe zu sein«, tadelte sie.
    »Ich . ich verstehe nicht. Ich meine, was mache ich hier?«
    »Das Richtige«, versicherte Lilith erregt und so nah an seinem Ohr, daß sie sehen konnte, wie ihm die Gänsehaut auflief unter ihrem warmen Atem.
    Ihre Hand strich leicht über seinen Oberschenkel und höher, wo sie wie zufällig liegenblieb. Der Platz unter dem Stoff der Joggingho-se wurde knapper.
    Lilith hatte nicht vor, Dorn zu verführen; zumindest nicht bis zum Äußersten. Lediglich sein Blut sollte in Wallung geraten. Und das tat es. Beinahe glaubte sie, es durch sein Aderwerk rauschen zu hören.
    Leicht öffnete sie die vollen Lippen. Die Zunge spitzte hervor und kitzelte die pochende Stelle an seinem Hals. Darob schien es fast, als wolle sich seine Schlagader durch die Haut ihrem Mund entgegendrücken.
    Für eine Sekunde packte sie unten fester zu.
    Dorn stöhnte auf. Bog den Kopf zurück. Schloß die Augen.
    Und Lilith biß zu!
    Nadelspitze Eckzähne ließen die Ader platzen wie eine überreife Frucht. Blut quoll aus feinen Wunden. Lippen stülpten sich darüber, auf daß kein Tropfen unnütz verfloß. Wärme überlief Liliths Zunge und - - dann zuckte sie zurück, so heftig, als habe sie sich verbrannt!
    Aber so war es nicht.
    Etwas hatte sie gestört, erschreckt.
    Jemand hatte . gesprochen!
    Nicht Dorn. Jemand - hinter ihr!
    »Oh, Verzeihung! - Mir scheint, ich störe . beim Essen?«
    *
    Mit der Geschmeidigkeit einer gereizten Raubkatze fuhr die Halb -vampirin herum - fauchend, mit gebleckten Fängen, die Finger wie Krallen geformt, zur Abwehr ebenso bereit wie zum Angriff. Dünne Blutfäden liefen von ihren Mundwinkeln übers Kinn.
    Instinktiv wollte Lilith sich vom Sofa abstoßen, springen, sich dem Unbekannten entgegenwerfen, noch ehe er irgend etwas tun oder auch nur sagen konnte.
    Aber statt dessen - tat sie nichts. Lilith erstarrte. Ihre Aggression erstarb, und Verwunderung trat an ihre Stelle. Maßloses Staunen.
    Lilith wußte nicht zu sagen, was oder wen sie zu sehen erwartet hatte. Ganz gewiß aber nicht einen Mann wie diesen. Der aussah, als sei er die Harmlosigkeit in Person .
    Er war von durchschnittlicher Größe und schien seltsam alterslos. Er mochte Vierzig sein, konnte aber ebenso gut das sechzigste Lebensjahr schon hinter sich haben. Sein Anzug saß tadellos, wirkte unauffällig und verlieh ihm etwas - Lilith fiel kein besserer Ausdruck ein - »Butlerhaftes« .
    Der Fremde stand stocksteif da, auf halbem Wege zwischen Tür und Sofa, die Hände beinahe verlegen übereinandergefaltet.
    »Verdammt, wer sind Sie? Und wie kommen Sie hier herein?«
    Sekundenlang hatte Lilith nichts anderes tun können, als den anderen anzustarren. Jetzt war es, als sei in ihr ein Ventil geplatzt, und die Fragen wollten nur so aus ihr hervorsprudeln. Mühsam hielt sie ihre Zunge im Zaum.
    Fast verlegen wies der Fremde über seine Schulter.
    »Durch die Tür natürlich«, sagte er. »Und ich bin hier, um -«
    »Durch die Tür«, äffte Lilith seinen distinguierten Ton nach. »Was Sie nicht sagen. - Das ist unmöglich! Ich habe -«
    »Oh«, unterbrach sie der andere. »Ja, Sie hatten - nun, gewisse Sicherheitsmaßnahmen getroffen, was die Tür betrifft. Das habe ich gemerkt, ja ...« Er rieb die Fingerkuppen seiner rechten Hand gegeneinander, als habe er sie sich angesengt. Und er lächelte, freundlich, unverbindlich.
    Womit er bei Lilith nur eines bewirkte: Er wurde ihr unheimlich. Mit jeder Sekunde, mit jedem Wort, das er sprach, ein bißchen mehr Ein müdes Stöhnen und Bewegung, die sie aus den Augenwinkeln wahrnahm, ließen Lilith sich umdrehen.
    Dorn! Den hatte sie glatt vergessen.
    Sie sah ihn an - und er schrie auf!
    Mit der Hand fuhr er sich an den Hals, wo seine Finger die Biß -wunde berührten, die bereits zu bluten aufgehört hatte, wohl aber noch zu ertasten war.
    »Großer Gott!« entfuhr es Dorn voller Entsetzen.
    Er konnte sich offenbar an alles erinnern, an jedes Detail. Und weil ihm die Erklärung fehlte, wie es zu all dem hatte kommen können, schockierte ihn die Erkenntnis um so mehr.
    Lilith

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