Ueber den Tod hinaus
sprach.
»Was haben Sie gegen die Weltbevölkerung?«
»Wie kommen Sie darauf, daß ich etwas gegen die . Menschen haben könnte?«
»Es klang so.«
»Sie irren sich. - Es ist wohl eher so, daß die Welt als Ganzes mir nicht gefällt. Deshalb habe ich ihr den Rücken gekehrt und mich zurückgezogen. Wozu sollte ich auch noch hinausgehen«, wie ein Geist trat er aus den Schatten des Raumes, »wenn ich doch alles Interessante und Wichtige dieser Welt zu mir holen kann? - Und alles Schöne.« Er trat auf Lilith zu.
Sie wich ihm nicht aus, auch dann nicht, als er die Hand hob und die Finger nach ihrem Gesicht ausstreckte. Aber er berührte es nicht, fuhr seine Form und Linien lediglich aus der Distanz nach, als sei es zu kostbar, um es anzufassen - wie eine der wertvollsten Stücke seiner Sammlung, das jede Berührung von Menschenhand entweihen würde.
Stur hielt Lilith auch dem Blick seiner eisgrauen Augen stand.
Und plötzlich fragte sie sich, warum sie es nicht längst versucht hatte!
Augenblicklich tastete sich mit geistigen Fühlern nach Max Beaderstadt, in seinen Kopf, nach seinem Geist - und ins Leere?
Das Staunen in ihrem Blick amüsierte ihn. Sein Lächeln war spöttisch.
»Netter Versuch«, sagte er rauh, »aber auch ein unnötiger. - Fragen Sie, und ich werde aus freien Stücken antworten, so gut es mir möglich ist. Nach . bestem Gewissen, sozusagen.« Wieder dieses Lächeln.
»Fein«, erwiderte Lilith. »Dann setzen wir unser kleines Verhör eben fort. - Weshalb bin ich das, wonach Sie, oder Sie und Ihre Freunde, gesucht haben?«
»Können Sie sich das nicht denken?« entgegnete er.
»Würde ich sonst fragen?«
»Natürlich nicht, verzeihen Sie. - Nun, Sie sind eine ... Chimäre. Und mehr noch«, er hob die Hand, als Lilith einhaken wollte, und sie schwieg ob seiner bloßen Geste, »Sie sind die stärkste von allen, vielleicht die eine! - Die Weissagung erfüllt sich, Stück um Stück ...« »Welche Weissa-?« setzte Lilith an, aber sie sollte nie dazu kommen, die Frage zu beenden.
»Herr!«
Fitzpatrick McNee stürmte herein, bar aller Distinguiertheit. Er war unübersehbar aufgeregt, aufgelöst geradezu. Und allein die Tatsache, daß er es wagte, Beaderstadt auf diese Weise zu stören, war untrügliches Zeichen dafür, daß etwas außerordentlich Beunruhigendes, Besorgniserregendes geschehen sein mußte.
Dennoch knurrte Beaderstadt unwillig, als er sich nach McNee umdrehte, und seinem Blick wohnte erstmals, seit Lilith ihm begegnet war, ein mühelos erkennbarer Ausdruck inne: maßloser Zorn.
»Was erlauben Sie sich?« schnauzte er.
»Herr, verzeihen Sie«, stieß McNee schweratmend hervor. »Es war unabdingbar, daß ich .«
»Reden Sie, verdammt!«
McNee schluckte. »Die Alarmanlage, Herr, unser Sicherheits- und Überwachungssystem ...«
»Was ist damit?«
Ein Funke glomm in Beaderstadts Augen auf und wuchs zu einem Flackern, das Mißtrauen und aufkeimende Sorge verriet.
»Ausgefallen, Herr. Sabotiert!«
»Sabotiert?«
»Eine Sprengladung. Sie wurde im Keller an der zentralen Steuereinheit angebracht und -«
- weiter kam Fitzpatrick McNee mit seiner Erklärung nicht.
Die zwei, drei Worte, die er noch sagte, gingen unter in infernalischem Lärm, mit dem die kunstvoll gefertigten Saalfenster, die jeder Kirche zur Ehre gereicht hätten, zu Bruch gingen!
Und inmitten des flirrenden und klirrenden Scherbenregens drangen Gestalten ein, die geflügelten schwarzen Dämonen gleichsahen!
*
Daß der Eindruck täuschte, daß es sich bei den Eindringlingen, die da auf so spektakulärem Wege in Max Beaderstadts Allerheiligstes vorstießen, nur um Menschen handelte, begriff Lilith, als die Schwarzgekleideten ihre »Flügel« ablegten. Dabei handelte es sich um kompakt gebaute Drachenflieger, deren Stoffbespannung ebenfalls schwarz war.
Das Ganze dauerte zwei, allenfalls drei Sekunden, und dann war auch schon ein halbes Dutzend Waffenmündungen auf Max Beader-stadt, Fitzpatrick McNee und Lilith Eden gerichtet.
Wie auf ein geheimes Zeichen hin hoben sie alle drei die Hände.
Stille senkte sich über den Raum, durchbrochen nur von dem Knirschen der Glassplitter unter den Sohlen der Eindringlinge.
»Meine Herren, womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
Max Beaderstadts Ruhe klang nicht die Spur aufgesetzt. Sie war zweifelsohne vollkommen echt. Er schien nicht im mindesten zu fürchten, daß ihm etwas geschehen könnte. Die Waffen ließen ihn so kalt wie der Stahl, aus dem sie gefertigt
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