Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
über den Wassern - und er erklärte mir alles ausführlich, so wie er es von einem alten Seemann vor langer Zeit gehört hatte. Und nachdem ich die ganze Geschichte gehört hatte, drängte ich ihn, seinen Plan weiter durchzuführen, selbst ohne die Hilfe Gospos. Ich erkannte die Bedeutung seines Unterfangens, und ich sagte zu ihm, daß er der einzige Mensch auf diesem Planeten sei, der dabei überhaupt eine Aussicht auf Erfolg hatte. Nichts darf dir im Weg sein, sagte ich zu ihm. Zieh weiter, sagte ich, und führe uns in dieses Paradies, zu dieser unverderbten, jungfräulichen Insel, auf daß wir einen Neuen Anfang setzen können. Und er wendete sein Schiff und steuerte gen Süden.«
    »Und warum«, fragte Lawler mit einiger Zurückhaltung, »glaubst du, daß es uns gelingen sollte, auf dieser... ah... jungfräulichen Insel, zu der du und Delagard uns bringen wollt, einen Neubeginn zu schaffen, der Bestand hat? Mit einer Handvoll Menschen, die sich in der Wildnis niederlassen, im Unbekannten, wo wir keine Ahnung von irgend etwas haben?«
    Quillan antwortete mit einer Stimme, die so schneidend klang, als fräste sie seine Worte auf Metallplatten: »Weil ich daran glaube, daß dies wortwörtlich das Paradies ist. Der Garten Eden. Wie es geschrieben steht.«
    Lawler mußte erst einmal schlucken. »Meinst du das wirklich im Ernst? Der echte, ursprüngliche Garten Eden, in dem Adam und Eva gelebt haben?«
    »Das wahre Eden, ja. Das Paradies ist überall dort und dort wirklich, wo es nicht von der Ur-Sünde berührt und verderbt wurde.«
    »Also stammt Delagards Vorstellung von diesem Paradies dort von dir? Das hätte ich mir denken können. Und ich darf wohl annehmen, du bist auch überzeugt, daß Gott dort wohnt. Oder benutzt er das bloß als sein Feriendomizil?«
    »Das weiß ich nicht. Aber ich würde gern glauben, daß ER dort ist. ER ist immer dort, wo das Paradies ist. Wo immer das sein mag.«
    »Na klar«, sagte Lawler. »Der Erschaffer des Universums haust genau hier auf Hydros auf einer riesigen Sumpfinsel, die von halbverrottetem Tang bedeckt ist. Daß ich nicht lache, Father! Ich weiß ja noch nicht mal, ob du überhaupt an deinen Gott glaubst. So zu fünfzig Prozent, nehme ich an, bist du da auch nicht ganz so sicher.«
    »Nein, so halb und halb bin ich nicht sicher«, antwortete der Geistliche.
    »Wenn du deine ‚toten’ Phasen hast.«
    »Ja. In Zeiten, wo ich völlig überzeugt bin, daß wir eine völlig zweck- und sinnlose Weiterentwicklung aus den niederen Tiergattungen sind. Wenn es mir wieder einfällt, daß der ganze lange Evolutionsprozeß von der Amöbe bis zum Homo erectus auf der ERDE, von Mikroorganismen aller Art bis zu fühlenden, denkenden Wesen von aller nur erdenklichen Art auf allen möglichen Planeten, nichts weiter ist als ein Automatismus, genau wie die Bewegung eines Planeten um seine Sonne... und genauso ohne irgendeinen Sinn. Wenn ich denke, daß nichts das alles in Bewegung gesetzt hat. Daß nichts es in Bewegung hält, außer der inhärenten Wesenheit.«
    »Und das glaubst du - manchmal, so halbwegs?«
    »Nicht halbwegs. Aber manchmal. Meistens - nein.«
    »Und in diesen Phasen, in denen es nicht so ist? Was geschieht da?«
    »Dann glaube ich, daß es eine Prima Causa gab, die das alles in Bewegung setzte, und aus Gründen, die wir vielleicht nie erfahren werden. Und ER, dieser Erste Verursacher, hält das alles am Laufen - aus SEiner gewaltigen Liebe für SEine Geschöpfe heraus. Denn GOTT ist LIEBE, genau wie Jesus das gesagt hat, in dem Teil der Heiligen Schriften, bis zu dem du in deiner Lektüre nicht vorgedrungen bist: Wer aber ohne Liebe ist, der erkennet Gott nicht; denn Gott ist Liebe. Gott ist Verbindung. Zusammensein. Gott ist das Ende der Einsamkeit, ist die Höchste Verschmelzung. Und ER wird uns alle, so wenig wir dessen würdig sind, in SEinen Schoß nehmen, und dort werden wir leben ewiglich und ohne Leiden und Qual.«
    »Und das glaubst du - jedenfalls meistens.«
    »Ja. Meinst du nicht, du könntest das ebenfalls?«
    »Nein!« sagte Lawler. »Es wäre ja sehr wünschenswert, aber ich kann nicht.«
    »Also hast du das Gefühl, daß alles ohne Sinn, Ziel und Zweck ist?«
    »Das - nein, nicht ohne Sinn. Aber wir werden nie erfahren, was dieser Sinn und Zweck ist. Oder - wer da was beabsichtigt. Dinge geschehen... so wie die Golden Sun mitten in der Nacht einfach verschwunden ist, aber wir finden nicht immer glatt heraus, warum etwas geschieht. Und wenn wir’s dann

Weitere Kostenlose Bücher