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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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kaum aushalten.«
    Sie streichelte sacht mit ihren Fingern über die seinen. »Du bist ein so guter Mann, ein so ernsthafter Mann. Wenn dir etwas zustoßen würde, es würde mir das Herz brechen. Ich hab gesehen, wie du mit dem - Ding gekämpft hast, das den Käptn umgebracht hat, und ich hab eine fürchterliche Angst um dich gehabt. Und auch dann, als ich merkte, daß deine Hände verletzt waren.«
    Auf dem kantigen stumpfnasigen Gesicht lag ein Ausdruck strahlender reinster Hingabe. Pilya war grobschlächtig und wenig schön, nur ihre Augen waren warm und voller Licht. Und der Kontrast zwischen ihrem Goldhaar und der glatten olivdunklen Haut war höchst reizend. Sie war eine starke, eine unkomplizierte junge Frau, und der Emotionsstrom, den sie jetzt projizierte, war starke und unkomplizierte, bedingungslose Liebe. Lawler wollte sie nicht zu grausam zurückweisen und entzog ihr behutsam seine Hände, lächelte sie dabei aber die ganze Zeit wohlwollend und unverbindlich an. Es wäre so leicht gewesen, das Angebot anzunehmen, einen stillen Winkel im Frachtdeck zu finden, sich die kleine harmlose Lust zu gönnen, die er sich so lange Zeit versagt hatte. Ich bin schließlich weder Priester noch sonst Zwangseunuch, erinnerte er sich. Ich habe schließlich weder ein Zölibats- noch ein Keuschheitsgelübde abgelegt... Aber irgendwie hatte er das Vertrauen zu seinen eigenen Gefühlen eingebüßt. Er war nicht bereit, sich sogar auf ein so unbedrohliches Abenteuer einzulassen, wie dieses es wahrscheinlich sein würde, weil er sich seiner selber nicht mehr sicher war.
    »Meinst du, wir werden es überstehen?« fragte sie auf einmal unerwartet.
    »Überstehen? Aber sicher werden wir!«
    »Nein«, sprach sie weiter. »Ich hab immer noch Angst, daß wir alle hier auf See zugrunde gehen werden. Alle. Gospo war nur der erste.«
    »Aber nein, es wird schon klappen«, sagte Lawler. »Das hab ich dir doch neulich schon gesagt, und ich sag es dir jetzt noch einmal. Gospo hatte einfach Pech. Mehr steckt da nicht dahinter. Es gibt immer mal jemand, der kein Glück hat.«
    »Aber ich will leben. Ich will nach Grayvard kommen. Auf Grayvard wartet ein Ehemann auf mich. Das hat mir Schwester Thecla gesagt, als sie vor unserer Abreise mein Schicksal gelesen hat. Sie hat gesagt, wenn ich am Ende der Reise ankomme, werde ich meinen Gemahl finden.«
    »Diese Schwester Thecla hat einer Menge Menschen eine ganze Menge verrücktes Zeug prophezeit, was uns am Ende unserer Reise widerfahren soll. Du solltest nichts auf das Geschwätz von Prophetinnen geben. Aber wenn du dir einen festen ehelichen Partner wünschst, Pilya, dann hoffe ich, daß in deinem Fall Schwester Thecla ausnahmsweise mal die Wahrheit prognostiziert hat.«
    »Ich brauche einen älteren Mann. Jemanden der gescheit ist und stark, einen, der mich nicht nur liebt, sondern mir auch etwas beibringt. Keiner hat mir je was beigebracht, weißt du. Nur die Arbeit an Bord, eines Schiffs, also arbeite ich eben auf Schiffen und bin für Delagard hierhin und dorthin und überallhin gefahren, und ich hab nie einen festen Mann gehabt. Aber jetzt, jetzt will ich einen. Es ist Zeit für mich. Ich seh doch hübsch aus, oder nicht?«
    »Sehr hübsch«, sagte Lawler.
    Arme Pilya, dachte er, und er und fühlte fast so etwas wie Schuldgefühle, daß er sie nicht lieben konnte.
    Sie wandte sich von ihm weg, als begreife sie, daß das Gespräch nicht in die von ihr gewünschte Richtung führte, und nach einer Pause sagte sie: »Ich denke immer an die kleinen Sachen von der ERDE, die du mir gezeigt hast, die du jetzt bei dir in der Kabine aufbewahrst, diese wunderschönen Fragmente. Wie bezaubernd sie sind. Ich hab dir gesagt, ich möchte gern eins davon haben, aber du hast es abgelehnt und gesagt, du kannst mir nicht eines davon geben, aber jetzt habe ich es mir sowieso anders überlegt, und ich will gar keins mehr. Sie sind Vergangenheit, mich interessiert nur noch die Zukunft. Du lebst zu stark in der Vergangenheit, Doktor.«
    »Für mich gibt es da mehr Platz als in der Zukunft. Mehr Raum, sich umzusehen.«
    »Nein nein, die Zukunft ist sehr gewaltig. Die Zukunft setzt sich immer weiter und weiter fort. Warte nur ab und sieh, ob ich nicht recht habe. Du solltest dieses alte Zeug wegwerfen. Ich weiß, das wirst du niemals tun, aber du solltest es.« Sie lächelte ihn schüchtern und zärtlich an. »Ich muß jetzt rauf«, sagte sie dann. »Du bist ein sehr feiner Mensch, ich dachte, ich muß dir das

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