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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Gabe.«
    Kinverson blieb ungerührt. »Ich kann sie nicht fangen, wenn sie nicht in unsere Nähe kommen wollen. Wem das nicht paßt, der kann ja selber rausgehen und hinter ihnen dreinschwimmen und sie mit der Hand fangen. Klar?«
    DIE FISCHE BLIEBEN weiterhin fern, doch nun gelangten die Schiffe in eine Zone, in der es unbekannte neue Algen im Überfluß gab, die massenweise als eine rote dichtverflochtene Variante und eine breitblättrige, höchst saftige blaugrüne Art mitten darunter auftraten. Gharkid jubelte. »Die werden prima schmecken«, verkündete er. »Das weiß ich einfach. Und wir kriegen reichlich Nährstoffe von denen.«
    »Aber wenn du diese Sorte noch nie vorher gesehen hast...?« hielt Leo Martello dagegen.
    »Sowas sehe ich. Die da sind eßbar - und gut dazu.«
    Gharkid testete sie höchstpersönlich, in der furchtlosen, arglosen Weise, die Lawler an ihm für so außergewöhnlich hielt. Die roten Algen, berichtete der Tester, waren für Salate geeignet. Die blaugrüne Spezies, entschied er, sollte man am besten in etwas Fischtran dünsten. Er hing fast den ganzen Tag lang auf der Winschbrücke und holte Ladung um Ladung an Bord, bis das halbe Schiffsdeck von nassen Algenhaufen übersät war.
    Lawler begab sich zu ihm. Er hockte da und sortierte den glitschigen triefenden Matsch. Zwischen dem Tang wanderten kleinere Meerestiere umher: kleine Schnecken und Kräbbchen und winzige Krustentierchen mit hellroten Panzern, die wie Märchenschlösser aussahen. Gharkid schien sich keine Sorgen darüber zu machen, daß möglicherweise einige dieser winzigen blinden Passagiere giftige Stacheln, kleine Beißkiefer-chen besitzen könnten, mit denen sie eklig kneifen könnten, oder toxische Absonderungen, oder sonstige unbekannte Gefahren bergen könnten. Er kämmte sie mit einem Schilfkamm von seinen Algensträngen fort, und, wenn es so rascher ging, benutzte er ganz einfach die Finger. Als er Lawler herankommen sah, strahlte Gharkid ihn mit breitem Lächeln an, die weißen Zähne blitzten in seinem dunklen Gesicht, und er sagte: »Die See war uns heute gnädig, sie hat uns eine reiche Ernte beschert.«
    »Natim? Wo hast du das alles gelernt, was du über Meerespflanzen weißt?«
    Gharkid sah verwirrt drein. »Im Meer, wo denn sonst? Aus dem Meer kommt unser Leben. Und du gehst einfach rein, und dann findest du, was gut ist. Du versuchst das und dann suchst du das. Und das behältst du im Kopf.« Er zupfte etwas aus einem Klumpen Rotalgen und hielt es entzückt Lawler zum Betrachten hin. »Das ist so zart, so schön, so zerbrechlich.« Es war so etwas wie eine Meeresschnecke, gelb mit kleinen rötlichen Pünktchen, fast wie ein Bröckchen des gelben Meerschaums, der nun hinter ihnen lag. Auf stummeligen Stengeln wogte ein Dutzend bemerkenswert intensiv wirkender schwarzer Augen von etwa der Größe menschlicher Fingerkuppen auf und ab. Lawler entdeckte weder Schönheit noch Zartheit in dem klumpigen gelben Wesen, aber Gharkid war ganz bezaubert davon. Er hob es dicht vor die Augen und lächelte es an. Dann warf er es sanft über Bord in die See zurück.
    »Das gesegnete Geschöpf der See«, sagte Gharkid in einem Ton von solch allumfassender liebevoller Güte, daß Lawler gereizt wurde und ärgerlich sagte: »Du willst wissen, wozu es geschaffen wurde.«
    »O nein, Doktor - Sir. Nein, ich frage nie. Wer bin ich denn, daß ich die See fragen dürfte, warum sie tut, was sie tut?«
    Seine Stimme klang dermaßen ehrfürchtig, daß man fast den Eindruck gewann, als betrachte er das Meer als seinen Gott. Vielleicht tat er das ja wirklich. Auf jeden Fall war keine Antwort nötig; es war eine unmögliche Frage für einen Menschen von Lawlers Denkweise, und er kam mit derlei nicht zurecht. Es lag ihm fern, Gharkid überheblich zu behandeln, und schon gar nicht, ihn zu verletzen, und er kam sich angesichts des unschuldigen Entzückens des Mannes beinahe unrein vor. Also lächelte er hastig und ging weiter. Weiter drüben sah er den Father Quillan auf dem Deck stehen, der sie aus der Entfernung beobachtete.
    »Ich hab ihm bei der Arbeit zugeschaut«, sagte der Priester, als Lawler zu ihm trat. »Wie er den ganzen Seetang sortiert und auf Haufen teilt. Er arbeitet unablässig. Er wirkt so weich und mild, doch irgendwo trägt der Mann tief im Innern eine tiefe Wut mit sich herum. Was weißt du übrigens von ihm?«
    »Von Gharkid? Nicht viel. Ein Einzelgänger, spricht nicht viel. Ich habe keine Ahnung, wo er lebte, ehe er

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