Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germaine de Staël
Vom Netzwerk:
ist; alles was seine Augen sehen, scheut und haben möchte; Lust hat etwas zu lernen; noch mehr, sich zu vergnügen. So nähert er sich mit lächelnder, freundlicher Miene dem Mephistopheles, der ihn kalt und spöttisch empfängt. Der Contrast zwischen der offenen Gutmüthigkeit des Schülers und dem verschlossenen Uebermuth des Lehrers ist mit Witz und Talent gezeichnet.
    Es giebt keine Kenntniß, die der Schüler nicht besitzen möchte.
Ich wünschte, recht gelehrt zu werden,
    Und möchte gern, was auf der Erden
    Und in dem Himmel ist, erfassen,
    Die Wissenschaft und die Natur.

    Mephistopheles wünscht ihm Glück zu der Bestimmtheit und Ründung seines Studienplans, setzt ihm mit vieler Laune die vier Facultäten, Rechtsgelehrsamkeit, Arzneikunde, Weltweisheit, Gottesgelahrtheit auseinander, und verwirrt den Kopf des armen Schwächlings durchaus.
    Schüler.
Kann euch nicht eben ganz verstehen.

    Mephistopheles.
Das wird nächstens schon besser gehen.

    Er trägt ihm ein Argument nach dem andern vor. Der Schüler giebt sie alle zu, nur ist ihm der Schluß immer unerwartet, denn er nimmt die Sache von der ernsthaften, und Mephistopheles immer von der spöttischen Seite. Der gutmüthige Schüler hat den besten Willen ihn anzuhören und zu bewundern, und das Resultat des Lehrers ist stets: mache dich über alles lustig. Mephistopheles selbst gesteht ein, der Zweifel entspringe aus der Hölle, und definirt den Teufel einen Geist der verneint; aber er selbst drückt den Zweifel herrisch und gebieterisch, in einem Tone aus, der die Arroganz des Charakters mit der Ungewißheit der Vernunft verbindet, und nichts als den bösen Neigungen Realität und Consistenz giebt. Kein Glaube, keine Meinung bleibt fest in Kopf und Geist, sobald man ihn angehört hat; man untersucht und befühlt sich selbst, um zu erfahren, ob etwas reelles in der Welt ist, oder ob man blos Gedanken hat, um sich über die, welche sich für denkende Geschöpfe halten, lustig zu machen. Der Schüler fragt den verkappten Lehrer:

    Doch ein Begriff muß bei dem Worte seyn.
    Mephistopheles.
Schon gut! Nur muß man sich nicht allzu ängstlich quälen;
Denn eben, wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
    Der Schüler versteht nur selten den Meister:
    Mir wird von alle dem so dumm,
Als ging' mir ein Mühlrad im Kopf' herum.
     
    Doch das schadet nicht; desto mehr neigt er sich vor dem Genie des großen Mannes. Zuletzt sagt er:
    Ich kann unmöglich wieder gehn,
Ich muß euch noch mein Stammbuch überreichen,
Gönn' eure Gunst mir dieses Zeichen! 

    Mephistopheles.
Sehr wohl (schreibt und giebt.)

    Schüler (liest.)
Eritis sicut Deos, scientes bonum et malum.
(Macht's ehrerbietig zu, und empfiehlt sich.)

    Mephistopheles (ruft ihm höhnisch nach.)
Folg' nur dem alten Spruch und meiner Muhme der Schlange;
Dir wird gewiß einmal bei deiner Gottähnlichkeit bange!
    ————————
    Faust langweilt sich. Mephistopheles giebt ihm den Rath, sich zu verlieben. Er folgt dem Rathe und verliebt sich in ein junges Bürgermädchen, unschuldig und naiv, die mit ihrer Mutter in großer Dürftigkeit lebt. Sie heißt Margarethe. Die Bekanntschaft mit ihr zu erleichtern, macht er sich selbst mit einer ihrer Freundinnen und Nachbarinnen, Martha, bekannt. Martha's Gatte ist im Auslande und giebt keine Nachricht von sich. Sie ist untröstlicher über diese Ungewißheit, als sie es über die bestimmte Kunde von seinem Tode seyn würde. Mephistopheles kommt ihr zu Hülfe, benimmt ihr den Zweifel, verspricht ihr den Todtenschein ihres verstorbenen und begrabenen Mannes; und die gute Frau bricht in die Worte aus:
    Ich bin von je der Ordnung Freund gewesen;
Möcht' ihn auch todt im Wochenblättchen lesen.
    Jetzt wird auch Margarethe gefangen und verstrickt. Sie fällt in die Schlingen des Bösen; der höllische Geist setzt ihr aus allen Kräften zu, bringt sie zu Falle, ohne daß sie jene Geradheit des Herzens verliere, die mitten ins Laster gerathen, nur in der Tugend Ruhe finden kann. Ein gewandter Bösewicht hütet sich, die Guten, die er zu seinen Zwecken benutzen will, ganz zu verkehren; er vermag nur so lange etwas über sie, als sie abwechselnd Lust zu sündigen und Reue fühlend, ihm durch ihre Schwäche zugehören.
    Faust hat, mit Hülfe des Mephistopheles, die junge Margarethe verführt. Das Mädchen, frommen einfältigen Sinnes und Gemüths, und rein in der Verwahrlosung, in einem Auftritt mit Faust allein, unterhält sich mit ihm über die

Weitere Kostenlose Bücher