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Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germaine de Staël
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Religion.

    Margarethe.
Versprich mir Heinrich.
    Faust.
Was ich kann!
    Margarethe.
Nun sag', wie hast du's mit der Religion?
Du bist ein herzlich guter Mann,
Allein ich glaub', du hältst nicht viel davon.
    Faust.
Laß' das, mein Kind! du fühlst, ich bin dir gut;
Für meine Lieben ließ' ich Leib und Blut,
Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben.
    Margarethe.
Das ist nicht recht, man muß dran glauben!
    Faust.
Muß man?
    Margarethe.
Ach! wenn ich etwas auf dich könnte!
Du hast auch nicht die heil'gen Sacramente.
    Faust.
Ich ehre sie. 

    Margarethe.
Doch ohne Verlangen.
Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht gegangen.
Glaubst du an Gott?

    Faust.
Mein Liebchen, wer darf sagen,
Ich glaub' an Gott?
Magst Priester oder Weise fragen,
Und ihre Antwort scheint nur Spott
Ueber den Frager zu seyn.
    Margarethe.
So glaubst du nicht?

    Faust.
Mißhör' mich nicht, du holdes Angesicht!
Wer darf ihn nennen?
Und wer bekennen:
Ich glaub' ihn.
Wer empfinden?
Und sich unterwinden
Zu sagen, ich glaub' ihn nicht.
Der Allumfasser,
Der Allerhalter,
Faßt und erhält er nicht
Dich, mich, sich selbst?
Wölbt sich der Himmel nicht da droben?
Liegt die Erde nicht hierunten fest?
Und steigen freundlich blickend
Ewige Sterne nicht herauf?
Schau' ich nicht Aug' in Auge dir,
Und drängt nicht alles
Nach Haupt und Herzen dir,
Und webt in ewigem Geheimniß
Unsichtbar sichtbar neben dir?
Erfüll' davon dein Herz, so groß es ist,
Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist,
Nenn' es dann wie du willst,
Nenn's Glück! Herz! Liebe! Gott!
Ich habe keinen Namen
Dafür! Gefühl ist alles;
Name ist Schall und Rauch,
Umnebelnd Himmelsgluth. 

    Dieses Bruchstück, eine begeisterte Beredsamkeit athmend, würde nicht zu Faust und seinen Gesinnungen passen, wäre er nicht gerade in diesem Augenblick besser als sonst, weil er liebt, und wäre nicht des Verfassers Meinung ohne Zweifel gewesen, zu zeigen, wie nothwendig ein fester positiver Glaube ist, weil sogar diejenigen, die von der Natur gefühlvoll und gut erschaffen worden, sich von den strafbarsten Verirrungen hinreissen lassen können, sobald ihnen diese Stütze entzogen ist.
    Faust findet bald Eckel und Ueberdruß an Margarethens Liebe, wie an allen Lebensgenüssen. Nichts ist schöner als die Verse, in welchen er zugleich den Enthusiasmus für die Wissenschaft, und die Sättigung im Glücke schildert.
     
    Faust (allein.)
Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,
Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
Dein Angesicht im Feuer zugewendet.
Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich,
Kraft, sie zu fühlen, zu genießen. Nicht
Kalt staunenden Besuch erlaubst du mir,
Vergönnest mir in ihre tiefe Brust,
Wie in den Busen eines Freund's, zu schauen.
Du führst die Reihe der Lebendigen
Vor mir vorbei, und lehrst mich meine Brüder
Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.
Und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt,
Die Riesenfichte, stürzend, Nachbaräste
Und Nachbarstämme, quetschend, niederstreift,
Und ihrem Fall dumpf hohl der Hügel donnert;
Dann führst du mich zur sichern Höhle, zeigst
Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust
Geheime tiefe Wunder öffnen sich.
Und steigt von meinem Blick der reine Mond
Besänftigend herüber; schweben mir
Von Felsenwänden, aus dem feuchten Busch,
Der Vorwelt silberne Gestalten auf,
Und lindern der Betrachtung strenge Lust.

O daß den Menschen nichts Vollkomm'nes wird, 
Empfind ich nun. Du gabst zu dieser Wonne,
Die mich den Göttern nah' und näher bringt,
Mir den Gefährten, den ich schon nicht mehr
Entbehren kann, wenn er gleich, kalt und frech,
Mich vor mir selbst erniedrigt, und zu Nichts,
Mit einem Worthauch, deine Gaben wandelt.
Er facht in meiner Brust ein wildes Feuer
Nach jenem schönen Bild geschäftig an.
So tauml' ich von Begierde zu Genuß,
Und im Genuß verschmacht' ich nach Begierde.
    ————————
    Margarethens Geschichte presst des Herz krampfhaft zusammen. Ihr niedriger Stand, ihr beschränkter Geist, alles, was sie ins Elend herabzieht, ohne daß sie widerstehen könne, vermehrt das Mitleid, das sie einflößt. In seinen Romanen und Schauspielen hat Göthe fast nie den Frauen, die er aufstellt, ausgezeichnete Eigenschaften beigelegt; desto meisterhafter malt er aber den Charakter der Schwäche, der ihnen den Schutz der Männer so unentbehrlich macht. Margarethe will ihrer Mutter die Zusammenkunft verheimlichen, die sie Fausten bestimmt hat, und giebt ihr auf Mephistopheles Rath einen Schlaftrunk,

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