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Ueber die Wupper

Ueber die Wupper

Titel: Ueber die Wupper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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stemmte die Hände in die Hüften. Sie hatte in etwa
Max' Größe und war schlank. Bekleidet war sie mit Jeans
und einer weißen Bluse. Die obersten drei Knöpfe der
Bluse standen offen und gaben den Blick auf ein sommersprossiges
Dekollete frei. Weitere Sommersprossen entdeckte Max in ihrem
ovalen Gesicht. Dazu einen pfenniggroßen Leberfleck neben dem
linken Mundwinkel. Die Frau trug keinen Schmuck. Der Blick, mit dem
sie Max musterte, war pures Mißtrauen.
    »Was wollen Sie
von ihr?« fragte sie.
    »Ich muß
sie was fragen. Privat.«
    »So, so, was
fragen.« Es blitzte kurz in ihren grünen Augen.
»Sie sind doch Max Hellenrath, oder nicht? Der
Rocksänger unter Mordverdacht?«
    Max blickte sich um
und fragte laut in den Raum, als sei dort Publikum:
»Irgendwer, der die Zeitung noch nicht gelesen
hat?«
    Die Rothaarige nahm
die Hände aus den Hüften, stützte sich auf die
Edelstahlspüle und beugte sich vor. »Klartext, Mann.
Sind Sie ausgebrochen?«
    Max lächelte.
»Wenn ich getürmt wäre, würde ich das Haar
nicht offen tragen.«
    »Also hat man
Sie wieder laufen lassen?«
    »Auf
Kaution.«
    »Auf
Kaution!« Sie schnaubte. »Freiheit gegen Cash. Darauf
steh ich ganz besonders. Was wollen Sie von
Christine?«
    »Kann ich
vielleicht doch ein Bier haben?« fragte Max.
    Die Mundwinkel der
Rothaarigen zuckten kurz abwärts und nahmen dabei den
Leberfleck mit. »Kölsch oder Pils?«
    »Ein Alt, wenn's
das gibt.«
    Sie zapfte zwei. Max
trank seins auf ex, sie nippte nur. Nachdem er sich den Schaum vom
Mund abgewischt hatte, erzählte er ihr, was sich am Dienstag
wirklich abgespielt hatte, und was er von Sonja erfahren hatte. Sie
hörte aufmerksam zu, nahm nur ab und zu einen
Schluck.
    »Sie ermitteln
also in eigener Sache?« fragte sie um einiges freundlicher,
nachdem Max geendet hatte.
    »Irgendwer
muß sich ja um Beweise für meine Unschuld
kümmern.«
    »Der
Mordverdächtige macht sich auf, um den wahren Mörder zu
finden.« Für Bruchteile von Sekunden traten die
Lachfältchen in ihren Mundwinkeln in Aktion. »Ich dachte
immer, so was gibt es nur im
Film.«   
    »Da machen sie
es schon nicht mehr. Glaubt sowieso keiner.«
    »Noch
eins?«
    »Gerne.«
    Diesmal trank Max
langsamer. Die Rothaarige langte in ein Fach neben der CD-Sammlung
und zog ein Päckchen Benson & Hedges heraus. Sie hielt Max
das offene Päckchen hin, er nahm an und lieferte das
Feuer.
    Sie starrte in die
Glut ihrer Zigarette, die sie zwischen Daumen und Zeigefinger
rollte. »Angenommen, ich würde Ihnen abkaufen, daß
Sie unschuldig sind: Glauben Sie wirklich, es bringt Sie weiter,
wenn Sie wissen, wo Tanja die drei Tage verbracht
hat?«
    »Irgendwo
muß ich ja anfangen.« Max wischte Beschlag von seinem
Glas. »Woher hatte sie das Geld? Woher hatte sie den Schmuck?
Vielleicht ist sie ja in eine krumme Sache hineingeraten, die ihr
schließlich das Genick gebrochen hat.«
    »Und Christine
soll Ihnen sagen, wo Tanja in den drei Tagen war?«
    »Sonja sagte,
Christine sei die beste Freundin ihrer Schwester gewesen. Ich
hoffe, daß sie etwas weiß.«
    Die Rothaarige
drückte ihre Zigarette aus und schob den Aschenbecher
näher zu Max hin. Max registrierte, daß ihre
Fingernägel grün lackiert waren.
    »Jedenfalls
hatte Tanja eine Menge Probleme«, sagte sie.
    »Wissen Sie
Genaueres?«
    Sie griff nach einem
Schwamm und wischte über die Spüle. »Ich kannte
Tanja ziemlich gut. Sie und Christine waren oft hier. Tanja wirkte
schon länger bedrückt. Still war sie ja immer, aber
zuletzt machte sie einen regelrecht depressiven Eindruck. Ich hab
sie ein paar Mal gefragt, was los ist, aber sie wollte nicht
darüber reden, hat nur ausweichend
geantwortet.«
    »Haben Sie eine
Vermutung?«
    Sie zuckte die
Achseln. »In erster Linie wohl familiäre Probleme. Zu
Hause gab's oft Zoff. Vor allem mit dem Stiefvater. Der Alte
muß ein Tyrann sein.«
    »Hans Werner ist
der Stiefvater, nicht der Vater?«
    »Wußten
Sie das nicht?«
    »Nein.
Erzählen Sie weiter.«
    »Außerdem
hat sich Tanja in Burscheid nicht wohlgefühlt. Sie hat dort
keinen Anschluß gefunden, bis auf ihren Freund. Aber die
Beziehung hat nicht lange gehalten. Jedenfalls war sie jede freie
Minute in Remscheid.« Der Schwamm wurde ausgedrückt und
landete im Becken. »Dafür hatte sie große Rosinen
im Kopf. Wollte unbedingt nach Kalifornien auswandern und
träumte von einer Karriere als Fotomodell oder
Schauspielerin.« Ihre Miene wurde düster. »Seit
ich erfahren habe, was mit Tanja passiert

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