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Ueber die Wupper

Ueber die Wupper

Titel: Ueber die Wupper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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Werkzeugstadt.
    Die
Bismarkstraße rauf und an der stilisierten Markthalle nach
links. Das mußte die Blumenstraße sein. Irgendwo da lag
auch das San-Du, wo er zum ersten Mal chinesisch gegessen hatte.
Hühnerfleisch süß-sauer. Eine Erinnerung, die
seinen Magen knurren ließ.
    Max konnte sich nicht
mehr an den Namen des Frisiersalons erinnern. Und natürlich
gab es prompt zwei, die sich auch noch gegenüberlagen. Vom
Hoff und Klammann. Eene, meene Muh, und aus bist du. Der Rechte
blieb im Spiel. Klammann, der Name kam Max auch plötzlich
wieder bekannt vor. Echthaarverlängerung und Verdichtung. Das
mußte er Arno sagen. Max parkte auf dem Bürgersteig und
ging rein.
    Die Frau hinter dem
flachen Empfangstresen war ein Fall für die Weight-Watchers
und sah gestreßt aus, obwohl alle Stühle unbesetzt
waren.
    »Sind Sie
angemeldet?« fragte sie.
    »Nein«,
sagte Max.
    »Dann haben Sie
Pech«, sagte sie triumphierend. »Für zwischendurch
ist nichts mehr frei.«
    »Macht
nichts«, sagte Max. »Ich suche bloß Christine
Müller. Sie arbeitet doch hier, oder?«
    »Tut sie.«
Die aufgemalten Brauen der Dicken rutschten noch weiter in Richtung
Haaransatz. »Wollen Sie sie privat
sprechen?«
    »Wie man es
nimmt. Was ist jetzt?«
    Die Dicke machte einen
spitzen Mund. »Fräulein Müller hat heute
frei.«
    »Na, so
was«, sagte Max. »Immer wenn am meisten los ist, sind
die Angestellten nicht da.«
    »Wie meinen
Sie?«
    »Frohes
Schaffen.«
    Bis zum Hallenbad
brauchte er gerade mal fünf Minuten. Auf der anderen
Straßenseite begannen die ungeraden achtziger Nummern. Max
rangierte die Solex sauber an die Hauswand. Bei dreiundachtzig gab
es keinen Müller. Dafür bei fünfundachtzig. Max
klingelte, aber niemand öffnete. Er wollte schon wieder
abrücken, als die Haustür aufgezogen wurde, und eine
kleine ältere Frau in einem geblümten Kittel und mit
einem Emaileimer in der Hand vor ihm stand.
    »Zu wem wollen
Sie denn, junger Mann?«
    »Zu den
Müllers«, sagte Max und gab den Weg frei.
    Die Frau trat einen
Schritt vor, ließ die Tür aber nicht los. »Die
Frau Müller ist nicht da. Die ist doch arbeiten. Im
Allee-Center.« So wie sie das sagte, gehörte das zur
Allgemeinbildung.
    »Eigentlich will
ich ja zu Christine«, sagte Max.
    »Ach, zur
Christine«, sagte die Frau und war auf einmal sehr
interessiert. »Dann sind Sie wohl der neue
Freund?«
    »Wir basteln
noch daran«, sagte Max. »Hier scheint sie nicht zu sein
und im Frisiersalon war sie auch -nicht. Haben Sie eine Ahnung, wo
sie stecken könnte?«
    Die Alte verzog den
Mund. »Wenn Sie nicht bei Klammann ist, dann hockt sie
bestimmt wieder in dieser Kneipe.«
    »Welche
Kneipe?«
    »In der Alten
Bismarkstraße.«
    »Wissen Sie
auch, wie die Kneipe heißt?«
    »Nee, junger
Mann«, sagte die Alte. »Die Zeiten sind bei mir vorbei.
Ist aber ein ausländischer Name, so wie -«
    Der Rest ging im
pfeifenden Lärm eines tieffliegenden Düsenjägers
unter. Max und die Alte zogen die Köpfe zwischen die Schultern
und duckten sich unwillkürlich. Seit im Dezember '88 ein
USAF-Jet wie eine Bombe in ein Remscheider Wohngebiet eingeschlagen
war, war man hier dünnhäutig, wenn so ein Teil über
die Stadt fegte. Sound of freedom hin oder her.
    Also zurück zum
Markt. Diesmal dauerte es zehn Minuten, weil es bergauf ging und
Pedaletreten angesagt war. Da, wo früher mal das Antitum gewesen war, gab
es jetzt Parkmöglichkeiten. Aber der alte Saxo-Club, in dem
Max Ende der Siebziger ein paar Mal gezecht hatte, existierte noch,
allerdings unter anderem Namen. Max tippte mal auf Brick-House,
soweit er das Schild unter dem Efeugestrüpp entziffern
konnte.
    Die Fenster standen
auf Kippe, und melodiöse Klänge wehten heraus. Foolish
You von Kate und Anna McGarrigle. Max zog am Knauf der
Flügeltür. Netterweise war nicht abgesperrt.
    Das Nachmittagslicht
bekam Hilfestellung von zwei Halogenspots über der Theke. Der
Ventilator dazwischen lag lahm. Unter dem Ventilator stand eine
Rothaarige mit Pferdeschwanz und spülte Gläser. Max
schätzte sie auf Ende Zwanzig.
    Sie blickte nur kurz
auf. »Wir haben noch geschlossen.«
    »Kein
Problem«, sagte Max und trat an die Theke. »Ich suche
nur jemand.«
    »Wenn Sie mich
nicht suchen, sind Sie umsonst gekommen.«
    »Sieht so
aus«, sagte Max. »Aber vielleicht können Sie mir
sagen, wo ich Christine Müller finden kann. Sie soll hier
Stammgast sein.«
    Die Rothaarige stellte
das Glas zur Seite, warf das Abtrockentuch über die Schulter
und

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