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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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suchten, in denen man zuletzt einem Mordopfer eine Hand abgehackt hatte, in Stockholm nämlich. Wie gewohnt hatten sie sich zunächst der einfachsten Lösung zugewandt. Und wie schon so oft, wenn auch nicht immer, hatte sich das als richtig erwiesen.
    Als die Identifikation geklärt war, gab es keinerlei Grund mehr für die Gruppe der Reichsmordkommission, noch in Falköping zu bleiben. Der Rest der Arbeit sollte ohnehin zu Hause erledigt werden.
    Willy Svensén war kein Freund von Abendzeitungen, da er der Berufsgruppe angehörte, die mehr als jede andere mitansehen mußte, wie ihre Erkenntnisse verwässert wurden; er ging leichtfertigerweise davon aus, daß es dann auch bei allen anderen Dingen so war, von denen er nicht sehr viel wissen konnte. Doch diesmal waren die Aushänge auch für ihn unwiderstehlich. HAMILTON NENNT REICHSPOLIZEICHEF IDIOT hieß es auf dem Aushang von Aftonbladet . HAMILTON LÄSST TERRORISTEN FREI hieß es bei Expressen .
    Er las die Zeitungen im Taxi auf dem Weg zum Kungsholmen. Die Schlußfolgerung war sehr einfach. Wenn dieser Hamilton auch nur die Hälfte dessen gesagt hatte, was er jetzt behauptet haben sollte, würden schon bald einer oder mehrere Köpfe rollen. Die erste und einfachste Schlußfolgerung war, daß Hamilton recht hatte. Daß irgendeine kurdische Bande mit Sitz in Västerhaninge hinter den »Serienmorden« stecken sollte, war in der Tat nicht sonderlich wahrscheinlich. Und genau das war es aber, was der Reichspolizeichef und diese ehemalige Säpo-Figur vom Gewaltdezernat in Stockholm sich in den Kopf gesetzt hatten. Oben bei der Reichsmordkommission wußte man, daß das ganz einfach nicht stimmen konnte.
    Die zweite und bedeutend weniger wahrscheinliche Erklärung war, daß Hamilton verrückt geworden war. Soviel Willy Svensén wußte, war der Reichspolizeichef ein ranghöherer Beamter als der Säpo-Chef, und kein Chef mag es, von einem seiner Untergebenen als Idiot bezeichnet zu werden.
    Als Willy Svensén in seinem Dienstzimmer war, fand er dort einen Zettel Rune Janssons vor, auf dem es hieß, sie erwarteten ihn unten im Zimmer des Reichskripochefs. Er solle so bald wie möglich nachkommen. Er brauchte also nur die kleine Reisetasche abzustellen und loszugehen.
    Im Zimmer von Gösta Almblad, dem Chef der Reichskripo, ging es hoch her. Rune Jansson war dort, aber auch vier oder fünf Mann der Reichskripo, die Willy Svensén mehr oder weniger gut kannte oder wiedererkannte. So ist es eben, wenn man seit ein paar Jahrzehnten Polizeibeamter ist.
    Man wies ihm einen Stuhl an, worauf er sich hinsetzte. Er begrüßte seine Kollegen mit einem kurzen Kopfnicken. Doch dann dauerte es eine Weile, bevor ihm aufging, worum es bei dieser Besprechung eigentlich ging, denn alle redeten durcheinander und schienen mehr als üblich wütend zu sein. Plötzlich gelang es Gösta Almblad, alle zum Schweigen zu bringen, indem er ganz einfach losbrüllte.
    »Ich weiß , daß es so ist! Unsere Regierungsform bietet wirklich diese Möglichkeit. Ich kann euch die Paragraphen aufschlagen, wenn ihr wollt.«
    Da wurde es still im Raum.
    »Verzeihung, ich komme gerade vom Bahnhof. Habt ihr was dagegen, mich darüber aufzuklären, worum es geht?« fragte Willy Svensén in das dumpfe Schweigen hinein. Er suchte den Blick von Rune Jansson, erhielt aber nur ein unergründliches Kopfschütteln zur Antwort. Es schien zu bedeuten, daß etwas sehr Ungewöhnliches und schwer Begreifliches geschehen war.
    »Es geht um folgendes«, sagte Gösta Almblad und atmete dabei demonstrativ aus, während er scheinbar bittend die Handflächen hochhielt, um nicht sofort unterbrochen zu werden.
    »Die Säpo hat Jan Köges gesamte Kurden-Ermittlung übernommen. Als erstes haben sie alle diese Kurden auf freien Fuß gesetzt und dafür gesorgt, daß sie in Streifenwagen nach Hause gefahren wurden. Zweitens haben sie die Mordermittlung im Fall dieser Buchcafé-Geschichte uns übertragen. Das heißt deinem Dezernat.«
    »Kann die Säpo das wirklich tun?« fragte Willy Svensén zweifelnd. Er sah sich unter Kollegen um, die ihm ein sehr schiefes Grinsen schenkten.
    »Ja, das kann sie!« sagte Gösta Almblad beinahe desperat.
    »Genau das habe ich bisher ja zu erklären versucht. Du ahnst nicht, was ein Säpo-Chef tun kann, wenn er will. Ihr dürft nicht vergessen, daß ich auch mal dort gearbeitet habe.«
    »Dann dürften sie beim Gewaltdezernat in Stockholm aber nicht sehr froh sein?« überlegte Willy Svensén laut. Diese

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