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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Bemerkung wurde mit einem spontanen rohen Gelächter quittiert, das ihn schnell erkennen ließ, daß er mit seiner Vermutung recht hatte.
    »Ich meine, in welcher Form haben wir diese Ermittlung übernommen?« fuhr er verwirrt fort. Er hatte noch nie etwas Vergleichbares erlebt.
    »In Form schwarzer Plastiksäcke, zwanzig Stück, die in meinem Zimmer stehen«, sagte Rune Jansson mit ironisch gesenktem Kopf, was die Kollegen dazu brachte, zumindest andeutungsweise zu lächeln.
    »Die Säpo hat beim Gewaltdezernat in Stockholm zugeschlagen und den Leuten dort jeden einzelnen Aktenordner weggenommen und das Ganze da oben bei euch abgekippt«, verdeutlichte Gösta Almblad. »Aber als wäre das noch nicht genug, hat der Säpo-Chef bei dem Kollegen Rune hier noch geheimes Ermittlungsmaterial abgekippt, und Rune beruft sich uns anderen gegenüber auf seine Schweigepflicht. Na ja, nicht gegenüber euch oben beim Dezernat, aber gegen uns andere hier im Zimmer.«
    »Ist das nach Gesetz und Recht wirklich möglich?« wollte Willy Svensén wissen. Er fing an, sich intensiv zu wünschen, ein wenig früher zu dieser Diskussion erschienen zu sein.
    »Ja, das ist es!« brüllte Gösta Almblad ihn an. Und hielt dann sofort die Hand hoch, um sich für seinen impulsiven Ausbruch zu entschuldigen. »In der Sache bedeutet es folgendes: Ihr da oben beim Dezernat habt zunächst einmal eine Masse von Beschlagnahmebeschlüssen aufzuheben. Na ja, ihr könnt sie nicht einmal aufheben, das kann nur ein Staatsanwalt. Ihr müßt etliche Dinge zurückgeben . Das dürfte ein angemessener Ausdruck sein. Dabei soll es um alles mögliche gehen, angefangen bei Toastern bis hin zu Märchenbüchern für kleine Kinder mit kurdischen Flaggen darauf. Wenn das erledigt ist, können wir nur hoffen, daß nach der großen Razzia noch irgendeine Form von Substanz übrigbleibt. Und dann könnt ihr versuchen, etwas daraus zu machen. Wohlgemerkt ihr . Wir anderen sind nicht mit dieser Aufgabe betraut.«
    »Ist das nicht äußerst merkwürdig?« fragte Willy Svensén. Ihm ging zu spät auf, wie albern und komisch diese Frage in diesem Zusammenhang war. Die Kollegen lachten jedenfalls so laut los, daß es die gespannte Stimmung im Raum ein wenig löste.
    »Ja, das kann man schon sagen«, bestätigte Gösta Almblad übertrieben amüsiert. »Wie ist es übrigens in Falköping gelaufen?«
    »Wir haben das Opfer identifiziert. Ich glaube, wir werden den Täter bald festnehmen können«, sagte Willy Svensén und gab Rune Jansson mit dem Kopf ein Zeichen, daß es Zeit war zu gehen.
    Sie erreichten Rune Janssons Zimmer und gingen hinein. Dort standen tatsächlich schwarze Plastiksäcke, die in einer Ecke vom Fußboden bis zur Decke reichten. Auf Rune Janssons Schreibtisch lag ein meterhoher Stapel von Aktenordnern.
    »Was ist bloß passiert?« fragte Willy Svensén mit einem langen Seufzer, als sie sein Zimmer betreten und sich gesetzt hatten. »Ich habe mehrere Stunden im Zug gesessen und bin noch nicht ganz auf dem laufenden, wie du verstehst.«
    »Tja«, erwiderte Rune Jansson zögernd, aber auch mit einem amüsierten Glitzern in den Augen. »Wie du selbst schon bemerkt hast… ja, es ist ein wenig anders als bei allem, was wir gewohnt sind. Der juristischen Dinge bin ich mir nicht ganz sicher, aber in der Sache hat die Säpo tatsächlich zugeschlagen. Man kann es kaum anders nennen. Sie haben beim Gewaltdezernat in Stockholm eine Razzia gemacht und ihnen ihre gesamten Ermittlungsunterlagen geklaut. Den Leuten vom Gewaltdezernat ist jetzt verboten worden, sich weiter mit der Angelegenheit zu beschäftigen. Und wie du gehört hast, ist das in gesetzlicher Hinsicht völlig in Ordnung. Das praktische Ergebnis hast du ja in meinem Zimmer gesehen.«
    »Aber der Reichspolizeichef?« wandte Willy Svensén unschlüssig ein. »Der ist doch ranghöher als der Säpo-Chef?«
    »Das habe ich auch geglaubt«, bemerkte Rune Jansson lakonisch. »So verhält es sich aber offenbar ganz und gar nicht. Der Säpo-Chef kann ihn als Idioten bezeichnen und ihm sogar die Hosen runterziehen, wenn ich das hier richtig verstanden habe. Ganz legal.«
    Ihre unerwünschte Mehrarbeit blockierte im Moment nicht nur Rune Janssons Zimmer, sondern vermutlich auch alles andere. Das war mehr als eine böse Vorahnung. Man brauchte nur einen Blick auf diesen Berg schwarzer Plastiksäcke zu werfen, um das zu begreifen.
    Als sie in den Beschlagnahmeprotokollen zu blättern begannen, sahen sie es auch schwarz auf

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