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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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eingefangen. Hier hat man nur auf übliche Weise Kurden gejagt, und ich möchte betonen, daß die Säpo wirklich nichts damit zu tun hat.«
    »Wenn die Säpo an den Massenfestnahmen von Kurden nicht beteiligt gewesen ist, haben diese dann eine gesetzliche Stütze?« fragte Erik Ponti instinktiv.
    »Es fällt mir sehr schwer, das zu glauben«, erwiderte Carl langsam und mit Nachdruck. »Hingegen kann ich mir vorstellen, daß der Justizombudsmann viel zu tun bekommt, wenn dieses ganze Durcheinander entwirrt wird und die Festgenommenen entlassen werden müssen.«
    »Du bist dir der Tatsache bewußt, daß dieses Interview auf Band aufgenommen wird?« fragte Erik Ponti. Er verfluchte sich im selben Augenblick, in dem ihm die Frage über die Lippen gekommen war.
    »Ja, natürlich«, erwiderte Carl leicht verwirrt. »Hast du noch weitere Fragen?«
    »Nein, ich glaube, das hier genügt schon.«
    »Ausgezeichnet. Kannst du dann bitte das Tonbandgerät abstellen, ich muß gleich weiter«, sagte Carl in einem plötzlich leicht gehetzten Tonfall.
    Als Erik Ponti aus dem Regieraum zurückkam und zum Hörer griff, ging ihm auf, daß ihm vielleicht noch mehr Fragen hätten einfallen müssen. Doch jetzt war es zu spät. Er fürchtete sich schon davor, so etwas wie off the record zu hören, wenn er jetzt noch eine solche Frage nachschob.
    »Also, ich habe noch eine private Frage«, sagte Carl, als Erik Ponti das Telefon aufnahm, auf das er das Gespräch gelegt hatte. »Es ist unnötig, das aufzuzeichnen… ich wollte nur fragen, ob du Lust hast, am Sonnabend zum Essen zu mir rauszukommen. Es gibt gutes Essen, guten Wein, du kannst übernachten, und bring gern deine Frau mit.«
    »Ich weiß nicht… ob das sehr passend wäre…«, begann Erik Ponti verblüfft. »Besten Dank für die Einladung«, fügte er dann hastig hinzu, »aber ich weiß wie gesagt nicht, ob das sehr passend wäre.«
    »Inwiefern denn nicht?« fragte Carl erstaunt. »Ich könnte verstehen, wenn du meinst, es könnte langweilig werden. Aber passend ?«
    »Ich habe einen Grundsatz, den ich mit einigem Erfolg anwende, es sei denn bei dir, nämlich mich nicht mit Machthabern zu verbrüdern«, sagte Erik Ponti mit trotziger Entschlossenheit. »Man trinkt am Abend keinen 82er Cheval Blanc, um dann am nächsten Morgen harte Interviewfragen zu stellen.«
    »Ich hatte eher an einen 85er La Tâche gedacht. Schade, wir haben schließlich auch dieses Interesse gemeinsam«, sagte Carl. Er schien das Gespräch damit beenden zu wollen.
    »Warum willst du mich treffen?« fragte Erik Ponti schnell.
    »Doch nicht nur, um mit mir über Wein zu sprechen, nehme ich an?«
    »Doch, vielleicht nur deshalb«, erwiderte Carl. »Ich führe ein recht einsames Leben, wie du vielleicht verstehst. Aber mein neuer Job berührt einige unserer gemeinsamen Interessen, die bedeutend wichtiger sind als Cheval Blanc. Außerdem bist auch du ein Machthaber. Sonnabend 19.00 Uhr. Bring eine Zahnbürste mit und ruf meine Sekretärin an. Sie kann dir den Weg beschreiben«, sagte Carl gehetzt und legte plötzlich auf.
    Ein Opfer widerstreitender Gefühle , dachte Erik Ponti. Das war einer seiner Lieblingsausdrücke. Einerseits empfand er aufrichtigen Widerwillen dagegen, sich mit den Machthabern des Landes hinzusetzen und zu saufen, was die politischen Reporter ständig taten. Es war unmöglich, mit einem Justizminister an einem Abend zu trinken, nun ja, kaum einen Cheval Blanc, und ihn dann am nächsten Tag der Steuerhinterziehung zu bezichtigen.
    Andererseits war es fast ein journalistisches Dienstvergehen, nicht sofort zuzugreifen, wenn der am schwersten zugängliche Machthaber des Landes zu einem privaten Gespräch einlud.
    Willy Svensén war in Falköping gewesen. Man hatte in einer Kiesgrube dort unten einen ermordeten einundzwanzigjährigen jungen Mann gefunden. Der oder die Täter hatten ihm die Hände abgeschnitten. Es war unklar, aus welchen Gründen, möglicherweise aber, um die Identifizierung der Leiche zu erschweren. Vielleicht aber auch, um ein ähnliches Verbrechen in Stockholm nachzuahmen, das drei Monate zuvor verübt worden war. Die Polizei von Falköping hatte beschlossen, die Mordkommission der Reichskripo schon am ersten Tag um Amtshilfe zu bitten. Die Stockholmer Kollegen waren mit ein paar Mann hinuntergefahren, hatten vierundzwanzig Stunden gearbeitet und konnten danach sehr schnell feststellen, um wen es sich bei dem Toten handelte. Unter anderem weil sie gerade in den Kreisen

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