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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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durchaus dein Recht ist, kannst du auch während eines ganzen Haftprüfungstermins schweigen, sogar während eines ganzen Prozesses. Aber so wie die Dinge jetzt liegen, wirst du wohl wegen Mordes verurteilt und bekommst lebenslänglich. Du kannst deine Lage also kaum verschlechtern, indem du uns erzählst, was passiert ist.«
    Es klopfte an der Tür. Einer der Wärter tauchte in der Türöffnung auf und meldete, es sei ein Rechtsanwalt Renstierna gekommen. Dieser bedaure, sich verspätet zu haben.
    Sie ließen Johan Ludwig Runestrand im Vernehmungszimmer mit seinem Anwalt allein, gingen hinaus und holten sich Kaffee. Es gab nicht viel zu sagen. Sie wußten im Augenblick nicht mehr als zu Beginn des Verhörs. Daß gegen den Mörder ein Haftbefehl erlassen würde, war jetzt womöglich noch sicherer als zuvor. Doch das war nicht die Frage. Jetzt wäre es interessant zu sehen, ob er sich selbst mit irgendeinem anderen Verbrechen in der Serie ermordeter Einwanderer in Verbindung bringen würde. Unter den beschlagnahmten Dingen aus seiner Wohnung befanden sich auch zahlreiche Papiere, die noch nicht durchgesehen worden waren, unter anderem einige Flugtickets und eine unbezahlte Rechnung von Statoil. Seine Tankstellenkreditkarte würde unerbittlich zeigen, wo er an bestimmten Tagen gewesen war. Doch all das hatte Zeit bis später. Zunächst ging es darum, ihn wegen des Doppelmords vor dem kurdischen Buchcafé festzunageln. Dann galt es, ihn zu einem Geständnis zu bringen. Erst danach wollten sie ihn zu weiteren Geständnissen drängen. Im Augenblick saßen sie nur mit ihren Plastikbechern voll Kaffee da und konnten nichts weiter tun als warten. Sie waren dem Rechtsanwalt Renstierna noch nie begegnet und konnten nicht einmal vermuten, was zwischen dem Anwalt und seinem Klienten besprochen wurde.
    Eine halbe Stunde später erfuhren sie es. Es überraschte sie in mehr als nur einer Hinsicht. Der Anwalt hatte gesagt, er wolle mit seinem Mandanten »eine Zeitlang Vernehmung üben«, um zu sehen, wie es gehe. Danach werde sich die Haltung seines Mandanten vielleicht ändern. Sie hielten das für ein sehr eigenartiges Vorgehen.
    Anna Wikström und Roger Jansson nahmen das Verhör natürlich gleich wieder auf.
    »Also, wir waren bis zu der Frage des Revolvers gekommen, der in deiner Wohnung beschlagnahmt wurde«, begann Anna Wikström. »Gehört er dir?«
    »Kein Kommentar«, erwiderte Johan Ludwig Runestrand schnell.
    »Ach nein«, sagte Anna Wikström und machte ein müdes Gesicht. »Weißt du, wem dieser Revolver gehört? Hast du ihn vielleicht von irgendeinem Unbekannten bekommen?«
    »Kein Kommentar.«
    »Wie steht es mit der Munition, die wir in deiner Wohnung gefunden haben? Gehört sie dir?«
    »Kein Kommentar.«
    »Aha. Und die Kapuze mit den Sehschlitzen und die Kleider, die bei dem Doppelmord vor dem kurdischen Buchcafé in Stockholm getragen wurden, gehören diese Dinge dir?«
    »Kein Kommentar.«
    »Aha. Und was ist mit dem Wagen, der kurz vor dem Mord gestohlen und als Fluchtwagen benutzt wurde? Hast du in dem gesessen?«
    »Kein Kommentar.«
    »Dann sind es also nur die bei dir beschlagnahmten Kleidungsstücke, die im Wagen gesessen haben, du selbst aber nicht?«
    »Kein Kommentar.«
    »Entschuldigung«, meldete sich der Anwalt. »Kann ich mit meinem Mandanten unter vier Augen sprechen?«
    Als Anna Wikström und Roger Jansson das Vernehmungszimmer verließen, waren sie ziemlich überzeugt, nicht besonders lange warten zu müssen.
    Sie gingen ebenfalls davon aus, daß schon recht bald mit einem Geständnis zu rechnen sei. Sie meinten, daß der Anwalt es seinem Mandanten im Augenblick erkläre. Daß er versuche ihm auseinanderzusetzen, wie wenig er mit seiner Weigerung, sich zu äußern, zu gewinnen habe.
    Insofern hatten sie richtig geraten. Anna Wikström hatte die Beweiskraft der bisherigen Ermittlungsergebnisse zwar ein wenig übertrieben, als sie angedeutet hatte, es lasse sich schon jetzt feststellen, daß die Kleider des Mörders sich im Fluchtwagen befunden hätten. Sie waren jedoch davon überzeugt, daß es sich so verhielt und überdies eine gute Chance bestand, das später festzustellen. Und der Rechtsanwalt, der auf den ersten Blick nicht den Eindruck eines besonders hellen Kopfs gemacht hatte, konnte ohnehin nicht beurteilen, was tatsächlich bewiesen und was bloße Vermutung war. Ihm mußte jedenfalls klargeworden sein, daß es der richtige Mann war, der da drinnen saß.
    In einem überraschenden Punkt

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