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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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viele solche Typen im Land zu haben, von ihrer Einstellung gegenüber Frauen ganz zu schweigen.«
    Anna Wikström nahm jetzt die Gelegenheit wahr, den immer beredsameren Johan Ludwig Runestrand zu unterbrechen. Sie brachte das Gespräch auf bestimmte andere, vergleichbare Morde.
    Johan Ludwig Runestrand versicherte jedoch, der Einfall mit dem Buchcafé sei ihm erst gekommen, nachdem er im Fernsehen gesehen habe, daß es einen neuen Lasermann gebe oder zumindest einen neuen Täter, der nicht dauernd danebenschieße, wenn er Einwanderer töten wolle. Damit habe er sich berufen gefühlt und sich ein Laserzielgerät gekauft. Er habe es auf dem früheren Landgut der Familie ausprobiert und dann auf gut Glück gehandelt. Ihm habe vorgeschwebt, daß Schwedens Wirtschaft wieder angekurbelt werden könne, wenn mehr Leute so zu denken anfingen wie er.
    Dieses kurdische Buchcafé sei die einzig sichere Stelle gewesen, die er gekannt habe. Folglich sei er dorthin gegangen und habe ein paar dieser Leute umgenietet, ohne eine Ahnung zu haben, wer sie gewesen seien. Doch das spiele ja auch gar keine Rolle. Jedenfalls gebe es davon jetzt zwei weniger.
    Fast mit Bedauern erklärte er, für eine andere, vergleichbare Tat nicht verantwortlich zu sein. Wenn die Polizei ihn nicht gefunden hätte, hätte er möglicherweise weitergemacht, solange die Munition gereicht hätte. Wenn man keinen Waffenschein habe, sei es nämlich schwierig, sich für diese Waffe neue Munition zu besorgen.
    Die beiden Vernehmer probierten es vorsichtig mit einigen Daten, die zu anderen Morden paßten, doch Johan Ludwig Runestrand hatte als Gegenbeweis aus dem Stegreif nicht viel zu bieten. Außer in einem Punkt. Genau zu der Zeit, zu der der iranische Säpo-Informant in Linköping erschossen worden war, hatte sich Johan Ludwig Runestrand nachweislich in Malmö befunden. Er hatte nämlich der Beerdigung seines Onkels beigewohnt.
    Etwa zu diesem Zeitpunkt griff der Rechtsanwalt Renstierna in das Verhör ein und wies daraufhin, daß er nicht irgendein xbeliebiger Anwalt sei. Er habe nämlich viele Jahre lang die Geschäfte der Familie Runestrand geführt, während einer kurzen, intensiven Zeit sogar die Geschäfte von Johan Ludwig persönlich, und aus diesem Grund sei er bei der Beerdigung in Malmö selbst anwesend gewesen. Ferner könne es zur Erhärtung von Johan Ludwigs geistiger Verwirrung ja kaum schädlich sein, wenn noch mehr Einwanderer umgebracht worden seien. Das würde eher die medizinische Beweisführung stärken. Leider könne man sich aber nicht zu mehr Tötungen bekennen als zu den beiden, die sich vor dem sogenannten kurdischen Buchcafé ereignet hätten.
    Nach diesen Worten brachen die Kriminalinspektoren das Verhör ab. Sie sorgten dafür, daß der Mörder in seine Arrestzelle gebracht wurde. Sein übergeschnappter Wirtschaftsjurist wurde hinausgeleitet, obwohl beide überlegten, daß es nicht unangemessen wäre, Mandant und Anwalt an ein und demselben Ort einzusperren.
    »Wirtschaftsjurist, das erklärt alles«, seufzte Anna Wikström, als sie allein in Roger Janssons Zimmer saßen. »Ich dachte schon, ich spinne, als dieser Lackaffe von Anwalt plötzlich von einem ärztlichen Attest und geistiger Verwirrung zu faseln anfing, die… wie hieß das früher noch?«
    »Die von so ernster Beschaffenheit sei, daß sie einer Geisteskrankheit gleichzusetzen sei«, ergänzte Roger Jansson. »Vor zehn Jahre hätte es der Scheißkerl wohl damit probiert. Die Familie hätte zwei Rotary-Brüder mobilisiert, die auf medizinische Ehre und geschäftliches Gewissen je ein Attest unterschrieben hätten. Dann hätte er drei Monate in irgendeiner Klapse abgesessen.«
    »Der Staranwalt Renstierna ist also sozusagen nicht mehr auf der Höhe der Zeit«, bemerkte Anna Wikström.
    »Nein«, sagte Roger Jansson mit einem Lächeln. »Ich möchte den Gerichtshof sehen, der diesen Scheißkerl nicht zu lebenslänglich verurteilt. Wenigstens hat er bei der Vernehmung akzeptable Mordmotive genannt.«
    Sie spürten jedoch keinerlei Begeisterung. Es war zwar ein interessantes Erlebnis gewesen, einen Wirtschaftsjuristen Strafverteidiger spielen zu sehen. Doch abgesehen vom Unterhaltungswert dieser Vernehmung änderte sich in der Sache nichts. Daß Johan Ludwig Runestrand der Doppelmord in Stockholm nachzuweisen war, hatten sie schon vor Beginn des Verhörs gewußt. Daß er gestehen würde, hatten sie zwar vermutet, sich jedoch nicht vorstellen können, auf welche Weise er

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