Über jeden Verdacht erhaben
wichtige Aufgabe, nämlich um Punkt 14.00 Uhr beim Säpo-Chef zu sein und diesem ein Mikro unter die Nase zu halten. Objektiv gesehen war das die wichtigste Aufgabe des Tages. Da gab es nichts zu diskutieren. Alle eventuellen Probleme mit dem kurdischen Neujahrsfest in Istanbul und einem offenbar wichtigen Fußball-Länderspiel konnte er sehr wohl liegenlassen, um statt dessen mit einem Wagen nach Kungsholmen zu fahren und eine Arbeit zu erledigen, die praktisch genauso kinderleicht war. Jeder junge Urlaubsvertreter hätte das tun können. Andererseits war es eine Prestigeangelegenheit, aus der leicht ein großer Knaller werden konnte.
Erst jetzt ging Erik Ponti auf, daß Carl seit seiner Ernennung zum Chef der Säpo noch keinmal im Fernsehen aufgetreten war. Es war auch wenig wahrscheinlich, daß Carl um vierzehn Uhr eine Schlange von Journalisten erwartete. Dann wäre es für ihn einfacher gewesen, eine Pressekonferenz einzuberufen.
Es war also durchaus möglich, daß er auch diesmal wieder genauso handelte, wie er es schon früher bei anderen Gelegenheiten gemacht hatte, daß er nämlich ausschließlich mit dem Echo des Tages sprach, um dann alle anderen Medien aus diesem Interview zitieren zu lassen.
Drei wegen Spionage festgenommene Schweden, Exklusivgespräch mit dem Säpo-Chef – das war ein Knaller.
Im selben Moment, in dem ihm diese Erkenntnis aufging, wurde ihm auch klar, wie er das Problem handhaben würde. Der neue Chef beim Echo des Tages war zufällig verreist. Soweit Erik Ponti wußte, besuchte er irgendeine ungeheuer wichtige Konferenz für Führungskräfte in Brüssel. Vom Intendanten war kein Laut zu hören gewesen, der hätte andeuten können, wie der Machtkampf beim Echo des Tages enden würde; jedenfalls war Erik Ponti bis jetzt noch nicht zum Rektor zitiert worden.
Die Chefin des Allgemeinen Ressorts hatte klar gezeigt, daß sie auf Erik Pontis Seite stand. Was ihre Zusicherung wirklich wert war, würde sich noch herausstellen, wenn der Wind heftiger wehte. Er selbst war in der Frage seiner Entlassung schließlich befangen. Die wichtigste Stimme beim Echo des Tages war folglich die von Thomas Hempel, dem Leiter des Inlandsressorts.
Es gab also eine sehr einfache Lösung des Problems, ein echtes Ei des Kolumbus.
Er wußte schon, daß die aufregendste Inlandsnachricht an diesem Tag neben der Ergreifung dreier schwedischer Spione die Tatsache war, daß die Linkspartei eine Koalitionsregierung aus Linkspartei, Sozis und Zentrum vorgeschlagen hatte. Möglicherweise würde man sich für die wichtigeren Sendungen auch der Frage widmen müssen, ob die Polizei das Recht hatte, nach Belieben eine verwirrte alte Dame auf der Insel Möja zu erschießen; die Polizei hatte unglücklicherweise einige Spezialisten der sogenannten Terrorbekämpfungsgruppe eingesetzt, und diese hatten schnell eine Dame getötet, die in ein Pflegeheim gebracht werden sollte. Mit einem zielgenauen Schuß in den Kopf wie es schien.
An einem Tag, an dem nichts Besonderes passierte, wäre das eine lustige politische Arabeske gewesen, über die sich manche Bürger aufregen würden. Und das andere, die endgültige Pflegelösung auf Möja, würde natürlich einen Sturm der Entrüstung auslösen.
Doch dies war kein gewöhnlicher Tag, denn er würde ebenso wie die kommenden vierundzwanzig Stunden derartig von der Spionagesache beherrscht werden, daß selbst das kurdische Neujahrsfest und sogar das wichtige Fußballänderspiel weit unten auf der Dringlichkeitsskala landen würden.
Also. Es gab eine einfache Lösung sämtlicher Probleme.
Er erwischte Thomas Hempel vor dessen Zimmer und hätte dem Kollegen normalerweise sofort angesehen, daß er lieber eine andere Gelegenheit für ein Gespräch abwarten sollte, denn der Kollege sah ganz und gar nicht froh aus.
»Hallo«, sagte er so ungezwungen, wie es ihm nur möglich war, »da gibt’s etwas, worüber ich mit dir sprechen muß.«
»Ich stehe im Augenblick ziemlich unter Streß«, sagte Thomas Hempel ausweichend und drehte widerwillig am Regelknopf seines Hörgeräts. »Wir wissen kein bißchen über diese Sache mit den Spionen, und…«
»Genau!« unterbrach ihn Erik Ponti fröhlich. »Genau darüber wollte ich mit dir sprechen!«
Er hatte unnötig laut gesprochen, wie er der irritierten Miene des Kollegen ansah, als sie dessen Zimmer betraten.
»Der Säpo-Chef bietet uns heute um vierzehn Uhr ein Exklusivinterview an. Ich wäre dir dankbar, wenn du das übernehmen
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