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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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bemerkte Anna Wikström säuerlich.
    »Das kann man nicht sagen, finde ich«, entgegnete Rune Jansson. »Sie wissen natürlich, daß sie in der Nähe des Tatorts gewesen sind. Das betrachten sie als einen eigentümlichen Zufall, so wie es die normale Polizei von Umeå eine Zeitlang getan hat. Jetzt werden sie bald erfahren, daß einer von ihnen vielleicht der Täter ist, den wir suchen.«
    »Und es wäre doch ein bißchen zuviel anzunehmen, daß eine Art Kollegialität sie dazu bringt, einen Kollegen zu schützen, der total verrückt ist, auf jeden Fall aber ein Mörder«, ergänzte Willy Svensén den Gedankengang.
    »So stehen die Dinge also«, sagte Rune Jansson. »Die Hauptaufgabe bei der Vernehmung dieser Leute wird also darin bestehen, das Alibi von einem von ihnen zu knacken. Einer von ihnen ist nachts aus dem Haus gegangen, und die anderen erfahren erst jetzt, weshalb das interessant sein könnte.«
    »Ist das nicht ein bißchen weit hergeholt?« wandte Anna Wikström ein. »Solche Leute sehen ihre Aufgabe doch meist recht seriös, wenn ich es vorsichtig ausdrücken soll. Es kommt mir nicht sehr wahrscheinlich vor, daß einer von ihnen sich nachts sozusagen mit dem Wissen der anderen französisch verabschiedet haben soll.«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Willy Svensén mit einem Lächeln, das er zu unterdrücken versuchte. »Wenn einer von ihnen aber nur kurz rausgegangen ist, um ein bißchen frische Luft zu schnappen? So einfach könnte es sein. Außerdem brauchte er nicht einmal besonders lange wegzubleiben. Vielleicht wollte jemand einen Wachtposten aufsuchen oder eine fehlerhafte Sprechfunkverbindung prüfen? Es braucht ja keine abenteuerliche Erklärung für die Abwesenheit eines dieser Leute zu geben. Irgendeine Kleinigkeit genügt, etwas, dem die anderen keinerlei Bedeutung beimaßen.«
    »Wir müssen tatsächlich davon ausgehen, daß einer von ihnen das Wohnheim verlassen hat und daß einer von ihnen unser Mann ist«, ergänzte Rune Jansson. »Denn in diesem Teil Skandinaviens waren sie vermutlich die einzigen, die überhaupt fähig waren, ein solches Verbrechen zu verüben. Außerdem befanden sie sich am Ort. Darüber können wir nicht einfach hinwegsehen, selbst wenn sie Polizisten sind.«
    »Alles, was du sagst, ist absolut logisch«, sagte Anna Wikström resigniert. »Du mußt aber zugeben, daß es nicht ganz leicht ist, das zu verdauen. Mein Gott, das hier ist ja die Säpo-Spur . Was passiert, wenn die Öffentlichkeit davon erfährt und die Privatfahnder über uns herfallen?«
    »Hoffentlich erfährt die Öffentlichkeit es erst dann, wenn wir in Erfahrung gebracht haben, wer von diesen Leuten nachts aus dem Haus gegangen ist«, sagte Rune Jansson knapp. »Wir petzen nicht, und diese Jungs von der Säpo dürften es auch nicht tun, aber ihr von der Vernehmungsabteilung habt jetzt wirklich ein Stück Fleisch zu beißen bekommen.«
    Die Aktion der Sicherheitspolizei kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Der Einsatz erfolgte mit mehr als fünfzig Mann zur exakt selben Uhrzeit an acht verschiedenen Stellen.
    Drei Personen wurden festgenommen, darunter ein Beamter des Außenministeriums sowie einer vom Industrieministerium.
    Gleichzeitig wurden an sieben Stellen Hausdurchsuchungen vorgenommen, an den Arbeitsplätzen der Festgenommenen, in deren Wohnungen und einigen Ferienhäusern.
    Wer der dritte Festgenommene war, blieb fast den ganzen Tag ein Rätsel. Dann zeigte sich in der kurzen Presseverlautbarung, die von der Säpo-Führung herausgegeben wurde, daß der dritte Mann bei der Säpo angestellt war.
    Alle drei waren wegen Spionageverdachts festgenommen worden, wegen Spionage oder schwerer Spionage.
    Die ersten Hinweise an die Medien kamen von den beiden betroffenen Ministerien, in denen Kollegen der soeben Festgenommenen schon zu telefonieren anfingen, als das Säpo-Personal noch im Haus war. Ein paar Minuten später war das Telefon beim Sprecher der Säpo schon blockiert. Dieser erst vor kurzem eingerichtete Vierundzwanzig-Stunden-Service ließ jedoch nichts weiter verlauten als ein knappes »Kein Kommentar, bitte warten Sie auf die Presseverlautbarung«.
    Dieses Kommuniqué, das über die Nachrichtenagentur TT verbreitet wurde, war sowohl dramatisch als auch kurz. Es wurde gegen vierzehn Uhr veröffentlicht, vier Stunden nach der Aktion.
    Darin wurde mitgeteilt, drei Personen seien vorläufig festgenommen worden. Es bestehe dringender Tatverdacht der Spionage oder der schweren Spionage. Man

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