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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nämlich allein mit der Bein und Bauchmuskulatur, ohne die Hände zu Hilfe zu nehmen. Er trat an seinen Schreibtisch, nahm Block und Kugelschreiber und kehrte dann mit ein paar langen Schritten zu Rune Jansson zurück.
    »Hier, bitte sehr!« sagte er und setzte sich wieder. »Du fragst, ich antworte.«
    »Dir ist bewußt, daß dieser Korridor, an dem ihr in Umeå schlieft, mit Alarmanlagen gesichert war?« fragte Rune Jansson und drückte die Kugelschreiberspitze mit einer entschlossenen Bewegung hervor.
    »Selbstverständlich«, bestätigte Carl. »Alle diese Auftritte vor Studenten erfolgten erst nach genauer Planung und nach Vorträgen über den Ablauf.«
    »Du wußtest, wo die Alarmanlagen angebracht waren?«
    »Aber ja, das wußten wir alle.«
    »Welcher deiner Leibwächter hätte die Alarmanlage ausschalten können?«
    »Das weiß ich nicht. Der Alarmtechniker natürlich, aber von den anderen weiß ich es nicht.«
    »Würdest du es selbst tun können?«
    »Ja, davon gehe ich aus.«
    »Weshalb gehst du davon aus?«
    »Weil ich mal Spion gewesen bin, wenn du entschuldigst. Ich habe eine umfassende technische Ausbildung.«
    »Aber du weißt nicht, ob ein anderer deiner Leibwächter in dieser Hinsicht mit der Technik zurechtkommen würde?«
    »Nein, das weiß ich nicht.«
    »Ist es wahrscheinlich?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht, aber ich weiß es nicht.«
    »Was hast du an dem Abend gemacht, nachdem ihr sozusagen nach Hause gekommen wart?«
    »Wir tranken Tee und Kaffee… wiederholten unsere Routinemaßnahmen, prüften, ob die Funkkommunikation klappte, und dann ging jeder in sein Zimmer. Ich habe ein paar Stunden gelesen und Musik gehört.«
    »Wie hast du Musik gehört?«
    »Die Nachtsendung des Zweiten Programms. Es gab ein Radio im Zimmer, und dummerweise hatte ich mir kein eigenes mit Kopfhörern mitgebracht.«
    »Wie laut war das Radio eingestellt?«
    »Nicht zu laut, hoffe ich. Ich hatte schließlich einen Nachbarn, auf den ich Rücksicht nehmen mußte.«
    »Aber das, was du hörtest, müssen ja in dem Fall über die Kopfhörer auch alle anderen gehört haben, da ihr Funkkontakt hattet?«
    »Nun ja, dann hätten sie es aus meinem Mikrophon am Handgelenk gehört, aber das habe ich aus Rücksicht unter das Kopfkissen gesteckt, um die anderen nicht zu stören.«
    »War das nicht sozusagen gegen die Vorschrift?«
    »Doch, das könnte man meinen. Aber was Jupiter erlaubt ist, ist einem Ochsen noch lange nicht erlaubt. Für mich war es ja wichtig, daß ich es hören konnte, wenn sich jemand bei mir oder einem anderen meldete. Und das hätte ich über den Kopfhörer auf jeden Fall gehört. Hätte ich etwas sagen wollen, hätte ich mein Mikro unter dem Kissen hervorgezogen und rechts um, links um, Marsch oder so etwas gebrüllt, was immer mir gerade eingefallen wäre.«
    »Aha…«, sagte Rune Jansson zögernd. Er bemühte sich, mit seinen Notizen nachzukommen. »Du hättest aber nicht gehört, wenn jemand an deinem Zimmer vorbeigeschlichen wäre, denn deins lag ja der Feuerleiter am nächsten?«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht«, erwiderte Carl nachdenklich. »Aber du weißt sicher, daß das, was man hört, etwas mit Erwartungen zu tun hat. Ich lag da und lauschte einigen Madrigalen, dann habe ich mir etwas von Palestrina angehört, dann Orgelmusik von diesem Vorläufer Bachs, Buxtehude oder wie der heißt, dann gab es John Lennon. Na ja, wie das Nachtprogramm in P 2 eben ist. Falls ich überhaupt darauf eingestellt war, daneben noch etwas zu hören, dann höchstens die heulende Alarmanlage und Feuerstöße.«
    »Du hast also nichts gehört«, stellte Rune Jansson fest.
    »Nein!« entgegnete Carl gemessen. »Und auf eins möchte ich bei diesem Verhör gern hinweisen dürfen: Wenn ich nämlich das Gefühl gehabt hätte, daß jemand da draußen in Socken an meinem Zimmer vorbeischleicht, hätte mich das sehr interessiert.«
    »Warum… in Socken?« fragte Rune Jansson, ohne den Blick von seinen Aufzeichnungen zu heben.
    »Nun ja…«, sagte Carl und breitete die Arme aus. »Wenn ich mich recht erinnere, lag da draußen so ein gewöhnlicher schwedischer Linoleumteppich, wie das früher hieß, der recht weich war. Heute ist es wohl eine Art Kunststoff. Jedenfalls ist es so, daß man auf einer solchen Unterlage geräuschlos geht, wenn man die Schuhe auszieht. Das war einfach ein selbstverständlicher Gedanke. Eins steht jedenfalls fest: Ich habe nichts Merkwürdiges gehört.«
    »Also nein!« sagte Rune

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