Über jeden Verdacht erhaben
Jansson. Er legte den Kugelschreiber auf den Tisch, faltete die beiden Notizzettel von Carls Block zusammen, stopfte sie in die Tasche und lehnte sich demonstrativ zurück. »Dann sind wir damit durch. Dann habe ich aber noch zwei neue, informelle Gesprächsthemen.«
»Aber gern«, sagte Carl, »möchtest du Kaffee?«
Bevor Rune Jansson antworten konnte, tauchte eine Sekretärin mittleren Alters in einem eleganten blauen Kostüm an der Tür auf, nachdem sie diskret angeklopft hatte. Interessanterweise wartete sie also nicht erst eine Antwort ab, bevor sie eintrat.
»Entschuldigen Sie, Herr Generaldirektor«, sagte sie mit einem Seitenblick zu Rune Jansson, der diesen vermuten ließ, daß das nicht ihre normale Anrede war, wenn sie allein waren.
»Aber jetzt findet ja gleich eine Besprechung statt…?«
»Die werden wir vielleicht absagen müssen«, sagte Carl. »Im Moment bin ich beschäftigt… in einer halben Stunde vielleicht?«
Er zeigte fragend auf Rune Jansson, der automatisch mit dem Kopf nickte.
»Entweder absagen oder in einer halben Stunde, sei so nett und kläre das bitte!« sagte Carl zu der Sekretärin, die sofort verschwand.
»Das, worüber du und ich zu sprechen haben, dürfte wichtiger sein«, sagte er zu Rune Jansson. »Genügt eine halbe Stunde? Wir können sicher etwas länger reden, wenn du es für richtig hältst.«
»Ich glaube, für heute reicht es durchaus«, erwiderte Rune Jansson.
»Gut«, sagte Carl. »Möchtest du Kaffee? Und was waren die beiden informellen Gesprächsthemen?«
»Auf den Kaffee verzichte ich gern«, sagte Rune Jansson verlegen.
»Das brauchst du aber nicht!« sagte Carl. Er stand auf und ging zu seiner Pantry. »Wie möchtest du deinen Kaffee, und wie lauten die beiden neuen Fragen?«
»Schwarz«, sagte Rune Jansson resigniert. »Oder vielleicht doch lieber mit Milch«, fügte er verlegen hinzu, als er es sich anders überlegt hatte; die Begegnungen mit Carl waren für ihn eine ständige Erinnerung daran, daß er zu dick geworden war, mehr joggen und im Keller mehr Gymnastik machen mußte.
»Die erste Frage betrifft Herrn Ali Hussein Fadlallah in Lund!« rief Carl aus seiner Pantry, während er mit Kaffeetassen und Kaffeemaschine hantierte.
»Ja! Er war also Informant der Säpo!« rief Rune Jansson zurück.
»Ja! Du hast alles in der schwarzen Mappe!« rief Carl.
»Weicht er in irgendeiner interessanten Hinsicht von den anderen ab?« rief Rune Jansson.
Carl antwortete zunächst nicht. Er kam mit Kaffeetassen, einem Milchkännchen und – als hätte er Rune Jansson vollständig durchschaut – auch mit ein paar Hörnchen und einer Zuckerschale wieder. Das alles stand auf dem gleichen englischen Tablett wie beim letzten Mal.
»Er weicht in einigen ganz bestimmten Dingen von den anderen Informanten ab. Diesmal hat es etwas mit dem Iran zu tun. Doch jetzt zu etwas Wichtigerem. Dieser Mahmoud Saadani, der in Södertälje ermordet worden ist, war eine besonders üble Figur.«
»Inwiefern?« fragte Rune Jansson ausdruckslos.
»Drogenschmuggler«, entgegnete Carl hart. »Einem früheren, und jetzt muß ich äußerst formell und sorgfältig formulieren, was ich sagen will, einem früheren und außerordentlich , wie der Ministerpräsident sagt, wenn er unter Druck steht, diffusen Vertrag mit dieser Firma zufolge hat Herr Mahmoud nach hohem bekannten Vorbild eine Art geschützten Drogenhandel aufziehen dürfen. Gegenleistung: Informationen für uns. Er importierte verschiedene orientalische Lebensmittel, Olivenöl, Gewürze und derlei. Das Ganze war Teil einer cover-up-Operation , zu der auch Drogen gehörten. Die Säpo hat viele Jahre dafür gesorgt, daß er für seine Drogentransporte freies Geleit erhielt. Das war die Gegenleistung für seine Informantentätigkeit. Nun, einige Amtsinhaber, mein Vorgänger beispielsweise, hätten es nicht so ausgedrückt. Sie hätten gesagt, das freie Geleit betreffe nur Olivenöl, eigenartige Nüsse und Touristenartikel – eine Zeitlang war er ein großer Händler in Palästinensertüchern –, Drogen aber natürlich nicht. Ob Mißverständnis oder nicht, so war es jedenfalls.«
»Die Säpo hat einen Drogenschmuggler geschützt«, sagte Rune Jansson verblüfft.
»Ja«, sagte Carl hart, »das ist die objektive Wahrheit. Was mich persönlich angeht, ist mir völlig gleichgültig, wer wen mißverstanden haben könnte. So ist es aber gewesen.«
»Dann hat sich irgendein Amtsinhaber bei der Säpo der Mittäterschaft schuldig
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