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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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vorübergehende Triumphe im Berufsleben. Ich meine, daß man die Konkurrenten überflügelt und solche Dinge. Wenn ich es dir sage, weiß ich, daß du es mir abnimmst. Oder?«
    »Ja, ich glaube dir«, seufzte Erik Ponti und warf einen mißtrauischen Seitenblick auf die Aktentasche. »Es ist wirklich zum Verzweifeln, daß du mich immer wieder in solche Situationen bringst.«
    »Du mußt entschuldigen, wenn mir nicht gleich das Herz blutet«, sagte Carl sarkastisch. »Es gibt trotz allem Fragen, die größer und wichtiger sind als deine berufliche Integrität.«
    »Na schön«, sagte Erik Ponti resigniert. »Ich behalte das Material. Es ist eine Versicherung. Du wirst dafür sorgen, daß der Inhalt bekannt wird. Solltest du aber sterben, springe ich ein. Ist das die Abmachung?«
    »Genau«, bestätigte Carl nachdenklich. »Genau so… und dann vielleicht noch eine Sache. Entschuldige, wenn ich mich so geheimnisvoll ausdrücke. Sollte ich in einer entscheidenden Phase zum Schweigen gebracht werden , einer Phase dessen, was du Säpo-Spur nennst… dann mach die Aktentasche auf und veröffentliche das Material!«
    »Zum Schweigen bringen?« sagte Erik Ponti säuerlich. »Wie wird man zum Schweigen gebracht, ohne ermordet zu werden? Worauf willst du jetzt hinaus?«
    »Das wird mit aller wünschenswerten Klarheit aus dem Zusammenhang hervorgehen«, erwiderte Carl verlegen. »Du wirst über diese Formulierung nachgrübeln. Du wirst sie nicht vergessen. Und damit wirst du das verstehen, worauf ich hinauswill, was ich aber nicht im Klartext sagen möchte.«
    »Nein, ich werde die Formulierung nicht vergessen«, brummte Erik Ponti sauer. »Das ist ja wirklich reizend. Du überreichst mir eine Aktentasche mit journalistischem Sprengstoff. Und du bittest mich, das Material nicht zu verwenden. Das macht wirklich Spaß.«
    »Langsam, langsam«, sagte Carl. »Du hast keinen Grund, dich zu beklagen. Frühestens nach vierundzwanzig Stunden und spätestens nach drei oder vier Tagen wird sich der Nebel für dich lichten. Und dann das Wichtigste, worin du mir schon bald recht geben wirst: Es geht um unsere Solidarität mit den Unterdrückten. Du weißt, so drückte man sich früher in der Welt aus, als man für junge Konservative den Begriff Marktwirtschaftler noch nicht erfunden hatte.«
    »Damit hast du mir die Hände gebunden«, bemerkte Erik Ponti.
    »Genau!« bestätigte Carl und sah auf die Armbanduhr. »Dann bleibt leider nur noch eins. Lebewohl zu sagen. Wir beide werden uns wohl nie mehr begegnen, und das bedaure ich.«
    »Wie bitte? Willst du auswandern?« fragte Erik Ponti bestürzt.
    »Etwas in der Richtung«, sagte Carl mit einem Lächeln. Er stand auf, überreichte die Aktentasche und ging mit schnellen Schritten auf den Wagen mit den geschwärzten Scheiben zu, ohne sich umzusehen. In dem Augenblick, in dem er eingestiegen und mit einem dumpfen Knall die schwere Tür zugeschlagen hatte, fuhr der Wagen los und verschwand mit hoher Geschwindigkeit.
    Erik Ponti stand brummend auf, nahm die schwere Aktentasche an sich und ging zu seinem alten Citroën.
    »Ich bitte wirklich sehr um Entschuldigung dafür, daß ich alles so kompliziert gemacht habe«, sagte Rune Jansson verlegen, als er sich zu Hause bei Generalreichsanwalt Jon Thorstensson aufs Sofa gesetzt hatte.
    »Keine Ursache«, sagte der Generalreichsanwalt verbindlich und zeigte freundlich auf einen kleinen Teller. Darauf lag etwas, was wie selbstgemachte Zimtschnecken aussah. Rune Jansson nahm zögernd eine. Eigentlich hatte er sich vorgenommen, sich bei süßen Sachen zurückzuhalten, doch in diesem Augenblick hatte er das Gefühl, daß es unhöflich wäre, nein zu sagen. Vermutlich hatte die Dame des Hauses die Schnecken gebacken.
    Es war eine schöne Wohnung im fünften Stock am Norr Mälarstrand mit einer schwindelerregenden Aussicht auf Riddarfjärden.
    »Von hier muß man den Absturz der JAS-Maschine genau gesehen haben«, sagte Rune Jansson mit einem Stück Zimtschnecke im Mund.
    »Das stimmt«, bestätigte der Generalreichsanwalt. »Der Absturz war von hier aus absolut perfekt zu sehen.« Er erzählte sogar, wer damals gerade zu Hause gewesen sei. »Zunächst hatten wir das Gefühl, als wäre es ein dramatischer Kunstflug. Doch dann sahen wir die dicken schwarzen Qualmwolken.«
    Es war eine sehr schwedische Wohnung. Die Einrichtung verriet gebildetes schwedisches Bürgertum. Es roch nach dem Möbeldesigner Carl Malmsten. An den Wänden viel helle und moderne

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