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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Wohnhäusern, festgenommenen Palästinenserfamilien im Westjordanland und endete bei der Hinrichtung ganzer Familien durch türkisches Militär in Anatolien. Angeblich war es bei Razzien gegen die PKK zu Fluchtversuchen gekommen.
    Die Schlußfolgerung ergab sich schon beim Lesen der Dokumente selbst. Die schwedische Sicherheitspolizei war direkt für Untaten verantwortlich, die das Hundertfache dessen ausmachten, wofür ihr Chef jetzt angeklagt wurde.
    In der Aktentasche befanden sich folglich Berichte und Einschätzungen der Konsequenzen, zu denen die Weitergabe der Informationen der Denunzianten geführt hatten. Daneben aber auch ausführliche und kritische Ausführungen über das Zustandekommen der Berichte. Meist schien es so gewesen zu sein, daß der Kontaktmann des Informanten zu diesem kam und fragte, ob nicht dieser Hassan ein verdächtiger Typ sei. Eine Woche später bestätigte der Informant, der fragliche Hassan sei tatsächlich ein höchst verdächtiger Typ, und wurde dafür bezahlt. Anschließend konnte der schwedische Staat drastische Maßnahmen gegen Hassan in Schweden oder seine Familie zu Hause ergreifen, indem er einen verbündeten Sicherheitsdienst im Nahen Osten mit der jetzt bestätigten Auskunft belieferte, Hassan sei ein verdächtiger Typ. In den Akten fanden sich zahlreiche authentische Fallbeschreibungen, die Erik Ponti die Haare zu Berge stehen ließen.
    Carl hatte zudem eine einleitende Darlegung beigefügt, in der er beschrieb, wie mühsam es gewesen sei, diesem System ein Ende zu machen. Er erklärte, welche Mitarbeiter er gefeuert habe, da diese geplant hätten, seine Anweisungen mißachten zu können. Er kam zu der Schlußfolgerung, das System, sich unter den Einwanderern in Schweden zahlreicher Informanten zu bedienen, sei in der Säpo-Kultur so fest verwurzelt, daß ihm mit administrativen Maßnahmen nicht beizukommen sei.
    Ferner schilderte Carl, wie er allmählich zu der Schlußfolgerung gelangt sei, daß man das perverse System nur mit der Wurzel ausreißen könne. Dann sei er zu der Überzeugung gelangt, daß das gegebenenfalls mit einem persönlichen Preis verbunden sein müsse, da es den geltenden Gesetzen und Verordnungen zufolge nicht erlaubt sei, so zu verfahren. Dies wollte er vermutlich vor Gericht vorbringen, wenn er die Möglichkeit erhielt, sich zu erklären. Er hatte jedoch offensichtlich nicht die Absicht, sich im klassischen Sinn des Worts zu verteidigen.
    Bis auf weiteres konnte Erik Ponti das Material nicht verwenden. Er hatte Carls Bemerkung, man werde ihn eventuell »zum Schweigen bringen«, wohl etwas zu weit ausgelegt. Die Reaktion bei schwedischen Juristen und der internationalen Presse auf die Geheimhaltung des Haftprüfungstermins war nicht gnädig gewesen. Inzwischen stand schon so gut wie fest, daß der bevorstehende Prozeß öffentlich sein würde.
    Nachrichtenmäßig war es um die Hamilton-Affäre vorübergehend stiller geworden, da alle jetzt auf die Anklage warteten, was die Spekulationen ganz automatisch vorsichtiger werden ließ. Wer es jetzt etwa unternahm, irgendwelche sensationellen Enthüllungen einer vermeintlich »hochgestellten Quelle bei der Säpo« an die Öffentlichkeit zu bringen, lief Gefahr, mit allzu kurzer Frist von der Wirklichkeit dementiert zu werden.
    Die Sensation war inzwischen keine mehr, und sämtliche Bilder von Hamilton in Uniform mit Medaillen und Orden waren schon publiziert. Überdies hatten schon alle Blätter die Morde an seinen Angehörigen rekapituliert.
    Im übrigen herrschte jetzt Flaute, was die Hamilton-Affäre anging. Das Echo des Tages hatte drei Plätze im Hochsicherheitssaal des Amtsgerichts Stockholm bestellt.
    Erik Ponti hatte mit seiner neuen Chefin und alten Kollektivfreundin aus den sechziger Jahren darüber gesprochen. Beide waren recht schnell zu dem Schluß gekommen, daß es nicht gut wäre, wenn er Hauptverantwortlicher für die objektive Berichterstattung über den Prozeß sei. Immerhin wüßten alle, daß er und Hamilton eine besondere persönliche Beziehung zueinander hätten. Anwesend solle er trotzdem sein und vielleicht nur so etwas wie persönliche Kommentare sprechen. Das müsse jedoch später entschieden werden, je nachdem, wie der Prozeß laufe.
    Er hatte ihr ebensowenig wie sonst jemandem erzählt, daß er eine Art Schlüssel zu Hamiltons Motiven hatte, nämlich in Gestalt einer prall gefüllten schwarzen Aktentasche mit der unangenehmen kleinen Eigenheit, daß sie in die Luft flog, wenn man

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