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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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das Wort. Bitte sehr!«
    »Danke«, sagte Carl. Er sammelte sich kurz, bevor er begann.
    »Wie schon deutlich geworden ist, teile ich die Darlegung von Oberstaatsanwalt Jan Danielsson in allen wesentlichen Punkten, welche die rein juristische Analyse betreffen. Ich glaube, mein ganzes Berufsleben lang für unsere Demokratie eingetreten zu sein. Dabei hat mir immer das Ziel vorgeschwebt, unter anderem das Rechtssystem zu verteidigen, das jetzt mich selbst richtet. Ich werde jetzt also nichts sagen, was das Amtsgericht zu einer milderen Bewertung meiner Verbrechen bewegen könnte. Hingegen will ich noch einige Erklärungen abgeben, damit Sie mein Handeln vielleicht etwas besser verstehen. Ich habe übrigens alle mir zur Last gelegten Taten im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte verübt. Die sechs Informanten, die jetzt tot sind, haben den größten Teil des schwedischen Informantensystems gelöscht. Man könnte fast sagen, sie hätten es durch Kurzschluß zum Erliegen gebracht. Es gibt noch weitere Informanten unter unseren Einwanderern, und ich weiß, wer sie sind. Ich glaube allerdings, daß sie sich gern aus diesem Geschäft zurückziehen wollen. Ich kann mir sogar vorstellen, daß die schwedische Sicherheitspolizei ihnen dabei helfen wird. Überdies bin ich überzeugt, daß es der schwedischen Sicherheitspolizei schwerfallen wird, dieses System zu reaktivieren, sehr schwer . Die Säpo wird zum Gegenstand einer Reihe von Untersuchungen werden, die auf Initiativen des Justizministeriums zurückgehen. Dieses Ministerium ist nämlich für die administrative Leitung der Säpo verantwortlich. Doch das ist nicht das wichtigste. Am wichtigsten ist, daß die Anwerbung neuer Informanten in der Praxis jetzt unmöglich geworden ist. Versuchen Sie mal, sich den Säpo-Mann vorzustellen, der es jetzt noch wagen würde, einen Einwanderer dazu zu verlocken, seine Landsleute zu verpfeifen. Sie werden entdecken, daß das gar nicht so leicht ist.
    Das Notstandsrecht, auf das der Herr Oberstaatsanwalt eingegangen ist, besagt, daß man das Recht hat, gegen Gesetze zu verstoßen, wenn Gefahr für Leib, Leben und Eigentum besteht. Dieses Notstandsrecht wird jedoch gerade von solchen geheimen staatlichen Organen mißbraucht, wie ich einem angehört habe. Ich habe sechs Menschen das Leben genommen. Das liegt in der einen Waagschale. Ich weiß es natürlich nicht genau, aber vielleicht habe ich damit mindestens zehnmal so viele Menschenleben gerettet. Einfacher lassen sich meine Motive nicht beschreiben.
    Eine solche Auslegung des Notstandsrechts kann und darf in diesem Prozeß nicht gelten. Wie der Herr Oberstaatsanwalt schon sehr richtig betont hat, könnte dies in letzter Konsequenz entsetzliche Folgen nach sich ziehen. Für mich selbst jedoch bedeutet dieses Gleichgewicht zwischen Gut und Böse eine Menge, wenn ich mich jetzt für lange Zeit zurückziehe. In der Zelle und vielleicht auch in einem künftigen Leben ohne Zelle werde ich mich an dieses Gleichgewicht halten. Ich möchte dem Gericht dafür danken, daß es mir erlaubt hat, diese Gesichtspunkte vorzubringen, die für mich persönlich zwar wichtig, juristisch aber nicht ausschlaggebend sind. Und damit, Herr Vorsitzender, möchte auch ich meine Ausführungen beenden.«
    Drückendes Schweigen senkte sich auf den vorderen Teil des Gerichtssaals. Am hinteren Ende waren nur die geflüsterten Übersetzungen zu hören, die nach und nach aufhörten.
    »So«, sagte der Vorsitzende, als wäre er plötzlich aufgewacht. Er sah sich fragend um und stellte fest, daß die übrigen Angehörigen des Gerichts diskret den Kopf schüttelten. Demzufolge wollte niemand mehr etwas sagen. »Damit ist die Verhandlung für heute beendet. Das Urteil wird in zwei Wochen ergehen und wird wie üblich in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts verfügbar sein. Admiral Hamilton bleibt bis dahin in Haft!«
    Der Vorsitzende ließ den Hammer niedersausen, und die Anwesenden begannen sich zu erheben. Carl blieb einige Augenblicke sitzen, als hätte er sich in Gedanken verloren. Doch dann stand auch er auf, nickte seinen Wärtern zu und ging mit langen Schritten und ohne sich umzusehen zum Seitenausgang.
    Wie das Urteil ausfallen würde, war sehr leicht vorauszusehen. Vermutlich war es auch nicht schwer, es zu Papier zu bringen. Der Grund dafür, daß das Amtsgericht sich bei der Niederschrift des Urteils zwei Wochen Zeit ließ, waren eher die Osterfeiertage als intellektuelle Probleme. Auf Carls Verlangen wurde er

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