Über jeden Verdacht erhaben
jedoch einen sehr echten Eindruck. Umschlag und Briefpapier waren mit überzeugendem Text bedruckt – so stand etwa unter dem Emblem der Säpo »Der Generaldirektor«.
Die Mitteilung war kurz. Falls die Studentenschaft immer noch ein Interesse daran habe, daß der Generaldirektor zu einem Vortrag erscheine, werde er es gerne tun. Das erfordere jedoch einige praktische Arrangements, die in einem Brief nicht formuliert werden könnten. Wenn daher irgendein Verantwortlicher die Freundlichkeit haben wolle, entweder den Generaldirektor persönlich oder die Sekretärin anzurufen, die den Brief unterschrieben habe, werde man vermutlich einen passenden Termin und eine geeignete Regelung finden können.
Es war kurz vor halb elf am Vormittag. Mattias Johansson las den Brief noch einmal. Dann rief er die Auskunft an und erhielt die Telefonnummer der Sicherheitspolizei in Stockholm. Er betrachtete sie eine Weile und entschloß sich dann, während nach und nach seine Kolleginnen und Kollegen erschienen, einen klaren Bescheid zu verlangen. Er wollte eine klare Antwort, ob das Ganze nun ein Scherz oder ernst gemeint war.
Er wählte die Nummer. Es läutete fünfmal, bis sich am anderen Ende eine Telefonistin meldete.
»Carl Hamilton«, sagte Mattias Johansson und fühlte sich ein wenig albern dabei, als könnte man eine solche Person nicht einfach anrufen wie andere Menschen.
Einen Augenblick, erwiderte die Telefonistin ungerührt, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, mit Carl Hamilton sprechen zu wollen.
Er meldete sich jedoch nicht selbst, sondern eine Frau. Sie sagte, es sei aber sein Apparat. Dann fragte sie, womit sie dienen könne.
Mattias Johansson erklärte sehr unsicher, es sei ein Brief von der Säpo gekommen, und er vertrete die Studentenschaft von Umeå, und in diesem Brief stehe also… nun ja, er habe den Eindruck, als könne der Generaldirektor…
»Aber ja, wie schön, daß du gleich angerufen hast«, unterbrach ihn die Sekretärin. »Einen Augenblick, der Generaldirektor kommt gerade!«
Mattias Johansson wurde verbunden, ohne daß er die Zeit fand zu protestieren. Er wußte gar nicht, wogegen er hätte protestieren sollen, empfand es aber so. Es läutete dreimal, und er hatte das Gefühl, Baumwolle im Kopf zu haben.
»Hamilton«, meldete sich plötzlich die bekannte Stimme, die er sowohl vom Fernsehen als auch vom Rundfunk her kannte.
»Hej, ich rufe von der Studentenschaft Umeå an«, sagte Mattias Johansson unsicher. »Wir haben hier einen Brief bekommen, und ich wollte gern wissen…«
»Genau«, unterbrach ihn die bekannte Stimme, die sich völlig normal und neutral anhörte, wie die eines Menschen, dessen Familie noch intakt ist. »Ich werde gern nach Umeå kommen, um die Studenten kennenzulernen. Ich nehme an, ich soll über die schwedische Sicherheitspolizei in dieser Zeit der Veränderung sprechen oder etwas in der Richtung?«
»Aber gern«, erwiderte Mattias Johansson. Er fühlte sich ein wenig albern, als wäre seine kurze Antwort typisch für die Parodie auf einen Norrland-Bewohner.
»Ausgezeichnet«, sagte die bekannte Stimme. »Ich habe aber einige Bedingungen, und ich bitte dich, sie zu notieren.«
»Aber gern«, erwiderte Mattias Johansson erneut. Langsam begann er zu erkennen, daß das Unwirkliche wirklich war.
»Erstens: Ihr dürft den Termin des Treffens frühestens drei Tage vorher bekanntgeben. Zweitens wünsche ich, daß wir um acht Uhr abends beginnen. Drittens wünsche ich, daß ihr Übernachtungsmöglichkeiten besorgt, am liebsten in Studentenwohnungen oder derlei. Ich brauche Zimmer für fünf Personen, mich eingeschlossen. Viertens darf außer dem engsten Kreis in eurer Verwaltung niemand etwas von dieser Einquartierung erfahren. Fünftens müßt ihr akzeptieren, daß Beamte der Sicherheitspolizei vorab erscheinen und einige praktische Dinge mit euch besprechen. Könnt ihr das alles regeln?«
»Aber ja«, erwiderte Mattias Johansson. Dann ging ihm auf, daß er sich vielleicht etwas ausführlicher äußern sollte. »Doch, das werden wir schon können«, verdeutlichte er.
»Gut«, sagte die Stimme am anderen Ende. »Teilt es mir doch gleich mit, sobald ihr euch für einen Zeitpunkt entschieden habt.«
Dann wurde das Gespräch so schnell beendet, daß es den Anschein hatte, als wäre es unterbrochen worden. Mattias Johansson saß mit dem Hörer in der Hand da und betrachtete ihn, bevor er langsam auflegte. Dann ging ihm auf, daß seine vermutlich noch müden
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