Über jeden Verdacht erhaben
folglich auch am besten besuchte Veranstaltung sein, welche die Universität je erlebt hatte. Seit die neue sozialdemokratische Regierung ihren unerwarteten Beschluß bekanntgegeben hatte, Hamilton zum neuen Chef der Sicherheitspolizei zu ernennen, hatte dieser kein Wort öffentlich geäußert.
Als die Verwaltungsleute schließlich der Meinung waren, an alles gedacht und sogar die eigenartige Forderung erfüllt zu haben, Hamilton und einige weitere Personen (vermutlich Leibwächter) in einem anonymen Studentenwohnheim draußen auf Alidhem unterzubringen, wurden sie jedoch brutal daran erinnert, daß die Welt bedeutend größer ist als Umeå.
Denn als sie endlich, voller Stolz, das Geheimnis einigermaßen bewahrt zu haben – obwohl einige merkwürdige Gerüchte kursierten –, die Plakate kleben ließen, auf denen der Vortrag angekündigt wurde, dauerte es nur rund eine Stunde, bis die Telefone zu läuten begannen. Und eine weitere Stunde später waren sämtliche Leitungen zum Verwaltungstrakt blockiert.
Ein paar hundert Journalisten meldeten ihr Interesse an, verlangten besondere Plätze, wollten akkreditiert werden, wünschten Auskünfte über akustische Details, wollten wissen, wann Hamilton in Umeå erwartet werde, wo er wohnen werde, wann er wieder wegfahren werde – lauter Dinge, welche die Verwaltungsbeamten um jeden Preis geheimhalten sollten. Erik Ponti erhielt die Nachricht auf dem schlechtesten nur denkbaren Weg, nämlich dadurch, daß sein neuer Vorgesetzter zu ihm ins Zimmer kam und ihm »befahl«, sofort alles liegenzulassen, was er in Händen habe, und nach Umeå zu eilen.
Hamiltons angebliches Auftreten vor den Studenten in Umeå würde zwar erst in sechsunddreißig Stunden stattfinden. Aber selbst Erik Pontis neuem Vorgesetzten war klar, daß es sicher gut sein würde, sich rechtzeitig dorthin zu begeben.
Die Entscheidung, Erik Ponti zu schicken, enthielt eine unbestreitbare Logik. Er war der einzige Reporter, von dem Hamilton sich je hatte interviewen lassen, zumindest ausführlicher. Für Erik Ponti war es keine unkomplizierte Situation, da er sowohl von den Kollegen bei Funk und Fernsehen als auch den schreibenden Journalisten als »Hofberichterstatter« bezeichnet wurde. Das darf bei einem Berufsstand, dem es weder an sprachlicher Phantasie noch an Böswilligkeit gebricht, schon als relativ grobe Schmähung betrachtet werden.
Hamiltons »Hofberichterstatter« zu sein brachte überdies weitere Komplikationen mit sich. Erik Ponti konnte seine Arbeit so gut wie nie mit Sicherheit planen, da Hamilton dazu neigte, Ereignisse von großem Nachrichtenwert zu erzeugen, ob er nun selbst etwas tat oder jemand in seiner Familie ermordet wurde.
Mit zusammengebissenen Zähnen erklärte sich der Journalist einverstanden, auch diesmal die Hamilton-Sache zu erledigen. Dann bestellte er ein Hotelzimmer und ein Flugticket.
Erik Ponti hatte Glück. Vielleicht könnte man es auch so ausdrücken, wie er es vermutlich lieber formuliert hätte, daß die Tugend ihren Lohn erhielt. Er hätte Hamilton bemerkenswerterweise wohl verpaßt, wenn er sich nicht eisern vorgenommen hätte, ausgerechnet in Umeå die Arbeit an einem anderen Thema zu Ende zu führen, bevor er an Hamilton auch nur zu denken begann.
Er redigierte seinen Beitrag in den Räumlichkeiten des lokalen Senders in Umeå, nachdem er telefonisch die letzten Puzzlestücke zusammengesetzt hatte.
Während der fertige Bericht überspielt wurde, erkundigte sich Erik Ponti kurz nach der Lage beim Stockholmer Sender. Das einzige, was seinen Beitrag noch kippen konnte, wäre etwas Großes und völlig Unerwartetes. Oder ein Vorausbericht über Hamiltons bevorstehendes Auftreten in Umeå, wie der Chef der Abendsendungen scherzhaft meinte. Es erschien ja nicht sehr wahrscheinlich, daß Erik Ponti seinen eigenen Bericht dadurch kippte, daß er über etwas berichtete, was noch gar nicht stattgefunden hatte.
Als er seine Kollegen beim Lokalradio befragt hatte, wußten diese ebensowenig wie die Leute beim Echo des Tages , ob Hamilton wirklich nach Umeå kommen würde oder nicht. Alle, die bei der Säpo in Stockholm angerufen hatten, hatten den gleichen Bescheid erhalten: Der Generaldirektor ist im Augenblick nicht erreichbar, und wir können leider auch nicht sagen, wann er wieder zu sprechen ist. Punkt Ende.
Doch als Erik Ponti nun erstaunt fragte, weshalb die Reporter des Lokalradios sich bereitzumachen schienen, schon jetzt zur Universität hinauszufahren,
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