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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Von diesem Geld hatte sie noch nie etwas gehört.
    Ihr war völlig unklar, woher es gekommen war. Sie hatten eine gemeinsame Kasse, und sie hielt es für ausgeschlossen, daß er so viel Geld verdient haben könnte, ohne daß sie es merkte.
    Das Bankkonto war natürlich auf dem Dienstweg untersucht worden. In den letzten sieben Jahren waren in regelmäßigen Abständen jeweils fünftausend Kronen eingezahlt worden, einmal im Frühjahr und einmal im Herbst. Es war jedoch nie Geld abgehoben worden.
    In diesem Jahr war einmal Geld eingezahlt worden, im April. Es sah also aus, als wäre Abbe unterwegs gewesen, um seine Herbstzahlung zu kassieren.
    Was dieses Geld anging, blieb bedauerlicherweise viel Spielraum für Vermutungen. Man konnte sich schließlich kaum etwas anderes denken, als daß es die Bezahlung für eine kriminelle Gegenleistung gewesen war, von der seine Frau nichts wußte.
    Die Kollegen in Umeå hatten erhebliche Mühe darauf verwendet, in den Finanzen des Karatelehrers Memo ein ähnliches Phänomen zu finden. Doch zum einen war er ein Unternehmer mit erheblicher Unordnung in seinen Papieren, zum anderen lebte er nach seiner Scheidung offensichtlich auf eine Weise von der Hand in den Mund, bei der Bankkonten keine Rolle spielten.
    Der technische Teil der Ermittlungen hatte vom gerichtsmedizinischen Teil abgesehen nur ein mageres Ergebnis. Die Tatortuntersuchung war natürlich durch das kräftige Schneetreiben erschwert worden. Es hatte einige Stunden nach dem Zeitpunkt eingesetzt, zu dem die Morde vermutlich stattgefunden hatten, nicht allzu lange, nachdem Abbe Fayad seine Wohnung verlassen hatte. Er wohnte in der Nähe der Mariehems-Schule, gut fünfzehn Minuten Fußweg vom Tatort entfernt.
    Alle Spuren waren zugeschneit, und das einzig Brauchbare, was man in Verbindung mit dem Tatort gefunden hatte, war Urin, der von einem Menschen stammte; die gerichtschemische Analyse war jedoch noch nicht beendet. Bis auf weiteres mußte man davon ausgehen, daß der Urin sehr gut zu dem paßte, was der Student Martin Arnhög von seinem Vorhaben am Tatort erzählt hatte.
    Der gerichtsmedizinische Teil hatte in einer Hinsicht jedoch sofort Klarheit geschaffen: Derjenige, der die Tat begangen hatte, war bemerkenswert geschickt vorgegangen. Der Gerichtsarzt Anders Eriksson hatte in einem ergänzenden Gutachten festgehalten, daß die verwendeten Mordmethoden seines Wissens in der schwedischen Kriminalgeschichte unbekannt seien; er suche nach internationalem Vergleichsmaterial, doch es könne noch etwas dauern, auf diesem Weg etwas in Erfahrung zu bringen.
    Die Polizei in Umeå hatte einige vorsichtige Vermutungen angestellt. Nur zwei Dinge ließen sich als Verbindung zwischen den Opfern ansehen, soweit sich bislang absehen ließ.
    Beide waren ausländischer Herkunft, und beide hatten einem oder mehreren Tätern mit tödlichen Talenten genügend Vertrauen entgegengebracht, um sich mitten in der Nacht mit ihm oder ihnen zu treffen.
    Da denkbar war, daß zumindest Abdel Rahman Fayad eher eine Zahlung erwartet hatte als Gewalttätigkeit, mußte das Geld vernünftigerweise mit irgendeiner kriminellen Tätigkeit in Verbindung stehen. Die Polizei war inzwischen dabei, sich ein Bild vom Drogenkonsum unter den Studenten zu machen, doch bislang hatte das nicht viel ergeben.
    »Beim nächsten Mal werden wir uns wohl in deiner wilden Heimat tummeln müssen«, bemerkte Willy Svensén, als sie den Fahrstuhl betraten, um zum Restaurant hinunterzufahren.
    »Du meinst Linköping? Na ja, dann werden wir uns die Kollegen da unten mal ein bißchen vornehmen«, sagte Rune Jansson mit scherzhafter Übertreibung seines Östergötland-Dialekts.
    Er blickte nachdenklich auf Umeå, als sie abwärts sausten. Der Fahrstuhl bewegte sich in einer Glastrommel – zum Vergnügen derer, die gern die Aussicht genossen, und zum Unbehagen derer, die in einem Fahrstuhl Platzangst bekamen.
    Während des Essens sprachen sie vorwiegend von Kindererziehung und Willy Svenséns Schrebergartenhäuschen draußen in Frescati. Sie hatten seit langem eine stillschweigende Übereinkunft, die sie nicht immer hatten befolgen können, beim Essen nicht über die Arbeit zu sprechen. Was sie bisher von der Arbeit der Kollegen gesehen hatten, war ohnehin gut genug. Die Kollegen schienen alles im Griff zu haben, und ihre Berichte und sonstigen Papiere waren geordnet. Und Ordnung war für sie beide ein wichtigerer Teil der Polizeiarbeit, als über rätselhafte Morde

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