Über jeden Verdacht erhaben
Anklageschrift Glauben zu schenken. Doch da sich in der Mappe auch zahlreiche Hinweise auf verschiedene Archivauszüge befanden, begann er in Quellenverzeichnissen und Dokumenten zu blättern. Er brauchte nicht lange, um sich überzeugen zu lassen. Die logischen Mängel in einigen Berichten im Vergleich mit Auszügen aus abgehörten Telefonaten und anderem bewirkten, daß Bergklint sich recht bald von dem Bild überzeugen ließ, das in der Aktenmappe fixiert war. Jetzt kam es ihm nicht mehr seltsam vor. Alles schien zu stimmen. Eigenartig war nur, daß es jemandem gelungen war, dieses gesamte Material hervorzukramen und zu vergleichen, damit die Zusammenhänge erkennbar wurden. Es schien wohl zu stimmen, was man sich über Hamiltons geschickten Umgang mit Computern erzählte.
Der zweite Anklagepunkt betraf Ereignisse neueren Datums, nämlich nach dem Zeitpunkt, zu dem Hamilton in die Firma eingetreten war. Eine seiner ersten Maßnahmen war gewesen, eine Einheit zu schließen, die sich mit »moslemischem Terrorismus« befaßt hatte.
Das Personal war auf andere Einheiten verteilt worden. Im Zusammenhang mit dem Stillegungsbeschluß war auch die Anweisung erfolgt, daß die Quellen, die zu diesem ganzen »Moslem-Komplex« gehörten (ob erfunden oder nicht), abgewickelt werden sollten, notfalls mit Abfindungen. Alle Angaben über diese Quellen, die zu der stillzulegenden Abteilung gehörten, sollten anschließend verbrannt werden. Die gesamte Dokumentation sollte also verschwinden.
Aus der ergänzenden Dokumentensammlung ging hervor, daß Vargemyr diese Anweisung nicht befolgt hatte. Er hatte eine Quelle in Uppsala behalten, die Angaben der Quelle mit neuen Überschriften versehen, als handelte es sich um eine Neuentdeckung, und dann Entscheidungsunterlagen auf der Grundlage der Angaben dieser Quelle vorgelegt. All dies ging eindeutig aus Vergleichen bestimmter Dokumente von früher und jetzt hervor. Identische Formulierungen, die nicht zufällig entstanden sein konnten, waren unterstrichen.
Danach wurde lakonisch festgestellt, die Angaben der nicht abgewickelten Quelle seien einerseits als Fahndungsmaterial wertlos, hätten andererseits aber dennoch in zwei Fällen zu Abschiebungen geführt.
Kommissar Bergklint zweifelte nicht an dem, was er las. Im Gegenteil, es war alles sehr überzeugend. Alles war einfach und klar dargestellt. Die Vergleiche der verschiedenen Dokumente sprachen eine deutliche Sprache. Es fiel ihm jedoch trotzdem schwer zu verstehen, wie das Ganze gemacht worden war. Immerhin deckte es fast ein Jahrzehnt ab, und das Archivmaterial mußte einer großen Menge von Berichten entnommen worden sein, die in verschiedenen Zeitabschnitten archiviert worden waren. Es war schwer zu begreifen, wie jemand aus eigener Kraft die verschiedenen Puzzlestücke hatte finden können, mochte er auch Zugang zu allen Daten haben.
Schließlich hatte Hamilton noch die Empfehlung angefügt, die Angelegenheit nicht der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Schwere Dienstvergehen und möglicherweise auch vereinzelte Betrugsdelikte kämen mit Sicherheit in Frage. Hamilton kam jedoch zu dem Schluß, daß ein solcher Prozeß unpraktisch sei. Er verwies auf seinen Entscheidungsspielraum, der es ihm ermöglichte, selbst zu bestimmen, ob Anklage erhoben werden sollte oder nicht. Der Generaldirektor der Säpo hatte in mancherlei Hinsicht mehr Macht als ein Staatsanwalt, wenn es um solche Entscheidungen ging. Für den Fall, daß Bergklint den Fall anders beurteile, solle er sofort schriftlich zu dieser Frage Stellung nehmen. Andernfalls solle er die blaue Aktenmappe nur in seinem Panzerschrank deponieren.
Bergklint dachte nicht im Traum daran, den Fall anders zu beurteilen als Hamilton. Er deponierte den blauen Aktendeckel in seinem Panzerschrank und beschloß, Vargemyr zu vergessen, aber niemals das, was mit dem Mann geschehen war.
Die Vernehmungen der Schüler des Karate-Lehrers Memo Baksi waren in vier DIN-A 4-Ordnern unter dem Sammelbegriff »Karate-Kids« zusammengefaßt. Inzwischen lagen relativ ausführliche Verhöre mit einem guten Dutzend von ihnen vor.
Rune Jansson und Willy Svensén hatten einen langen Arbeitstag damit verbracht, das zu lesen, was schriftlich über die Arbeit der Kollegen in Umeå vorlag. Sie hatten angrenzende Zimmer im siebten Stock des Hotels Plaza und besuchten sich gelegentlich gegenseitig zu einem Meinungsaustausch oder um Lesematerial zu tauschen.
Kurz vor dem Essen trafen sie sich in Willy
Weitere Kostenlose Bücher