Über jeden Verdacht erhaben
beherzigenswerter Gründe.
Hamilton trat plötzlich ein. Ein paar Doppeltüren wurden schnell geöffnet, und er ging mit langen Schritten direkt zu der Längsseite des Raums mit den Fenstern zur Straße, an der die Redner zu stehen pflegten. Vier Sicherheitsbeamte folgten ihm auf den Fersen und nahmen schnell verschiedene Positionen im Raum ein. Nachdem das Gemurmel sich gelegt hatte, zog Hamilton ein Blatt Papier mit Notizen aus der Tasche, warf einen Blick darauf und begann sofort zu sprechen. Nach den einleitenden Höflichkeitsphrasen kam er auf die Entwicklung der Haushaltsmittel der Säpo im Lauf der letzten Jahre zu sprechen. Im Haushaltsjahr 1989/90 war der schwedischen Sicherheitspolizei ein Etat von 257 158 000 Kronen bewilligt worden, im folgenden Jahr genau dreihundert Millionen, also in dem Jahr, in dem die Sowjetunion aufgelöst wurde. Danach dreihundertsechzig Millionen, dann vierhundert Millionen, und danach, also 1993/94, 470 643 000, 1994/95 482 630 000, und die Etatforderung für 1995/96 lag bei 476 630 000.
Anschließend äußerte Hamilton einen Vorbehalt, der als große Ironie hätte aufgefaßt werden können, wenn sein Gesichtsausdruck nicht so starr gewesen wäre. Die wirklichen Etats der Säpo waren geheim. Die Zahlen, die er genannt hatte, waren nur sogenannte Etatforderungen, und diese waren nicht geheim. Die tatsächlichen Zahlen konnten also höher oder niedriger sein.
»Immerhin«, fuhr er fort, »kann man auch die nicht geheimen Etatforderungen als Ausgangspunkt einiger selbstverständlicher Folgerungen nehmen, denn auch Forderungen sind ein Maßstab für den Bedarf. Folglich kann man, leicht abgerundet, erkennen, daß die schwedische Sicherheitspolizei nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fast doppelt soviel Geld erhalten hat wie zuvor.
Die erste kleine Trendwende in einer langen Folge von Jahren mit einem immer höheren Etat hat es erst jetzt gegeben mit der Etatforderung für 1995/96, die ja niedriger, zumindest etwas niedriger ist als im Vorjahr.
Da dies Tatsachen sind, von denen sich jede fremde Macht Kenntnis verschaffen kann, um sie dann zu analysieren, dürfte auch nichts dagegen sprechen, wenn ich vor Studenten unseres Landes ähnliche Gedankengänge äußere.
Also: Während des früheren bürgerlichen Regimes, dessen Amtszeit genau die Periode des Zusammenbruchs der Sowjetunion und die Folgejahre abdeckte, ist mehr Geld als je zuvor für die Säpo veranschlagt worden. Wie kommt das wohl?
Erstens deutet alles darauf hin, daß der russische Nachrichtendienst auf den Gebieten, die für die Russen selbst wichtig sind, Technik, militärische Information und Ökonomie, auf mindestens der gleichen Höhe gehalten worden ist wie zuvor. Zweitens haben diese Jahre zu einer stark gestiegenen und kostspieligen Erweiterung des sogenannten Sicherheitsschutzes geführt. Personen, die im schwedischen Staat aus bestimmten Gründen als wichtig gelten, genießen seitdem Personenschutz. Diese Säpo-Tätigkeit ist inzwischen sehr populär geworden und hat auch zu Streitereien darüber geführt, wer wichtig genug ist, Personenschutz zu erhalten.«
Hamilton machte eine kurze Pause, doch es fiel keinem der Anwesenden ein, über das, was rein sachlich als Scherz gelten durfte, auch nur zu kichern. Hamiltons Gesicht verriet nicht das kleinste Zucken im Mundwinkel oder einen Ansatz zu einem Lächeln.
»Ein weiteres Arbeitsfeld in der Zeit des früheren politischen Regimes, das die Kosten ständig erhöht hat, ist inzwischen bei der Säpo so gut wie eingestellt worden, nämlich Fahndungs und Analyseeinsätze bei sogenanntem moslemischem Terrorismus.«
Erik Ponti notierte, daß Hamilton diesmal sehr viel besser vorbereitet zu sein schien als in Umeå. Er sprach mit einer ganz anderen Entschlossenheit und nur gelegentlichen kurzen Blikken auf seine Notizen. Daraus mußte man den Schluß ziehen, daß er nichts sagte, was er sich nicht gut überlegt hatte. Und da der politische Gehalt seiner Worte schwer zu übersehen war, nämlich die Betonung des Unterschieds zwischen einem sozialdemokratischen und einem bürgerlichen »Regime«, wie Hamilton sich ausdrückte, hatte er wohl auch seinen Chefs, der neuen Regierung, genau erklärt, was er zu sagen gedachte. Das bedeutete, daß sie ihn als politisches Instrument benutzten. Und – daß er es mit sich machen ließ.
Hingegen sagte er zu einem gewählten Thema nicht gleich alles, was dazu zu sagen war. Diesmal gab es keine mundgerechten Häppchen für
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