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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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dazu auch noch mehr sagen«, bot er an und wartete, bis Stillschweigen herrschte.
    »Die Aktivität russischer U-Boote hat während der achtziger Jahre einen so großen Umfang angenommen, daß die Fehlerquellen in Prozentzahlen gerechnet höchst gering waren. In den letzten Jahren hat sich das geändert. Wir stellen eine geringere Aktivität dieser Art fest und können folglich nicht mehr sicher sagen, worum es sich handelt. Außerdem haben wir infolge einer allzu verfeinerten Ausrüstung, wie man es nennen könnte, eine größere Zahl von Beobachtungen unklaren Inhalts. Ihr müßt entschuldigen, aber sehr viel mehr kann ich darüber nicht sagen. Das wäre die Aufgabe anderer Funktionsträger, nämlich von Vertretern der Regierung oder der Streitkräfte. Doch eins wißt ihr jetzt wohl. Es hat tatsächlich eine bestimmte Zahl von Beobachtungen gegeben, deren Bedeutung früher unklar war. Heute kann ich sagen, daß es sich tatsächlich um Nerze gehandelt hat. In Einzelfällen auch um einen Fischotter. Darf ich euch jetzt aber bitten, euch mit euren Fragen wieder der Säpo zuzuwenden.«
    »Wie ist es möglich, daß die Säpo der einzige westliche Sicherheitsdienst ist, der noch nie einen KGB-Agenten gefangen hat?« fragte Erik Pontis weiblicher Strohmann. Die junge Dame bemühte sich, danach keinen Seitenblick auf Erik Ponti zu werfen, sondern blickte starr und interessiert nur Hamilton an.
    »Wie ich höre, haben wir Erik Ponti vom Echo des Tages hier im Saal«, erwiderte Hamilton, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Bitte melde dich, damit ich sehen kann, wo du bist!«
    Erik Ponti reckte schnell die Hand in die Höhe, und Hamilton nickte nachdenklich, bevor er fortfuhr.
    »Die Frage, die ihr hier gerade gehört habt, war präziser, als ihr vielleicht glaubt«, fuhr Hamilton mit fast lässiger Ruhe fort.
    »Unter einem Agenten versteht man nämlich in diesem Fall einen Schweden, der sich an die Russen verkauft, einen Typ wie Bergung. Der war ein Agent . Ich selbst und meine früheren Kollegen waren also keine Agenten , sondern Offiziere des Nachrichtendienstes. Nun ja. Nach dieser kurzen Einführung ins Thema können wir folglich erkennen, worin das fragliche Problem besteht. Die Säpo hat, wenn man es salopp ausdrükken soll, nach dem Zweiten Weltkrieg zu wenige russische Agenten eingefangen. Diejenigen, die wir erwischt haben, haben für den militärischen sowjetischen und seit kurzem russischen Nachrichtendienst GRU gearbeitet, aber einen Mann, der für den KGB gearbeitet hat, haben wir nie erwischt. Kein solcher Schwede ist dafür rechtskräftig verurteilt worden. Das ist etwas, worüber neben anderen Erik Ponti zu scherzen pflegt. Doch nun zu der Frage, weshalb es so ist. Hast du einen Vorschlag, Erik?«
    »Hat die schwedische Säpo sich überhaupt mit sehr viel anderen Dingen beschäftigt als der Jagd auf russische Spione?« fragte Erik nach langem Zögern; er mußte sich so ausdrücken, damit seine Worte auch gesendet werden konnten.
    »Ja«, erwiderte Hamilton lakonisch. »Das ist ein wichtiger Teil der Erklärung. Zu der Zeit, als man bei der Säpo zum Beispiel mich und Erik Ponti als den Hauptfeind ansah, hat man die Anstrengungen in die falsche Richtung gelenkt. Unter uns FNL-Anhängern und wie im Fall Pontis Palästina-Aktivisten waren russische Agenten dünn gesät. Weil sie bei den Streitkräften zu finden waren, in den Ministerien, in den Banken und schlimmstenfalls bei der Säpo. Nach 1975, als es nicht mehr ganz so modisch war, links zu sein, setzte sich ein sehr bekannter, aber nicht sehr geistreicher Säpo-Chef in den Kopf, daß es in Schweden keine russischen Agenten gab. Die wissenschaftliche Erklärung dafür war nach Ansicht dieses Mannes, der inzwischen einen passenderen Platz im Leben gefunden hat, da er jetzt Kriminalromane schreibt und seiner Phantasie so positiv Luft machen kann, daß die Russen den gesamten Nachrichtendienst mit Elektronik erledigten. In den achtziger Jahren haben dann Kurden und andere Einwanderer und Flüchtlinge uns alte Links-Aktivisten ersetzt. Dies ist tatsächlich ein Teil der Wahrheit, sogar ein recht großer Teil. Aber nicht die ganze Wahrheit.«
    An dieser Stelle verstummte Hamilton und machte ein Gesicht, als wollte er sich nach einer neuen Frage umsehen. Erik Ponti ergriff schnell die flüchtige Gelegenheit.
    »Und wie sieht der Rest der Wahrheit aus?« rief er.
    »Aber ja, natürlich! Das habe ich ja vergessen«, sagte Hamilton mit sichtlicher Ironie. »Der Rest

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